Wenn ich die Marktlage und allgemeine künstlerische Situation im Klavierduo-Wesen richtig einschätze, dann gehört schon eine Portion Glamour und Repertoire-taktisches Geschick dazu, sich auf dem hart umkämpften Terrain der zwanzig brillierenden Finger zu behaupten, ja mehr noch: sich überhaupt erst [...]
Zu seinem 15jährigen Bestehen hat sich das niederländische Rohrblatt-Quintett Calefax ein Geschenk besonderer Art gemacht: eine CD mit Musik aus 600 Jahren. Die Grundbesetzung des Ensembles umfaßt Oboe, Saxophon, Klarinette, Baß-Klarinette und Fagott. Bei Bedarf kommen alternativ auch Englischhorn, [...]
Er ist noch keine 30 und sorgt bereits für gehöriges Aufsehen - als Komponist, Dirigent und Pianist. Der Londoner Thomas Adès zeigt mit dieser CD, daß er auch am Klavier allein für die unterschiedlichsten Ansätze das passende Rüstzeug parat hat. Adès präsentiert ein buntes, bei Griegs Lyrismus [...]
Vor vielen Jahren provozierte ein Philosoph mit der Frage: Musik wozu, weil er in seinem Bemühen, selbst einen Adorno zu übertreffen, die Ansicht vertrat, es sei alles Sagenswerte bereits gesagt. Heute wissen wir: Er hat sich geirrt. Nicht nur wird noch immer Musik geschrieben, sondern aus dem, was [...]
The Solo Keyboard Music Vol. 14 Sonatas from 1763 and Dances
C.P.E. Bach, The Solo Keyboard Music Vol. 14 / BIS
BIS CD 1329
1 CD • 65min • 2000
20.02.2006 • 9 9 9
Die fruchtbare kompositorische Periode von Carl Philipp Emanuel Bach zwischen 1756 und 1766 hatte einen eigentlich traurigen Anlaß: in der Abwesenheit von Friedrich dem Großen, der sich mit dem dritten schlesischen Krieg beschäftigen mußte, hatte der Komponist mehr Zeit, und er mußte auch seine [...]
Hier geht es um Wiederbegegnungen mit Meisterinterpreten als "klassische" Diener am Werk, so objektiv wie möglich, so subjektiv wie nötig. Dafür stehen der Flötist Peter-Lukas Graf, der seine künstlerische Laufbahn 1950 beim Orchester im schweizerischen Winterthur begann, und Konrad Ragossnig, [...]
Interessante Aufnahmen veröffentlicht das schwedische BIS-Label zuweilen gerne in neuer Zusammenstellung. So auch im vorliegenden Fall: Die vier konzertanten Werke der CD wurden bereits früher veröffentlicht, erscheinen hier allerdings zum ersten Mal vereint. [...]
Le Bal, Gesellschaftstänze im Frühbarock / Christophorus
Christophorus CHR 77295
1 CD • 73min • 2007
18.08.2008 • 9 9 9
Trotz der unfriedlichen Zeiten zu Beginn des 17. Jahrhunderts, als der Dreißigjährige Krieg Deutschland verwüstete und Frankreich auf dem Unfrieden beim Nachbarn fleißig sein politisches Süppchen kochte, als die Niederlande sich von ihren spanischen Besatzern befreiten und Italien nördlich und [...]
Eigentlich hatte ich gehofft, daß Aufnahmen mit Bearbeitungen klassischer Werke für Panflöte allmählich aussterben. Das wird jeder nachvollziehen können, der einmal in solcher Form das Adagiothema aus Bruckners achter Sinfonie gehört hat, eine Aufnahme, die in den siebziger Jahren in Holland auf [...]
Bartók New Series, Works for Piano Solo (5) / Hungaroton
Hungaroton HCD 32528
1 CD • 75min • 1980, 1999, 1996
28.10.2008 • 10 10 10
Die hier unter dem etwas irreführenden Titel „Bartók New Series“ in Ungarn veröffentlichten Einspielungen sind in den Jahren von 1980 (Improvisationen) bis 1999 (Tanz-Suite) entstanden. Hungaroton bemächtigt sich damit der seinerzeit (auch von mir) ohne jede Einschränkung gefeierten [...]
In die Welt der Wiener „Redouten“ oder Maskenbälle des ausgehenden 18. Jahrhunderts entführt diese Veröffentlichung, die den Bekenntnismusiker Beethoven von einer ungewohnt unterhaltenden Seite zeigt. 1795 erging – möglicherweise durch Vermittlung Haydns – an den seit drei Jahren in Wien ansässigen [...]
Eine bequeme oder „nur“ beherzte und beredte Beethoven-Lesart ist nicht die Sache von Linda Nicholson (Klavier) und Hiro Kurosaki (Violine). Das haben die in der historisch informierten Musizierpraxis bestens bewanderten Künstler auf Folge 1 der Einspielung sämtlicher Beethoven-Violinsonaten mit [...]
Nach den Paganini-Variationen op. 35 von Johannes Brahms erschließt sich Evgeny Kissin weitere Werke eines Komponisten, der in den Repertoire-Überlegungen seiner russischen Kollegen von einst, aber auch jener der mittleren Generation stets eine wichtige Rolle eingenommen hat – freilich mit [...]
Der Umstand, dass das Label cpo für diese Veröffentlichung auf eine fünf Jahre alte Produktion mit dem damaligen Rundfunkorchester des Südwestfunks Kaiserslautern (das inzwischen mit dem Rundfunksinfonieorchester Saarbrücken zur „Deutschen Radiophilharmonie“ fusioniert wurde) zurückgreift, wirft [...]
Butterflies and Illusions, Grieg • Lyric Pieces / BIS
BIS 1629
1 CD • 70min • 2007
17.07.2007 • 10 10 10
Nicht nur die bildende Kunst, nicht nur die Malerei hat ihre kleinen oder großen Wunder, wenn auf einer Leinwand unter der Farbschicht oder unter einem uralten Wandfresko plötzlich ein zweites, vielleicht wertvolleres Bild auftaucht. Auch in der Musik gibt es Chancen plötzlicher Wunder, und so [...]
Nach einer Reihe äußerst origineller, musikgeschichtlich in ihrer Art neuer Schlagzeug-Kompositionen, die Cage in den 40er Jahren komponierte, wurde Cage in den 50er Jahren zu einem Komponisten ausgefallener Concept Art. Das ist nicht minder neuartig und provozierend, aber was Aufsehen erregte und [...]
"Copland the Populist" heißt es auf der CD. Das ist keineswegs negativ gemeint, steht doch drüben in der Neuen Welt der (musikalische) Populismus keineswegs in jenem üblen Geruch wie hierzulande. Es stimmt im übrigen auch stilistisch: Aaron Copland, dessen 100. Geburtstag heuer zu begehen ist, [...]
Diese CD ist gleichermaßen Dokument eines Phänomens und Anerkennung einer großartigen Leistung: Domonkos Hèja gründete 1993 mit 20 Jahren, noch als Schüler des Bartók-Konservatoriums und vor Beginn seines Dirigierstudiums an der berühmten Franz Liszt Akademie, in Budapest mit zahlreichen [...]
„Danses et Divertissements“ – Tänze und (geistreich unterhaltende) Zerstreuung! Besser läßt sich das jüngste CD-Programm des Philharmonischen Bläserquintettes Berlin mit seinem bereits wiederholt bewährten Gast Stephen Hough am Konzertflügel nicht charakterisieren. Und um das Resultat der [...]
Mittelalterliche Tänze: Wer denkt da nicht an heutige Mittelaltermärkte, auf denen Spielmannsleute in Gewändern zweifelhaften Reinlichkeitszustandes herumspringen, wo selbstgebackene Fladen mit Schmand angeboten werden, bei denen man sich vorsehen muss, nicht auf ein Stückchen Mahlstein zu beißen [...]
Die hier vorgelegte Anthologie bietet interessante Einblicke in das Schaffen des Australiers Brett Dean (Jg. 1961). Gleichwohl sind die vier vorgestellten Werke nicht durchweg hochwertig, stricken- und teilweise sogar recht beliebig. Die Pastoral Symphony (2000, rev. 2002) stellt laut Booklet einen [...]
Das Konzept, kammermusikalischen Werken des Klassikers Schubert solche des Zwölftöners Webern gegenüberzustellen, ist interessant. Die Komponisten der Neuen Wiener Schule haben sich bekanntlich immer wieder auf die Klassik und die Traditionslinie vom Barock (namentlich Bach) über Klassik [...]
Zdenka und Martin Hrsel - das Prager Klavierduo - beweisen hier in einer schwungvollen, im Detail überlegten, insgesamt sehr frisch, ja "live" wirkenden Gesamteinspielung der 16 Slawischen Tänze von Dvor*ák, daß unter günstigen Ausbildungs- und Entwicklungsbedingungen die geburtsmäßige Nähe zu [...]
Manch einer mag es unerhört finden, Antonin Dvoáks Slawische Tänze und Darius Milhauds Scaramouche für ein zwölfköpfiges Saxofonensemble zu bearbeiten. Dmitri Schostakowitschs Jazzsuite Nr. 2 bietet sich da schon eher an, ist sie doch geschrieben für Jazzorchester, obgleich es sich eher um [...]
Der Sammeltitel „Französische Kammermusik mit Klarinette“ und der niedliche, kleine Putto als Blickfang lenken erheblich vom Inhalt und Konzept des nicht immer „bequemen“ Ein-Stunden-Programmes ab. Allein fünf Beiträge sind als Quasi-Wegweiser dem französischen Zeitgenossen der Moderne des vorigen [...]
Vom wunderbaren Klang, von den bautechnischen Besonderheiten des Doppelflügels der Fabrikation Pleyel ist an dieser Stelle bereits ausführlich berichtet worden (siehe Rezension Hungaroton HDVD 32446). Inzwischen sind mit dem ungarischen Klavierduo Monika Egri und Attila Pertis mehrere [...]
Zwei dankbare Kammermusikwerke russischer Herkunft, beide 1906 entstanden, verdeutlichen das unterschiedliche Naturell von Lehrer und Schüler. Paul Juons Quartett, das bezeichnenderweise den Titel Rhapsodie trägt, verarbeitet in freier zyklischer Form gefühlvolle Melodien, an Scriabin gemahnende [...]
Alt-Wiener Tanzmusik in Kammermusikbesetzung (zwei Violinen, Viola und Kontrabaß). Das Tanzquartett Wien, vor zwei Jahren gegründet von Reinhold Rung, widmet sich den musikalischen Kostbarkeiten aus der Werkstatt Joseph Lanners und der Dynastie Strauß. [...]
Diese zweite Folge mit Klavierwerken Bohuslav Martinus knüpft mit guten Ergebnissen an von mir positiv besprochene Erstedition an (Tudor 7054). Paul Kaspar, der aus Ostrava stammende tschechische Pianist – ein Schüler u.a. von Ludwig Hoffmann –, bewegt sich auch hier im Umkreis von Etüden, Tänzen [...]
Sehr unterhaltsam und mit unverkennbar amerikanischem Touch gibt sich die Klaviermusik von George Frederick McKay, der vierzig Jahre lang als Professor an der Universität von Seattle wirkte. Jazzige Rhythmen, Ragtime, Blues und Charleston klingen an und werden mitunter ebenso liebevoll wie virtuos [...]
Zum ersten Mal war Nikolaus Harnoncourt der Dirigent des Wiener Neujahrskonzerts. Ein Ereignis, das mit unerhörter Spannung erwartet und mit ebenso unerhörter Begeisterung gefeiert wurde. Vielleicht hat in dem Jubelsturm auch die Erleichterung darüber mitgeklungen, daß nichts „Arges“ und nichts [...]
Im Jahr 2004 wird der zweihundertste Geburtstag von Johann Strauß-Vater begangen, und im Zeichen dieses Jubiläums stand diesmal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Der „alte“ Strauß, der ein Lebenspensum von bloß 45 Jahren erreichte, steht noch immer, ebenso wie seine Söhne Josef und [...]
Nach Kants Philosophie ist alles Geniale originell, nicht alles Originelle aber genial. Vereinfacht ausgedrückt: Ist alles gut, bloß weil es neu ist? Man kann solcher Frage nicht ausweichen, weil es weder eine Norm für gute und schlechte Musik noch für das Geniale oder Originelle in der Kunst gibt. [...]
Wer hätte vor 20, 30 Jahren, als man noch auf Schallplatten das Standard-Repertoire nach Unerkanntem durchstöberte, je geglaubt, etwa Franz Lehárs reine Instrumentalwerke oder – wie jetzt bei cpo – die Klavierwerke Jacques Offenbachs serviert zu bekommen? Der Durst nach dem Abgewiesenem, dem [...]
Für einen dirigierenden Pianisten ist es naheliegend, dem Beispiel der Komponisten zu folgen und ausgesuchte Klavierstücke mittels Arrangement seinem Orchesterrepertoire einzuverleiben. Zoltan Kocsis geht dabei in der Auswahl bedachtsam vor und orchestriert geschickt und mit großem [...]
Hier begegnet dem Hörer ungekünstelte Leichtigkeit und stilistische Glaubwürdigkeit statt schaustellerischer oder exzentrischer Pianistik. Mehr noch: Die neue CD des Klavierduos Anna & Ines Walachowski mit Werken von Brahms, Fauré, Tschaikowsky und Stanislaw Moniuszko ist ein stimulierendes [...]
The Pleyel Double Grand Piano in Concert / Hungaroton
Hungaroton HDVD 32446
1 DVD-Video • 1h 57min • [P] 2007
29.03.2007 • 10 10 10
Eine vorbildliche DVD-Produktion! Inhaltlich, strukturell, film- und klangtechnisch und im Bereich der begleitenden – also schriftlichen – Informationen bieten die beiden Künstler, das Aufnahmeteam und jene Leute, die für die gesamte Produktion verantwortlich sind, knappe zwei Stunden intelligenter [...]
Eine Lanze gilt es zu brechen für den letzten großen Romantiker des 20. Jahrhunderts: Sergei Rachmaninoff, dem in Deutschland (im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern) bis heute das Etikett „Salonkomponist“ anhängt – ein Umstand, an dem (wieder einmal) Theodor W. Adorno nicht unschuldig ist, [...]
Mit einer weiträumig atmenden und wunderbar sonoren Deutung des zweiten Klavierkonzertes von Brahms bewies Emanuel Ax unlängst, daß er sich im Moment auf der Höhe seiner Kunst befindet. Nicht ganz mithalten kann da Yefim Bronfman. [...]
Drei Marksteine auf dem schöpferischen Weg des Klangmagiers aus Finnland: Anadyomene, die 1968 entstandene schwelgerische Anbetung der schaumgeborenen Aphrodite, mit der Rautavaara sich und seine Musik nach eigenen Worten von der "seriellen Zwangsjacke und einem quasi-wissenschaftlichen Denken" [...]
Rautavaaras siebente und jüngste Sinfonie mit dem Titel Angel of Light, die 1997 in Cannes mit einem Classical Award ausgezeichnet wurde, schließt sich an die in den siebziger Jahren unter dem Eindruck von Rilkes Duineser Elegien entstandenen Engel-Kompositionen (Angels and Visitations, Angel of [...]
Das umfangreiche Werk des deutsch-holländischen Komponisten und Brahms-Freundes Julius Röntgen zu sichten und in einer repräsentativen Auswahl auf CD zugänglich zu machen ist eine der verdienstvollsten Unternehmungen, die das rührige Label cpo in letzter Zeit in Angriff genommen hat. [...]
Der 1935 geborene Finne Aulis Sallinen gehört mit seinem klangvoll-nachromantischen, klassisch-modernen Stil heute zu den „grand old men“ der Musik seines Landes. Sallinen, der als Student in Tanzkapellen sein Geld verdiente, ist darüberhinaus einer weiteren „Szene“ in Finnland zuzurechnen: dem [...]
Franz Schubert, Tänze für Klavier (Gesamtaufnahme) / Capriccio
Capriccio 49 242
5 CD • 5h 18min • 1997
05.07.2002 • 9 8 9
Der leicht erstaunte Blick auf das Aufnahmedatum dieser großangelegten, sehr verantwortungsvoll edierten Gesamtaufnahme der Schubert-Tänze (Titelung, Begleittext etc.!) zeigt, dass diese von Michael Endres gesuchten und gehobenen Schätze fast fünf Jahre gleichsam auf akustischer Halde lagen. Gut [...]
Auf einem Hammerflügel der „Firma“ Nanette Streicher und Sohn aus dem Jahr 1829 spielt, genauer: widmet sich der Pianist Gerrit Zitterbart der letzten Schubert-Sonate (D 960) und einer Auswahl aus dem reichen tänzerischen Repertoire des Komponisten. Es handelt sich um ein sehr eigenwillig [...]
Immer wieder trichtere ich es jungen Interpreten mit Karriere-Hoffnungen ein: spielt getrost und zu Recht die großen, bekannten, beliebten Werke, aber: es gilt auch im Repertoire ein wenig Umsicht zu halten, was das Unbekanntere anbelangt. Und es gibt genügend Stücke, die es zu entdecken gilt, die [...]
„Der eine nörgelt, der andere nicht!” Das wäre doch, dachte ich bei mir, der treffliche Titel für ein Zweipersonenstück aus der Musikgeschichte, bei dem man einen Theaterabend lang die imaginäre Begegnung der Antipoden Arnold Schönberg und Igor Strawinsky auf einer Bühne verfolgen könnte: Auf der [...]
Robert Craft war von 1948 bis zum Tod des Komponisten 1971 der erwählte Adlatus und damit engster Mitarbeiter des alten Strawinsky. Sozusagen die verdoppelte Stimme des Meisters, als Schriftsteller wie als Dirigent. Freilich blieb Craft keineswegs ausschliesslich auf Strawinsky fixiert; gerade auch [...]