BIS 1827
1 CD/SACD stereo/surround • 54min • 2009, 2012
26.02.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wieder einmal zeigt die Rückseite des Beiheftes das bekannte Abbild des Dirigenten Andrew Litton, der anscheinend soeben mit all seinen körperlichen und geistigen Kräften bemüht ist, aus einem Klangkörper ein siebenfaches Forte herauszumeißeln. Und wieder einmal handelt es sich um eine optische Übertreibung: Weder das unverwüstliche Adagio for strings, das hier als Zugabe herhalten muß, noch das gut 26-minütige Cellokonzert op. 22 liefern auch nur annähernd solch enthemmte Entladungen, wie sie die Pose verheißen will. Glücklicherweise, wie ich sogleich hinzufügen möchte. Denn bekanntlich ist Samuel Barbers Evergreen, der langsame Satz aus dem frühen Streichquartett, ein breiter (und auch hier sehr schön ausmusizierter) nächtlicher Strom, in dessen ruhigem Verlauf sich wie Sterne die großen Meister der Romantik spiegeln – und jede unbotmäßige Aufregung, jedes zu deftige Oberflächengekräusel zerstörte sogleich das tiefe, schimmernde Leuchten dieser Musik. Dem Konzert aus dem Jahre 1945 hingegen hätte im orchestralen Bereich etwas mehr von der photographischen „Pose" gut angestanden, undsei es auch nur, um dem wieder einmal phänomenalen Solisten Christian Poltéra bei seinen ebenso dank- wie wunderbaren Aufgaben mit dem gehörigen dramatischen Schwung zur Seite zu stehen: Barbers Opus 22, weniger unmittelbar als die Konzerte für Violine bzw. für Klavier oder etwa die fesselnde erste Sinfonie, tendiert trotz seiner verhältnismäßig konzisen Dimensionen dazu, sich zu verplaudern und abzudriften, weshalb ein straffer Zügel an der Seite des gespannten Bogens hätte hilfreich sein können. So steht das musikalische Hauptereignis in der Mitte des Programms: die Sonate des 22-jährigen Jungkomponisten, die nach dem vorweihnachtlich köstlichen Dvorák-Programm [Klassik Heute 20593] des vergangenen Jahres erneut die Vermutung nährt, dass sich in dem Duo Poltéra-Stott tatsächlich „zwei gesucht und gefunden" haben. Da gibt es auch nicht einen Moment der Entgleisung, der Abschweifigkeit und der Schwäche, nicht eine Phrase oder einen Takt, in dem die jugendliche Impulsivität der Musik in bloßes Geplapper verfiele, zugleich aber auch nichts „Gemachtes" oder Gewolltes, das beim Mangel an ureigensten Substanzen gern durch groß(spurig)e Gesten ersetzt wird. Kein Zweifel, dieses Duo ist sich einig über den Wert des Werkes und lebt ihn mit höchster Begeisterung aus – so dass am Ende die leisen Schwächen der „Rahmenhandlung" bei der Benotung doch keine erhebliche Rolle mehr spielen.
Rasmus van Rijn [26.02.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Samuel Barber | ||
1 | Konzert op. 22 für Violoncello und Orchester | 00:26:48 |
4 | Sonate op. 6 für Violoncello und Klavier | 18:00:00 |
7 | Adagio for Strings op. 11 | 00:08:25 |
Interpreten der Einspielung
- Christian Poltéra (Violoncello)
- Kathryn Stott (Klavier)
- Bergen Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Andrew Litton (Dirigent)