Vivaldi Recorder Concertos
Naxos 8.557215
1 CD • 67min • 2003
30.01.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der ungarische Blockflötist Lászlo Kecskeméti legt nach seiner Einspielung der Solo-Konzerte Antonio Vivaldis (Naxos 8.553849) nun auf dem gleichen Label eine Aufnahme der Kammerkonzerte mit Blockflöte (auf modernem Instrumentarium) vor – interessante, hörenswerte Stücke, die vom schier nie versiegenden Klangsinn des Prete rosso zeugen.
Die Produktion hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Vor 30 Jahren hätte man von einer sehr ordentlichen Aufnahme sprechen können: Die Intonation ist weitgehend makellos, die gewählten Tempi meist adäquat, die Musiker beherrschen ihre Instrumente professionell, die Aufnahme klingt angenehm räumlich und ist gut balanciert (damit aber in Anbetracht der Instrumentenkombination nicht sehr realistisch). Nur – ist das genug für eine Einspielung barocker Musik im Jahr 2003?
Lászlo Kecskeméti ist ein durchaus fähiger Blockflötist, der virtuose Spielfreude vermittelt, doch scheinen ihm wie seinen Mitmusikern die Errungenschaften der historischen Aufführungspraxis entgangen zu sein. Kecskemétis Tongebung erinnert an die eines Hans Martin Linde von vor 30 Jahren (damals State of the Art) – prinzipiell von schöner, sonorer Klanglichkeit, aber unflexibel und – im Falle Kecskemétis – weder durch Vibrato noch dynamische Schattierung belebt. In ähnlicher Weise leiden seine Verzierungen an einer gewissen Starrheit; sie klingen oft wie aus dem Lehrbuch – „quadratisch“, ohne Feinheiten agogischer Gestaltung (man vergleiche hier einmal mit den überlieferten ausladenden italienischen Verzierungen der Corelli-Violinsonaten op. 5!). Auch die Continuogruppe leistet nicht mehr als sehr konventionelle Arbeit, das Cembalo erscheint von der Tontechnik gnadenlos unterbelichtet.
Vivaldis Kammerkonzerte sind auf modernem Instrumentarium nur eingeschränkt realistisch darstellbar; zu sehr haben sich die Streich- und Blasinstrumente in Richtung eines lauteren, brillanteren Klangideals verändert, als dass sie im Zusammenspiel mit einer (mehr oder weniger „originalen“) Blockflöte harmonieren könnten. Bestes Beispiel ist das Zweite Brandenburgische Konzert Bachs, wo die Blockflöte zeitweilig mit einer Trompete musiziert. Was auf „Originalinstrumenten“ funktionierte (und eben für solche gedacht war), kann im heutigen Setting zu großen Balance-Problemen führen, die nur mit Hilfe einer beschönigenden Tontechnik oder mit Musikern zu bewältigen sind, die sich in der Kunst vornehmer Zurückhaltung üben müssen.
Ich finde, man kann anno 2006 auch in Ungarn nicht so tun, als ob es eine historische Aufführungspraxis nie gegeben hätte und ebenso wenig als Blockflötist all die spieltechnischen Verfeinerungen ignorieren, die das künstlerische Blockflötenspiel im vergangenen Vierteljahrhundert auf ein bislang nie gehörtes Niveau gebracht haben. Nichts gegen moderne Instrumente, und auch nichts gegen Barockmusik auf modernen Instrumenten. Aber wenn, dann doch bitte „historisch informiert“ !
Was den eingangs erwähnten zwiespältigen Eindruck dieser Produktion betrifft, so resultiert er aus den genannten Schwächen, doch andererseits auch aus der Tatsache, dass hier eigentlich fähige Musiker am Werke sind (etwa László Hadady an der Oboe und vor allem der fabelhafte Geiger Attila Falvay).
Heinz Braun † [30.01.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | Concerto g minor RV 103 for Flute, Oboe, Bassoon and basso continuo | |
2 | Concerto D-Dur RV 92 für Blockflöte, Violine und B.c. | |
3 | Concerto minor RV 105 | |
4 | Concerto major RV 94 | |
5 | Concerto a-Moll RV 108 für Blockflöte, 2 Violinen und Basso continuo | |
6 | Concerto G-Dur RV 87 | |
7 | Concerto major RV 101 |
Interpreten der Einspielung
- László Kecskeméti (Blockflöte)
- László Hadady (Oboe)
- Attila Falvay (Violine)
- Katalin Párkányi (Violine)
- György Olajos (Fagott)
- György Kertész (Violoncello)
- Borbála Dobozy (Cembalo)