Jan Pieterszoon Sweelinck
Pseaumes de David
Weser-Renaissance • Manfred Cordes

cpo 555 526-2
1 CD • 78min • 2022
08.09.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Jan Pieterszoon Sweelingk (1562-1621) kam als Kind nach Amsterdam und amtierte dort – als Nachfolger seines Vaters – 44 Jahre lang als Organist an der Oude Kerk. „Die Bedeutung seiner Orgel- und Klavierstücke kann nicht hoch genug eingeschätzt werden“, stellt Viktor Lukas in seinem „Reclams Orgelführer“ lakonisch fest, vergisst aber nicht darauf hinzuweisen, dass Sweelinck auch auf vokalem Gebiet ausgezeichnete Werke hinterlassen und durch seine Schüler nachhaltigen Einfluss ausgeübt habe, unter anderem auf Samuel Scheidt in Deutschland. Interessant ist Sweelincks religiöse Zwitterstellung als Katholik im calvinistisch gewordenen Amsterdam und als Organist in einer Stadt, die eigentlich das Orgelspiel im Gottesdienst untersagt hatte.
Meister der niederländischen Vokalpolyphonie
Über 250 Vokalwerke hat Sweelinck komponiert, als „letzten Meister der niederländischen Vokalpolyphonie“ apostrophiert ihn Wikipedia, als „Orpheus aus Amsterdam“ wurde er seinerzeit schon betitelt. Herausragend sind seine Psaumes de David, in denen er den Genfer Psalter (gereimte Psalmverse in französischer Sprache) vertont, sowie die lateinischen Cantiones Sacrae. Manfred Cordes hat nun mit der Weser-Renaissance Bremen Psalmen Davids aus beiden Sammlungen mit Orgel-Stücken vereint und damit einen beispielhaften Querschnitt von Sweelincks Schaffen vorgelegt. Aufnahmeort war die Stiftskirche Bassum, deren leicht halliger Klang ideal für diese Musik ist, die verwendete Prozessions-Orgel ist der modifizierte Nachbau eines Instrumentes des norditalienischen Orgelbauers Carlo Prati durch Giovanni Pradella. Beide Klänge sind von der Tonregie hervorragend eingefangen, vor allem der Chorklang ist äußerst transparent abgebildet, wenn es doppelchörig wird, hört man dies deutlich. Edoardo Bellotti, der erst kürzlich verstorben ist, hat die Orgelstücke sorgfältig ausgespielt, doch durchaus in voranschreitenden Tempi, so dass die Toccata in d sehr lebendig wirkt und die Echo-Wirkungen in der Fantasia auf die Manier eines Echo sehr präsent sind.
Glockenhelle Soprane
Glockenhelle und reine Soprane prägen den achtstimmigen Chor, die beiden Altusse fügen sich unauffällig ein, alle Sänger singen sehr engagiert und bisweilen leidenschaftlich in oft leuchtendem Klang. Manchmal wünscht man sich ein bisschen mehr Konsonanten, manchmal eine markantere Rhythmik. Die Orgelbegleitung ist so wirkungsvoll wie unauffällig. Manfred Cordes sorgt für Durchsichtigkeit des polyphonen Gewebes, und es erstaunt und erfreut so manche kompositorische Einzelheit: Im Psalm Laudate Dominum (Track 7) das Auskomponieren des Wortes „omnes“ in schier unendlichen Wiederholungen, wobei der Chor bewegt und belebt singt: im Psalm In te Domine speravi (Track 13) das Wort „accelera“, wo der Psalmist um eilige Hilfe bittet, was der Chor durch vermehrte Leidenschaftlichkeit darstellt; das sich langsam nach oben, eben himmelwärts, hinaufschraubende „sanctus“ im Psalm Ecce nunc benedicite (Track 14), vom Chor in spannungsvoll gehaltenen langgezogenen Passagen gesungen; und insbesondere der variantenreiche Chorjubel im Psalm Venite exsultemus (Track15) und dann ganz besonders im Psalm Or soit l’Eternel (Track 18), in dem die Jubel-Instrumente sängerisch nachgeahmt werden. Insgesamt ist der Chorklang so üppig, dass sich sogar eine Fünfstimmigkeit wie ein Achtstimmigkeit anhört.
Fazit: eine CD, mit der Manfred Cordes und die Weser-Renaissance Bremen die Bedeutung von Sweelinck für die Orgel-, vor allem aber für die Chormusik der ausgehenden Renaissance gewinnbringend darlegt.
Rainer W. Janka [08.09.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jan Pieterszoon Sweelinck | ||
1 | Resveillezvous chacun fidele (Psalm 33 à 8, Livre Second des Pseaumes de David, Amsterdam 1613) | 00:04:31 |
2 | Cantate Domino (Psalm 95 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:03:30 |
3 | Domine Deus meus (Psalm 7 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:03:06 |
4 | Toccata in d SwWV 285 | 00:03:30 |
5 | O bienheureux qui juge sagement (Psalm 41 à 8, Livre Troisième des Pseaumes de David, Amsterdam 1614) | 00:04:16 |
6 | De profundis clamavi (Psalm 95 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:04:34 |
7 | Laudate Dominum (Psalm 116 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:02:53 |
8 | Fantasia auf die Manier eines Echo SwWV 275 | 00:04:26 |
9 | Misericorde au povre vicieux (Psalm 51 à 6, Cinquante Pseaumes de David, Amsterdam 1604) | 00:04:07 |
10 | Le Seigneur ta prière entende (Psalm 20 à 4, Cinquante Pseaumes de David, Amsterdam 1604) | 00:02:32 |
11 | O bienheureux celuy dont les commises (Psalm 32 à 5, Cinquante Pseaumes de David, Amsterdam 1604) | 00:02:42 |
12 | Fantasia mit Bindungen SwWV 265 | 00:04:25 |
13 | In te Domine speravi (Psalm 30 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:05:17 |
14 | Ecce nunc benedicite (Psalm 133 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:03:15 |
15 | Venite exultemus (Psalm 54 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:02:30 |
16 | Beati omnes (Psalm 127 à 5, Cantiones Sacrae cum Basso Continuo ad Organum, Antwerpen 1619) | 00:06:47 |
17 | Variationen über "Mein junges Leben hat ein End'" SwWV 324 | 00:08:29 |
18 | Or soit loué l'Eternel (Psalm 150 à 8, Livre Pseaumes de David, Amsterdam 1604) | 00:07:03 |
Interpreten der Einspielung
- Weser-Renaissance (Ensemble)
- Manfred Cordes * 1953 (Dirigent)