Ludwig van Beethoven
Violinkonzert • Tripelkonzert • Romanzen
Gramola 99101
2 CD/SACD stereo/surround • 1h 31min • 2016
01.07.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Manchmal bedarf es nur einiger weniger Worte. „O Freude über Freude“ – so heißt es zu Beginn des Einführungstextes einer CD, die bei Vielen vielleicht erst einmal Stirnrunzeln verursachen könnte. Schon wieder eine Neuproduktion des Violinkonzerts, Tripelkonzerts und der Violinromanzen. Gewagt, möchte man denken. Hat doch Patricia Kopatchinskaja 2008 eine Aufnahme des Violinkonzerts vorgelegt, an der niemand vorbeikommt, kein Interpret und kein Musikliebhaber; eine Aufnahme, vor der selbst manche bislang herausragenden Interpretationen der Vergangenheit verblassen. Und nun also Thomas Albertus Irnberger mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter James Judd, dazu David Geringas (Cello) und Michael Korstick (Klavier).
Zurück zum Anfang. „O Freude über Freude“ – natürlich ist damit das schlesische Weihnachtslied gemeint, das Beethoven im Kopfsatz des Violinkonzerts zitiert. Aber diese Worte sind eben auch Ausdruck dessen, was ich selbst nach mehrmaligem Anhören dieser Einspielung empfinde: die pure Freude. Nirgends ein Auftrumpfen um jeden Preis, nirgends eine überzogene, bedeutungsschwangere Tiefe. Dafür eine sprachmächtige Musik, die Dank einer außergewöhnlichen Gestaltungskunst aller Beteiligten von innen heraus strahlt. Dazu eine zum Bersten gespannte Musizierhaltung, deren Intensität – von den Paukenschlägen zu Beginn des Violinkonzerts bis zu dem vibrierenden Finale des Tripelkonzerts – ihresgleichen sucht. Nichts geschieht hier nur beiläufig; die Interpreten behalten bei aller spürbaren Musizierlust stets die Übersicht. Wie achtsam Licht und Schatten verteilt, wie organisch und bildkräftig dynamische und klangliche Spannungsbögen gezogen und wie wohlüberlegt (mitunter) überraschende Akzente gesetzt werden – das alles ist wahrhaft große Kunst. Wenngleich sich alle Beteiligten als gleichwertige Partner in einer bewundernswerten Balance erweisen und den Beethovenschen Kosmos zwischen erlesener Innigkeit und tänzerischem Humor konturenscharf, voller Esprit und mit Raffinesse erkunden, so sticht doch Thomas Albertus Irnberger ein wenig heraus. Es ist nicht nur sein agogisch überaus reizvoller, zwischen Zerbrechlichem und Furiosem, zwischen Kontrolle und dramatischer Zuspitzung wohl artikulierter und ausformulierter Violingesang, der in jedem Moment zum Zuhören zwingt; es ist vor allem seine Tongebung, die ein faszinierendes Eigenleben führt und das Ohr nicht abschweifen lässt. Dass die beiden Romanzen gegenüber den Konzerten nicht an Ausdruckskraft verlieren, mag sicher auch daran liegen. Und an einem unbändigen Ausdruckswillen, einem Sich-Gegenseitig-Befeuern, das der vibrierenden Wiedergabe des Tripelkonzerts seinen Stempel aufdrückt und zwischen Irnberger, Geringas und Korstick die Funken sprühen lässt.
Jedem, der meint, vor allem das Violinkonzert in- und auswendig zu kennen, kann ich diese Neuaufnahme nur empfehlen. Und wenn ich mich auch sehr weit, hoffentlich nicht zu weit aus dem Fenster lehne: Diese Einspielung kann es nicht nur mit jeder verfügbaren Einspielung aufnehmen, sondern verdrängt sogar viele hoch gehandelten Aufnahmen in die zweite Reihe.
Christof Jetzschke [01.07.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Konzert D-Dur op. 61 für Violine und Orchester | 00:42:06 |
4 | Romanze Nr. 1 G-Dur op. 40 | 00:06:29 |
5 | Romanze Nr. 2 F-Dur op. 50 | 00:07:37 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Konzert C-Dur op. 56 für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester (Tripelkonzert) | 00:34:22 |
Interpreten der Einspielung
- Thomas Albertus Irnberger (Violine)
- David Geringas (Violoncello)
- Michael Korstick (Klavier)
- Royal Philharmonic Orchestra (Orchester)
- James Judd (Dirigent)