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Besprechung CD

Dora Pejacevic Chamber Works

cpo 777 421-2

2 CD • 1h 31min • 2009

28.03.2013

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

In manchen, grundsätzlich willkommenen Grenzfällen hilft erst einmal das CD-Begleitmaterial. Und wenn es informativ und sprachlich gefällig angefertigt ist, wird man das gerne den elektronischen Datenangaben vorziehen, die mir mehr und mehr die (Un-)Gestalt eines von Information und Desinformation gleichermaßen überquellenden Müllspeichers annehmen. Hier nun, wenn von der unbekannten Komponistin Dora Pejacevic drei Kammermusikarbeiten vorgestellt werden, mangelt es nicht an „Einführung". Und so ist es der Autorin Koraljka Kos hoch anzurechnen, dass sie in jenen Zeilen, die über das pure Nachrichtenwesen hinausgehen, auf dem Boden klarer und maßvoller Bewertung der musikalischen Vorfälle bleibt. Das bedeutet: Sie versucht nicht, wie so oft unter ähnlichen publizistischen Umständen, das Ordentliche als Inspiriertes auszugeben oder das Mittelmäßige mit dem Prädikat des Herausragenden zu versehen.

Dora Pejacevic (1885–1923), das riskiere ich nun in Kenntnis eines kleinen Teils ihrer umfangreichen Hinterlassenschaft zu behaupten, begab sich hochtalentiert unter die nicht eben frauenfreundliche Meute ihrer männlichen Konkurrenten. Fachlich bestens vorgebildet und darüber hinaus begabt, war sie in der Lage, aus ihren melodischen Ideen und formalen Erwägungen nicht nur respektable, sondern in vielen Passagen auch sehr persönlich schwingende Musik zu entfalten. Ihre hier von Oliver Triendl und dem „Quartett ohne Namenì" ausgesuchten Kammermusikstücke wirken souverän gebaut in einer Mischung aus konservativer Klanggebung im Sinn strömender, melodisch unangefochtener Romantik etwa in Nachbarschaft zu Dvorák.

Wer sich zu Beginn der ersten CD auf das viersätzige Klavierquintett einlässt, der darf sich von eleganter, gelegentlich akkordisch gestraffter Musik umspült fühlen. Man könnte leicht abwertend sagen, dass Dora Pejacevic überzeugen wollte, ohne dabei in ästhetischen Fragen anzuecken. Indes spielt dies keine Rolle, wenn man sich nur den lieblichen Mittelteil des Quintett-Scherzos zu Gemüte führt. Es handelt sich um eine instrumentale „Gesangsszene" aus dem gehobensten Caféhaus-Milieu – sozusagen eine Melange aus slawischer Träne und brahmsischer Edelzärtlichkeit hart an der Grenze des Süßlichen.

Der Klaviersatz im Quintett und im nicht so umfangreichen Klavierquartett hat Kontur und setzt effektive rhythmische und kantable Akzente. Die technischen Ansprüche scheinen mir ohne Kenntnis der Noten im Bereich des Machbaren mit gelegentlichen Ausflügen in Bereiche erhöhter, gleichwohl niemals schikanöser Brillanz.

Dora Pejacevic kam in Budapest zur Welt. Als Tochter des kroatischen Grafen Theodor und der Gräfin Lilla Vay de Vaya genoss sie eine offenbar standesgemäße Erziehung. Sie wuchs im Schloss ihrer Familie im slawonischen Nasice auf, betreut von einer englischen Gouvernante namens Miss Edith Davison. In ihrer Heimat erhielt Dora Privatunterricht, gefördert von ihrer musikalisch begabten Mutter. Als der Vater 1903 zum kroatischen Banus ernannt wurde, zog die Familie nach Zagreb, wo die 18jährige am kroatischen Musikinstitut ihren Horizont erweitern konnte. Als gründlich ausgebildete Geigerin und Pianistin war sie in der Lage, persönlich für ihre Instrumentalwerke einzutreten. Seinerzeit bekannte Interpreten sorgten für die Verbreitung ihrer Arbeiten weit über die engen Grenzen künstlerisch orientierter Salons hinaus.

Auch in Anbetracht des elegischen Impromptus (op. 9) für Klavier und gestrichene Larmoyanz erlaube ich mir den Wunsch zu äußern, die hier klanglich wie organisatorisch ebenso entschieden wie umsichtig arbeitenden – und für Frau Pejacevic werbenden – Musiker mögen sich unter dem cpo-Schirm weiteren Stücken dieser Dame widmen. Und spannend wäre es auch, etwa mit Oliver Triendl am Flügel das Klavierkonzert in g-Moll op. 33 oder auch einige Liedkompositionen kennen zu lernen (in deren Zusammenhang im Booklet namhafte Autoren wie Karl Kraus, Rilke und Nietzsche genannt werden). Um abschließend einen Vergleich zu wagen: Dora Pejacevics Schaffen steht, soweit ich das knapp überblicke, auf einer Stufe mit jenem etwa ihrer Kolleginnen Clara Schumann und Fanny Mendelssohn. Wenn jemand ihre Arbeiten höher einstuft, dann würde ich momentan sicher keinen Einspruch erheben.

Peter Cossé † [28.03.2013]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Dora Pejačević
1Klavierquintett h-Moll op. 40 00:33:14
CD/SACD 2
1Streichquartett C-Dur op. 58 00:32:49
5Klavierquartett d-Moll op. 25 00:21:05
9Impromptu op. 9 00:03:43

Interpreten der Einspielung

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