Opera Rara ORC22
3 CD • 2h 27min • 2002
22.11.2002
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Ein Jahr vor Il Barbiere di Siviglia ist dieses dramma per musica entstanden, das bereits einiges vom musikalischen Material der berühmten commedia – und nicht nur die idente Ouvertüre – enthält. Gleichwohl wäre es aufgrund solcher Parallelen verfehlt, Rossinis Elisabetta zu den leichtfertig aus dem Ärmel geschüttelten, im Einerleistil verfaßten Schöpfungen der italienischen Oper zu zählen. Das Werk enthält zwar viele lange, manchmal sogar überlange Rezitative, erfährt aber im Lauf der Handlung eine bedeutende dramatische Steigerung. Die Finalszenen der beiden Akte zählen zu Rossinis stärksten musikalischen Erfindungen. Allerdings sind die Vorzüge der Oper nur in der originalen Version erkennbar, die hier erstmals vorliegt. Die bekannte und zu Recht geschätzte Erstaufnahme bei Philips aus dem Jahr 1976 wird dadurch zwar nicht entthront, sie kann aber mit der neuen Wiedergabe, die sich streng an Rossinis Notenautograph hält, nicht leicht in Vergleich gebracht werden.
Die Anforderungen an die Virtuosität der Gesangspartien sind in der Originalfassung enorm, was darauf zurückzuführen ist, daß Rossinis einstige Sängerschar aus Stimm-Phänomenen bestanden haben muß, die fast außerirdisch gewirkt haben mußten. Das Ensemble der Opera Rara-Produktion leistet Bewundernswertes in ihrem Bemühen um Geläufigkeit und sonstige vokale Artistik. Und selbst dann, wenn die Grenzen erkennbar und die Anforderungen an die Tonschönheit nicht immer erfüllt werden, nötigen der Einsatz und die vollständige Hingabe an das Werk hohen Respekt ab. Jennifer Larmore in der Titelrolle (geschrieben für Rossinis spätere Gattin Isabella Colbran) und Majella Gullagh als Matilde beherrschen Virtuosität und Ausdruckskunst gleichermaßen, Bruce Ford (Leicester) hat sich längst schon als stimm- und stilsicherer Rossini-Tenor eine Ausnahmeposition verschafft. Die zweite Tenorpartie (Norfolk) wird von Antonio Sagusa gesungen, der zwar erstaunliche Stimmbeherrschung, aber ein unschönes Gesangsorgan besitzt.
Sämtliche Sänger zusammen mit Orchester und Chor tragen unter Giuliano Carellas Führung dazu bei, den Rang von Rossinis Oper deutlicher als je zuvor erkennbar zu machen. Mustergültig die Ausstattung der Aufnahme, vor allem der ausführliche Kommentar, den Jeremy Commons für das Beiheft verfaßt hat.
Clemens Höslinger [22.11.2002]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gioachino Rossini | ||
1 | Elisabetta Regina d'Inghilterra |
Interpreten der Einspielung
- Jennifer Larmore (Elisabetta - Sopran)
- Bruce Ford (Leicester - Tenor)
- Majella Cullagh (Matilde - Sopran)
- Antonino Siragusa (Norfolk - Tenor)
- Manuela Custer (Enrico - Sopran)
- Colin Lee (Guglielmo - Tenor)
- Geoffrey Mitchell Choir (Chor)
- London Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Giuliano Carella (Dirigent)