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Besprechung CD

Fratres

Benedict Kloeckner Cello • Kai Schumacher Piano

Berlin Classics 0304116BC

1 CD • 67min • 2024

30.09.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Auf dem vorliegenden Album finden mit dem Cellisten Benedict Kloeckner und dem Pianisten Kai Schumacher zwei Künstler zueinander, deren Aktivitäten der vergangenen Jahre eigentlich eher wenige Überschneidungen hatten: Kloeckner ist insgesamt vorwiegend im klassischen Repertoire beheimatet und hat bereits eine ganze Reihe CDs sicher nicht nur, aber insbesondere mit allerhand Werken des cellistischen Standardrepertoires eingespielt, während sich Schumacher neben amerikanischer Klaviermusik der vergangenen 100 Jahre vor allem im Bereich des Crossover bewegt, oft auch mit Eigenkompositionen.

Meditativ-Verinnerlichtes aus dem Umfeld des Minimalismus

Der gemeinsame Nenner, auf dem ihr vorliegendes gemeinsames Album aufbaut, fungiert zugleich als Titel der CD: Fratres – gemeint ist natürlich Pärts Klassiker aus dem Jahre 1977. Und so beginnt mit den Fratres ein Programm, das sich vor allem durch eine meditativ-verinnerlichte Grundhaltung, einen dezidiert ruhigen Grundpuls auszeichnet. Dabei könnte man die ersten sechs Stücke als einen Block betrachten, der Musik zeitgenössischer Komponisten zumeist aus dem Umfeld des Minimalismus gewidmet ist. Zwei der Werke sind speziell für dieses Album entstanden, nämlich Schumachers eigenes A Line sowie Reminiscenza von Sophia Jani (Jg. 1989), eklektische, eher behutsam moderne, leicht rezipierbare Stücke, wobei Janis Beitrag sehr deutlich an Pärts Fratres anknüpft (und, wie man liest, sogar ursprünglich Sisters heißen sollte), allerdings letztlich einfacher gehalten und ohne die hypnotische Raffinesse des Originals. Auf vergleichbaren Pfaden wie etwa Schumacher bewegt sich auch The Pleasure at Being the Cause (2021) des amerikanischen Komponisten Christopher Cerrone (Jg. 1984). Philip Glass ist mit einer Bearbeitung seiner Metamorphosis II (aus dem 1988 entstandenen Klavierzyklus Metamorphosis) durch Schumacher vertreten. Neben Pärts Fratres ist The South Downs (1995) von Gavin Bryars (Jg. 1943) das ausgedehnteste Stück dieses ersten Blocks, ein Werk, das Minimalismus mit romantisch-nostalgisch getönten Reminiszenzen und melodischen Gesten kombiniert, von Kloeckner und Schumacher eine Nuance unruhiger, agiler verstanden als durch den Komponisten selbst gemeinsam mit Sophie Harris.

Arrangements von Klaviermusik

Stilistisch und auch von den Entstehungsdaten her etwas breiter gefächert sind die letzten vier Tracks des Programms, zunächst mit zwei Arrangements Schumachers von Klaviermusik. In den 1920er Jahren haben der Mystiker Georges I. Gurdjieff und der Komponist Thomas de Hartmann ein umfängliches Kompendium von Klavierstücken zusammengestellt; Lieder und Tänze, die Gurdjieff auf seinen Reisen „gesammelt“ hatte und die de Hartmann für ihn notierte. Bei dem Stück, das Kloeckner und Schumacher ausgewählt haben, handelt es sich um das neunte Stück des ersten Bandes der zweiten Folge (überschrieben Musik der Sayyiden und Derwische) dieser Veröffentlichungen, ein Sayyidischer Gesang und Tanz in d-moll. Schumachers Arrangement ist eher frei, vor allem im Klaviersatz, der gegenüber dem eher kargen Original (sicherlich bewusst, denn anders als Gurdjieff war de Hartmann ein durch und durch fähiger Komponist) das Klangvolumen deutlich ausweitet und auch auf erweiterte Spieltechniken setzt, eine m.E. etwas zu üppig geratene Variante. Das gilt in einem etwas anderen Kontext auch für das Arrangement von Franz Liszts spätem Klavierstück Sancta Dorothea (1877): hier doppelt das Cello überwiegend den Klavierpart, wodurch der sanfte Dialog zwischen linker und rechter Hand etwas in den Hintergrund gerät, und spätestens dann, wenn Schumacher im weiteren Verlauf auch den Klaviersatz wiederum etwas vollgriffiger gestaltet, geht dies zu Lasten der leise-andächtigen Transparenz des Originals.

Ein Postludium zum Beschluss

Mit der Louange à l’éternité de Jésus, dem 5. Satz aus Olivier Messiaens Quatuor pour la fin du temps also, sowie Walentyn Sylwestrows Postludium Nr. 3 (aus einem Zyklus von drei Postludien von 1981/82 für Sopran und Klaviertrio, von denen allerdings nur das erste für die volle Besetzung geschrieben ist) stehen am Ende wiederum zwei Originalwerke. Im Falle von Messiaens Louange könnte partiell der melodische Fluss der Musik etwas stärker zum Tragen kommen, sei es durch ein behutsam schnelleres Tempo, sei es durch stärkere Differenzierung (im Klavierpart). Anstelle eines Begleittexts bietet das Beiheft ein eher locker gehaltenes Interview mit den beiden Interpreten; dass auf der Rückseite des Albums die Komponisten der Stücke nicht genannt werden (sondern nur die Titel), entspricht zwar der durchaus gewollt an Popmusikalben angelehnten Aufmachung, ist aber dennoch ambiwalent. Ein Album in ruhig-verhaltenen, angenehmen Tönen.

Holger Sambale [30.09.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Arvo Pärt
1Fratres 00:11:32
Philip Glass
2Metamorphosis Two 00:06:39
Christopher Cerrone
3The Pleasure At Being the Cause 00:06:01
Kai Schumacher
4A Line 00:05:20
Sophia Jani
5Reminiscenza 00:03:54
Gavin Bryars
6The South Downs 00:12:40
George Ivanovich Gurdjieff
7Sayyid Chant and Dance Nr. 9 00:04:10
Franz Liszt
8Sancta Dorothea S 187 00:02:59
Olivier Messiaen
9Louange à l'éternité de Jesus Christ für Violoncello und Klavier 00:09:35
Valentin Silvestrov
10Postlude Nr. 3 – Larghetto, con moto (poco rubato) 00:04:16

Interpreten der Einspielung

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