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Besprechung CD

Gioacchino Rossini

Petite messe solennelle
Rheinische Kantorei • Edzard Burchards

cpo 555 232-2

2 CD • 62min • 2016

01.09.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Hermann Max hat 1997 das Festival Alte Musik Knechtsteden gegründet, sein Nachfolger ist jetzt Edzard Burchards, auch als Leiter der Rheinischen Kantorei. Schon 2016 hat er mit diesem Ensemble die Petite messe solennelle von Gioacchino Rossini in der romanischen Basilika des Klosters Knechtsteden aufgeführt, woraus nun jetzt erst eine CD-Aufnahme beim Label cpo entstanden ist. Burchards hat die von Rossini vorgeschlagene Original-Besetzung gewählt: acht Chorsänger, hier die Rheinische Kantorei, und vier Solisten. Die Originalbegleitung von zwei Klavieren und einem Harmonium hat er um ein Klavier verschlankt, da das andere meist mit der Chorstimme mitgeht. Tobias Koch hat diese Musik entsprechend adaptiert. Eigentlich müsste man noch ein anderes „Instrument“ hier miterwähnen: die phänomenale Akustik der romanischen Basilika von Knechtsteden. Die läßt den Verlust eines zweiten Klaviers leicht verschmerzen, noch dazu, wenn das eingesetzte Klavier ein historischer Érard-Flügel ist, dessen gedämpft-sonorer Ton sich ganz groß in der Kirche entfalten kann.

Rhythmisch gespannt

Man muss diesen Flügel aber auch so spielen können wie Tobias Joch, dieser Meisterpianist auf allen historischen Tasteninstrumenten: Immer rhythmisch gespannt und damit energiespeisend treibt er das musikalische Geschehen voran, harmoniegebend assistiert von Christian Gerharz am Harmonium. Ihren großen Auftritt haben beide im Prélude religieux, in dem Rossini seine Bach-Begeisterung und -Kenntnis demonstriert. Tobias Koch beginnt mit voller und düsterer Klangwucht und langem gewichtigem Kirchen-Nachhall des Flügels sowie feiner dynamischer Abstufung, dann übernimmt Christian Gerharz klartönig und am Harmonium wie auf der Orgel phrasierend. Schmerzlich-zitternd beginnen sie das Agnus Dei, passen dann aber die unruhige, aber auch unerbittlich fortschreitende Begleitfigur dem Melos der Altsolistin geschmeidig an – und haben, fast programmatisch, das letzte Wort, bzw. den letzten Ton.

Leidenschaftliches Seufzen

Die Solisten kommen hörbar vom Oratorium und nicht von der Oper, alle außer der Altistin haben ein relativ schnelles Vibrato. Man kann es nicht beweisen – aber mir scheint, dadurch nimmt die Ironie, die diesem Rossini’schem Spätling innewohnt, ab und die Ernsthaftigkeit zu. Innig verschmelzen und leidenschaftlich seufzen der Sopran von Dorothee Mields und der doch etwas dramatischere Alt von Nicole Pieper im Qui tollis des Gloria. Schwärmerisch, aber immer dezent, singt, nein, betet Dorothee Mields ihr O salutaris hostia, und schwärmerisch kommt auch die auskomponierte Kreuz-Symbolik in ihrer Cruzifixus-Arie heraus, weil Dorothee Mields auch hier größten Wert auf die Rhetorik des Singens legt. Nicole Pieper gerät im Agnus Dei doch in die Nähe des Opernhaften, was aber wiederum einen reizvollen Kontrast bildet zum vibrato-armen Gesang des Chores: Rossini bedient ungeniert alle musikalischen Formen der Kirchenmusik. Ebenso schön harmonieren die Männersolisten, Tobias Hunger mit klarem Tenor ohne Schluchzen, Felix Schwandtke mit etwas Anstrengung in der Höhe seiner Quoniam-Arie.

Absolute Intonationsreinheit

Leicht angesetzt und vollkommen anstrengungslos ist die Stimmgebung des Chores, so dass die einzelnen Fugen-Linien der Doppelfuge am Ende des Gloria richtig herausleuchten und diese Fuge den Sängern ein geradezu sportliches Vergnügen zu bereiten scheint: Doch ein bisschen Ironie? Die Schlussfuge des Credo nimmt Edzard Burchards in nicht sportlich jagendem, sondern eher gemäßigtem Tempo, was die Transparenz – und wieder die Ernsthaftigkeit – erhöht. Absolute Intonationsreinheit mit sowohl reinen als auch satten Akkorden zeigt der Chor im a-capella-Gesang des Sanctus – als ob hier die Engel, die den „Herr, Gott Zebaoth“, besingen, auf Erden sängen. Ein stupendes Kunststück dabei ist das Decrescendo auf hohen Tönen: Das beherrscht so zwanglos wahrlich nicht jeder Chor.

Zu allem kommt noch die sehr gute Tonregie, die den Kirchenraum abbildet, aber nicht dominieren lässt, die vor allem die Instrumente, die Solisten und den Chor gleichgewichtig hören lässt. Eine geglückte und beglückende Aufnahme der Petite messe sollennelle, die das ironische Fazit von Rossini in Ernsthaftigkeit umwandelt: „Wenig Wissen, ein bisschen Herz, das ist alles!“, hatte er unter sein Werk geschrieben. Nein, viel Wissen und viel Herz sind in diese Aufnahme geflossen!

Rainer W. Janka [01.09.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Gioachino Rossini
1Petite Messe solennelle 01:02:03

Interpreten der Einspielung

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