Oscar Straus
Piano Concerto • Serenade
cpo 555 280-2
1 CD • 58min • 2016
03.08.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Diese CD könnte unter dem Motto stehen: „Ein Meister der leichten Musik auf dem Wege zu sich selbst“. Wir erleben Oscar Straus, wie er sich in verschiedenen Phasen seines Komponistenlebens in unterschiedlichen Genres versucht. Die Streicherserenade und das Klavierkonzert schrieb er als Student unter den strengen Augen Max Bruchs, der sich, wie man im Beiheft erfährt, fest in den Kopf gesetzt hatte, Straus zu seinem Nachfolger auszubilden. Dass dies gar nicht in Strausens Sinne war, zeigt der Umstand, dass er die Serenade gewissermaßen als Erholung von einem auf Bruchs Weisung in Angriff genommenen (und letztlich abgebrochenen) Projekt eines Requiems nach Hebbel komponiert hat. Nichts Gezwungenes, Ungelenkes, Unreifes findet sich in diesen fünf kurzen Serenadensätzen; der „Schüler“ Straus zeigt sich hier als meisterhafter Ausgestalter musikalischer Kleinformen. Auch versteht er sich darauf, die klanglichen Möglichkeiten des Streichorchesters geschickt zu nutzen und seine Einfälle instrumentatorisch abwechslungsreich einzukleiden. Wenn man weiß, dass sich der Komponist wenig später der Operette zuwandte, könnte man versucht sein, in der einen oder anderen Melodie des Werkes (etwa im vierten Satz, dem Walzer) einen Vorboten dieser Entwicklung zu hören. Straus überschreitet jedoch noch nirgends die Grenzen dessen, was man von „ernsten“ Musikern der vorangegangenen Generationen (etwa Volkmann, Reinecke, Dvorak, Fuchs) aus ihren Streicherserenaden gewohnt ist.
Meisterschüler Straus
„Bestanden!“, so lautete das erste Wort, das mir beim Anhören des Klavierkonzerts – ungefähr in der Mitte des Kopfsatzes – in den Sinn kam. Ich stellte mir vor, wie Meister Bruch es voller Zufriedenheit als Vorsitzender einer Prüfungskommission aussprach. Straus lässt uns in diesem Werk an seinen Studien im Sonatenstil teilhaben. Es scheint mit dem Ziel geschrieben zu sein, die Beherrschung der „großen Formen“ zu demonstrieren, wie sie im akademischen Kompositionsunterricht gelehrt werden. Originalität der melodischen Einfälle ist offenbar bei dieser Aufgabe nicht gefragt gewesen. So arbeitet Straus in den beiden ersten Sätzen mit sehr schlichtem, floskelhaftem, gleichsam entindividualisiertem Themenmaterial – aber er tut dies auf korrekte Art und Weise, sodass an seiner Fähigkeit, aus ebenmäßigen Perioden ausgedehnte Verläufe zu bauen, kein Zweifel bestehen kann. Bei allem Akademismus der Tonsprache ist das Konzert, sicher nach Vorbild Bruchs, formal durchaus eigentümlich gestaltet: So steht der Hauptgedanke des ersten Satzes in langsamerem Tempo als die übrigen, und der Solokadenz folgt keine Orchester-Coda, sondern unmittelbar der zweite Satz; auf dessen Thema wird dann im ebenfalls attacca anschließenden Schlussrondo zyklisch zurückgegriffen. (Dem Autor des Begleittextes sei an dieser Stelle empfohlen, seine These, Max Bruch hätte etwas gegen Attacca-Übergänge gehabt, anhand folgender Opera dieses Komponisten zu überprüfen: 5, 26, 28, 36, 44, 46, 84.) Im Finale wird die Maske des Akademikers zwar nicht abgestreift, doch treibt Straus nun unüberhörbar sein Spiel mit der angenommenen Rolle. Ein polonaisenartiges Thema könnte durchaus einer Operette entsprungen sein; dagegen wirken die Prozeduren, denen das Anfangsmotiv in der Durchführung unterzogen wird, so steif und förmlich, dass es geradezu komisch ist. Und es drängt sich der Gedanke auf, ob es sich nicht bei dem Werk insgesamt um einen „Musikalischen Spaß“ in guter Mozartscher Tradition handelt.
Ungehemmt strömende Melodien
Der Tragant-Walzer (nach der 1913 uraufgeführten Ballettpantomime Die Prinzessin von Tragant) und der Reigen-Walzer (aus der Musik zur Verfilmung von Schnitzlers Reigen durch Max Ophüls, 1950) zeigen, wie sich die in Serenade und Klavierkonzert angelegten Keime schließlich entfaltet haben. Das im Konservatorium angeeignete Wissen stellt Straus virtuos in den Dienst der leichten Musik. Seine Walzer – voller ungehemmt strömender Melodien – glänzen durch brillante Instrumentierung und gut gesetzte, das Geschehen belebende Nebenstimmen. Hier hört man einen Meister in seinem Element.
Dirigent Ernst Theis weiß sich in die verschiedenen Idiome der Stücke gut hineinzufinden und jedes von ihnen lebendig darzustellen. Dass er sich dem leichten Fach besonders verbunden fühlt, merkt man den Aufführungen der beiden Walzer an. Oliver Triendl ist dem Klavierkonzert ein seriös zu Werke gehender Sachwalter.
Norbert Florian Schuck [03.08.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Oscar Straus | ||
1 | Klavierkonzert h-Moll | 00:26:59 |
4 | Reigen-Walzer | 00:04:07 |
5 | Serenade g-Moll op. 35 für Streichorchester | 00:20:47 |
6 | Tragant-Walzer (nach Motiven des Tanzspiels Die Prinzessin von Tragant) | 00:06:25 |
Interpreten der Einspielung
- Oliver Triendl (Klavier)
- Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)