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Besprechung CD

Beethoven Piano Trios

Volume II

Orchid Classics ORC100091

1 CD • 64min • 2018

30.11.2018

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Für die zweite Folge seiner Gesamtaufnahme der Klaviertrios von Beethoven wählte das Trio con Brio Copenhagen zwei heitere, eher unheroische und seltener aufgeführte Werke. Mit seinem op. 1 revolutionierte Beethoven diese Gattung der Unterhaltungsmusik für begabte Dilettanten, die ihren Ursprung in der mittelschweren Klaviersonate mit einfacher Streicherbegleitung hatte und seit den 1750ern ein beliebtes Hausmusikgenre darstellte. Das G-Dur Trio op. 1/II ist in dieser Hinsicht besonders ambitioniert, da es neben der Viersätzigkeit über eine eigentlich nur der Sinfonie und dem Streichquartett zukommende langsame Einleitung verfügt. Das Sonatenhauptsatz-Finale, welches das eigentlich obligatorische Rondo ersetzt, wirkt mit seinem Vorgriff auf Rossinis Tell-Ouvertüre und seinem Seitenthema im Charakter einer Ecossaise geradezu parodistisch. Soll der geistvolle, zuweilen ins Burleske tendierende Humor der Ecksätze das Auditorium anstecken, bedarf es neben rein manueller Virtuosität einer außerordentlichen artikulatorischen Flexibilität und eines souveränen Timings aller Ensemblemitglieder.

Das Es-Dur Trio op. 70/II – formal bemerkenswert ist hier, dass der langsame Satz und das Scherzo durch zwei Allegretti ersetzt wurden – könnte „Von gestern bis morgen“ heißen. Dabei stehen der gregorianisch inspirierte Stile-antico-Kanon des Kopfsatzes, die von Haydn gern gebrauchte Doppelvariationstechnik des Zweiten, der an Gabrieli gemahnende Chori-spezzati-Einschub im Dritten und der bachisch-barockisierende Beginn des Finales für das Gestern. Der As-Dur-Ländler des Dritten mit seinem harmonisch raffinierten Trioleneinschub steht hingegen für das Morgen der Impromptus Schuberts. Das Zusammenschweißen dieser widerstrebenden Elemente ist jedoch reinster Beethoven.

Das Trio con Brio Copenhagen wurde bereits 1999 gegründet und gewann beim ARD-Wettbewerb 2002 einen zweiten Preis. Beim diesjährigen Wettbewerb saß Pianist Jens Elvekjaer in der Jury. Sollte das einen Einfluss darauf gehabt haben, Beethovens op. 70 als Pflichtstück des diesjährigen Semifinales zu nominieren? Ohrenfällig ist, dass sich das Trio – obwohl auf modernen Instrumenten spielend – intensiv mit der Aufführungspraxis der Beethoven-Zeit auseinandergesetzt hat. Elvekjaer artikuliert auf seinem Steinway differenzierter als die meisten seiner Kollegen. Sein hinreißendes jeu perlé und seine artikulatorische Wachheit schaffen Transparenz, wo andere Pianisten sich in ein undifferenziertes Legato mit weniger feinen dynamischen Abstufungen innerhalb einer Phrase retten müssen. Die Schwestern Soo-Jin und Soo-Kyung Hong spielen auf Geige und Cello mit weniger – als Verzierung gezielt eingesetztem – Vibrato. Stattdessen nutzen sie als expressives Stilmittel das nicht-vibrierte und dadurch unsentimentale Portamento – wie es Louis Spohr in der Tradition der von Viotti begründeten französischen Streicherästhetik explizit in seiner Violinschule für einen ausdrucksvollen Vortrag fordert – wesentlich häufiger. Dies ist auch deshalb berechtigt, weil Beethoven das Spiel des Viotti-Schülers und Spohr-Vorbilds Pierre Rode bewunderte und für ihn die Violinsonate op. 96 schrieb. Das Zusammenspiel aller Drei ist exzellent, die Phrasierung ist immer zielgerichtet, das rhythmische Brio umwerfend. Über geschickte Rubati und ein raffiniertes Timing baut sich vom ersten Ton an Spannung auf, so dass – trotz der Ausführung aller vorgeschriebenen Wiederholungen und im Vergleich mit dem Trio Wanderer durchweg längeren Spieldauern der einzelnen Sätze – nirgendwo eine gepflegte Kammermusiklangeweile einstellt.

Diese wirklich begeisternde Aufnahme hat interpretatorisch – ebenso schon wie ihr Vorgänger mit den Opera 1/I, 70/I und 121 – absoluten Referenzcharakter. Leider muss beim Gesamteindruck wegen des rein englischen Booklets mit einem der hohen Qualität der CD nicht entsprechenden Begleittext ein Punkt abgezogen werden.

Thomas Baack [30.11.2018]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Klaviertrio G-Dur op. 1 Nr. 2 00:34:39
5Klaviertrio Es-Dur op. 70 Nr. 2 00:18:30

Interpreten der Einspielung

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