recitar cantando
Cyprés CYP1645
1 CD • 62min • 2005
27.07.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gewiß: der musikalische Stil um 1600, also in der Zeit der Entstehung der Oper wie auch des expressiven, continuobegleiteten Sologesangs („Monodie“), hat viele Querverbindungen – die mal dramatische, mal poetisch-lyrische Ausdrucksweise erscheint in beiden Gattungen. Dennoch sind Opernszenen, Ballett-Musiken und „Monodien“ (d.h. in intimem Kreis vorgetragene Sologesänge) schon hinsichtlich ihrer Besetzung deutlich zu unterscheiden: die Verschwendungssucht der prunkliebenden Fürsten für eine Opernaufführung ist mit dem Rahmen einer innig-kammermusikalischen vokalen Darbietung überhaupt nicht zu vergleichen. „Echte Monodien“ wie Lettera amorosa von Monteverdi (übrigens eines der seltenen, geradezu kargen „orthodox-monodischen“ Werke des Komponisten!) durch eine üppige Instrumentation aufzuputschen – wie es in der vorliegenden Aufnahme passiert – ist deshalb recht fragwürdig.
Immerhin erfahren die instrumentalen Beiträge eine stilistisch gekonnte, farben- und akzentfreudige Darbietung. Geradezu verheerend wirkt dagegen die gesangliche Gestaltung von Marco Beasley. Die Stimme ist weder schön noch kultiviert; manche Stellen erinnern fatal an die italienischen Schlagersänger-Idole der 1960er und 70er Jahre à la Bobby Solo oder Gianni Morandi. Richtig empörend ist dabei die regelrechte Verfälschung von zwei berühmten Monteverdi-Werken. In der Messagiera-Szene von Orfeo (in der dem ahnungslos-glücklichen Orfeo eine Botin die Todesnachricht seiner Eurydike überbringt) werden die signifikanten Chorstellen lediglich durch Instrumentalpartien vermittelt; das ganz kurze, von unerwarteten Modulationen geradezu strotzende Zwiegespräch zwischen Orfeo und der Messagiera wird ganz weggelassen, und Marco Beasley schlüpft dann völlig unerwartet in ein anderes Kostüm, indem er danach auch das Lamento von Orfeo übernimmt. Und wenn dies noch nicht befremdend genug ist, dann bietet der Sänger eine echte „Solonummer“ in Monteverdis Il Combattimento di Tancredi e Clorinda, in dem er selbstgefällig die absolut kontroversen Partien von Tankred, Klorinda und dem Erzähler sich einverleibt. Das klingt ungefähr so, als wenn eine ehrgeizige Sopranistin nicht nur Tosca, sondern auch Cavaradossi und Scarpia singen wollte.
Dr. Éva Pintér [27.07.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Cherubino Busatti | ||
1 | Angela siete (aus: Arie, Venezia 1638) | |
Giovanni Battista Fontana | ||
2 | Sonata XVI für 3 Violinen und B.c. (aus: Sonate a 1, 2, 3 per il violino, Venezia 1641) | |
Claudio Monteverdi | ||
3 | Messagera ed Orfeo (Szene - aus: L' Orfeo) | |
Girolamo Frescobaldi | ||
4 | Aria di Romanesca (aus: Primo libro d'arie musicali, Firenze 1630) | |
5 | Cento Partite sopra Passacagli (1637 - aus: I. Toccatenbuch) | |
Giulio Caccini | ||
6 | Amor ch'attendi (aus: Le Seconde Nuove Musiche, Firenze 1614) | |
Claudio Monteverdi | ||
7 | Lettera amorosa a voce sola (aus: Settimo Libro de' Madrigali) | |
Giovanni Battista Fontana | ||
8 | Sonata VIII (aus: Sonate a 1, 2, 3 per il violino, Venezia 1641) | |
Claudio Monteverdi | ||
9 | Il Combattimento di Tancredi e Clorinda | |
Giulio Caccini | ||
10 | Ch'io non t'ami, cor mio? (aus: Le Seconde Nuove Musiche, Firenze 1614) |
Interpreten der Einspielung
- Accordone (Ensemble)