Supraphon SU 3485-2 631
1 CD • 64min • 2000
01.10.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Innerhalb kurzer Zeit hat Supraphon zwei tschechische Opern mit dem Titel Sárka herausgebracht: das Monumentalwerk von Zdenek Fibich aus dem Jahr 1897 (vgl. »Klassik heute« 5/2001) und nun Leos* Janác*eks allerersten musikdramatischen Versuch, dessen Entstehung bereits ein Jahrzehnt vor Fibichs Oper anzusetzen ist. Daß diese Oper erst spät, im Jahr 1925, erstmals auf der Bühne erscheinen konnte, hängt damit zusammen, daß der Textautor (Julius Zeyer) mit der Vertonung nicht einverstanden war und dem jungen Komponisten die Einwilligung zur Aufführung verweigerte.
Janác*eks Sárka trägt alle Merkmale eines Frühwerks, der Komponist bewegt sich hier noch ganz ihm Kielwasser Smetanas und Dvor*áks, es fehlen die für seine spätere Ausdrucksweise typischen Risse und Bruchstellen, überhaupt ist die markante Janác*ek-Physiogomie hier kaum oder nur schattenhaft wahrzunehmen. Am ehesten noch am Beginn des dritten Aktes, wo man so etwas wie eine Jenufa-Vorahnung erleben kann. Untypisch für den Komponisten ist auch die Wahl des Milieus mit seinem Rückgriff auf die altböhmische Sagenwelt (die Amazonenfürstin Sárka läßt sich etwa als böhmische Penthesilea bezeichnen).
Im Vergleich zur gewaltigen Ausdehnung von Fibichs Oper fällt die Kürze und Prägnanz von Janác*eks Vertonung auf. Nur selten ist es zu erleben, daß eine dreiaktige Oper auf einer einzigen CD-Scheibe Platz findet. Auch das szenische Personal ist klein, beschränkt sich auf vier handelnde Personen und Chor.
Die Erstveröffentlichung bietet weit mehr als bloß eine Komplettierung der Janác*ek-Diskographie, man hat es trotz aller Merkmale der Unfertigkeit mit einem Werk von außergewöhnlicher Statur zu tun. Wie so oft ist auch diesmal wiederum dem unermüdlichen Janác*ek-Missionar Charles Mackerras für seine Energie zu danken, er leitet nicht nur die Wiedergabe mit höchster Intensität, er hat sich auch mit allem Eifer um die Ausarbeitung der komplizierten Notenvorlage gekümmert. Chor und Orchester steigern sich unter seiner feurigen Leitung zu bedeutender Höhe, auch die Vokalsolisten setzen alle Überzeugungskraft für dieses bisher unbekannte Werk ein. Eva Urbanová, auch hier - wie bei Fibich - Trägerin der Titelpartie, singt in neuerer Zeit wesentlich kultivierter als in ihren ungestümen und rauhen Anfängen, was mit Dank und Anerkennung konstatiert werden muß. Und Peter Straka beweist erneut, daß er zu den besten Tenorsängern der Gegenwart zählt.
Clemens Höslinger [01.10.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Leoš Janáček | ||
1 | Sarka (Oper in 3 Akten, 1887/1888) |
Interpreten der Einspielung
- Eva Urbanová (Sopran)
- Peter Straka (Tenor)
- Jaroslav Brezina (Tenor)
- Ivan Kusnjer (Bariton)
- Prager Philharmonischer Chor (Chor)
- Tschechische Philharmonie (Orchester)
- Sir Charles Mackerras (Dirigent)