Fryderyk Chopin
Nocturnes
Marie François
Evil Penguin Classic EPRC 70
2 CD • 1h 48min • 2024
09.11.2025
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Gesamteindruck:![]()
Marie François präsentiert hier sämtliche Nocturnes von Frédéric Chopin in chronologischer Reihenfolge. Es handelt sich um das dritte Album der 31-jährigen Belgierin, die für dieses Projekt einen Monat in Warschau verbrachte, um die Werke genau zu studieren und ihre persönliche Beziehung zu dieser Musik zu vertiefen. Chopin komponierte seinen Reigen von 21 Nocturnes in den Jahren zwischen 1827 und 1846. An das nächtliche Musizieren unter freiem Himmel, einst beliebt im 18. Jahrhundert, erinnert nur noch der Name. Die Romantiker verlegten die Darbietung in den häuslichen Bereich – man erlebte die Nacht bei Kerzenschein am Flügel.
Chopins klingende Autobiografie
Marie François lässt anhand ihrer Interpretationen Chopins stilistische Entwicklung nachvollziehbar werden. So erhält die chronologische Gesamtaufnahme eine innere Logik, als sei das Ganze eine zusammenhängende Erzählung. Die von Chopin nicht freigegebenen, posthum erschienenen Stücke, stehen am Ende.
In den frühen Stücken spürt man Chopins Nähe zu John Field, dem „Erfinder“ des Nocturne; die liedhafte Melodik und klaren Strukturen arbeitet die Pianistin sensibel heraus. Zuweilen wählt sie allzu langsame Tempi, sodass manche Passagen etwas statisch wirken und der dramatische Impuls auf der Stelle tritt. In den späteren Nocturnes verstärkt François die Dramatik und emotionale Tiefe; Ausdruck und Harmonik lotet sie differenziert aus. Die komplexen, weitgriffigen Akkordstrukturen gestaltet sie mit Feinsinn und klanglicher Klarheit.
Hochtouriger Konzertflügel
Marie François verwendet einen modernen Yamaha CFX Konzertflügel, der mit großer Brillanz, Durchsetzungskraft und Klangfülle beeindruckt; für große Konzertsäle ist dieses Instrument ideal. Einige Feinheiten der Chopin-Tongebung – sensible dynamische Abstufungen, zarteste Pianissimi oder das charakteristische „Singen“ des Tons – lassen sich darauf jedoch weniger nuanciert darstellen.
Wer bei Chopin einen weicheren, wärmeren Ton bevorzugt, wird zu einer anderen Aufnahme greifen. Auswahl gibt es genug, gehören doch die Nocturnes zu den meistaufgenommenen Klavierwerken. Warum nur will Marie François den legendären Referenzaufnahmen – von Rubinstein bis Pollini – unbedingt eine weitere Einspielung hinzufügen und schaut sich nicht nach originellerem Repertoire um? Ein Warschau-Aufenthalt trägt zudem kaum als Basis für ein künstlerisches Konzept, da fast alle Nocturnes von Chopin im französischen Exil entstanden.
Die beiden Nocturnes op. 62 gehören zu den letzten Werken des kränkelnden Komponisten, der mit nur 39 Jahre starb. Hier wirken Marie François‘ Ornamente und Trillerketten spieltechnisch überzeugend; die Interpretation bleibt aber insgesamt eher zurückhaltend und zu wenig inspirierend. Es stört die Distanz des Premium-Flügels, welche die intime, zerbrechliche Aura von Chopins Spätwerken kaum aufkommen lässt.
Antje Rößler [09.11.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
| Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
|---|---|---|
| CD/SACD 1 | ||
| Frédéric Chopin | ||
| 1 | Nocturne Nr. 1 b-Moll op. 9 Nr. 1 | |
| 2 | Nocturne Nr. 2 Es-Dur op. 9 Nr. 2 | |
| 3 | Nocturne Nr. 3 H-Dur op. 9 Nr. 3 | |
| 4 | Nocturne Nr. 4 F-Dur op. 15 Nr. 1 | |
| 5 | Nocturne Nr. 5 Fis-Dur op. 15 Nr. 2 | |
| 6 | Nocturne Nr. 6 g-Moll op. 15 Nr. 3 | |
| 7 | Nocturne Nr. 7 cis-Moll op. 27 Nr. 1 | |
| 8 | Nocturne Nr. 8 Des-Dur op. 27 Nr. 2 | |
| 9 | Nocturne Nr. 9 B-Dur op. 32 Nr. 1 | |
| 10 | Nocturne Nr. 10 As-Dur op. 32 Nr. 2 | |
| 11 | Nocturne Nr. 11 g-Moll op. 37 Nr. 1 | |
| 12 | Nocturne Nr. 12 G-Dur op. 37 Nr. 2 | |
| CD/SACD 2 | ||
| 1 | Nocturne Nr. 13 c-Moll op. 48 Nr. 1 | |
| 2 | Nocturne Nr. 14 fis-Moll op. 48 Nr. 2 | |
| 3 | Nocturne Nr. 15 f-Moll op. 55 Nr. 1 | |
| 4 | Nocturne Nr. 16 Es-Dur op. 55 Nr. 2 | |
| 5 | Nocturne Nr. 17 H-Dur op. 62 Nr. 1 | |
| 6 | Nocturne Nr. 18 E-Dur op. 62 Nr. 2 | |
| 7 | Nocturne Nr. 19 e-Moll op. 72 Nr. 1 | |
| 8 | Nocturne Nr. 20 cis-Moll op. posth. | |
| 9 | Nocturne Nr. 21 c-Moll op. posth. |
Interpreten der Einspielung
- Marie François (Klavier)
