Rupert's Tears
Gabiz Reichert

Ars Produktion ARS 38 367
1 CD/SACD stereo/surround • 79min • 2023
07.09.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die neue CD mit dem Pianisten Gabiz Reichert trägt den Titel „Rupert’s Tear“ und spielt damit auf die sogenannten „Bologner Tränen“ an, eine Benennung für Glastropfen, die einerseits hart und widerstandsfähig, andererseits zerbrechlich sind. Dies mag als Gleichnis gelten für kontrastierende künstlerische Zugänge, ohne dass damit eine besondere Originalität garantiert wäre. Der 1994 geborene schweizerische Pianist Gabiz Reichert hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, bei diesem Album dem Prinzip des „returning“, der Wiederkehr also, zu folgen.
Bach und die Rückkehr
Dies exemplifiziert er sogleich bei der Chaconne aus Johann Sebastian Bachs Partita BWV 1004 für Violine solo in der Bearbeitung für die linke Hand allein von Johannes Brahms. Denn dieses d-Moll-Werk kehrt nach dem D-Dur-Mittelteil nach Moll zurück. Es wäre nicht nötig gewesen, diesen „Return“ auch noch durch die eigenmächtige Wiederaufnahme der ersten Takte am Ende des Werkes zu verdeutlichen. Die Einspielung folgt streng den Vorgaben von Brahms, gelegentliche agogische Freiheiten mögen eher dem Stil des Bearbeiters als dem des ursprünglichen Meisters entsprechen. Wobei zu beachten ist, dass Brahms sehr genau dem Original folgt und dies meist nur durch Oktavierung verändert.
Schumann und eine neue Fantasie
Bei Robert Schumanns Sinfonischen Etüden op. 13 hat sich der Pianist dazu entschlossen, nach dem cis-Moll-Thema nur die fünf nachgelassenen Variationen zu spielen, deren Folge er selbst gewählt hat. Den subtilen Charakter dieser Stücke trifft er mit seinem sensiblem Anschlag vorzüglich. Die „Rückkehr“ erfolgt diesmal mit einer neuen Komposition: der deutsche Komponist Robin Becker, Jahrgang 1993, hat eine Fantasie über Schumanns Thema geschaffen, die auf feinsinnige, aber etwas langatmige Weise Schumanns Gedanken umspielt und zunehmend deutlich auf dessen cis-Moll- Beginn zurückkommt.
Rachmaninow und eine Collage
Im dritten Abschnitt seines Projekts bietet Gabiz Reichert eine Collage aus vier Préludes und einer Étude-Tableau von Serge Rachmaninov, wobei er darauf anspielt, dass sich der Komponist von Gemälden inspirieren ließ. Der Pianist hat vornehmlich langsame Stücke ausgewählt, die er sorgsam, aber nicht besonders „farbig“ zelebriert. Nach Piècen aus Opus 23, 32 und 33 folgt am Ende eine der berühmtesten Kompositionen Rachmaninows, das auftrumpfende cis-Moll-Prélude op. 3 Nr. 2, das Gabiz Reichert denn auch mit gehörigem Aplomb präsentiert. Dass er am Schluss dieses Reißers den Beginn der Bach-Chaconne als finale Rückkehr zitiert, sei ihm zugunsten seiner Grund-Idee konzediert.
Den Booklet-Text hat Reichert selbst verfasst, um sein Konzept ausführlich zu erläutern. Ein Manko ist allerdings, dass dieser Text nur in englischer Sprache abgedruckt ist.
Prof. Klaus Trapp [07.09.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach/Johannes Brahms | ||
1 | Chaconne d-Moll (für die linke Hand. Studien für Klavier Nr. 5. Transkription des letzten Satzes aus Partita Nr. 2 für Violine solo BWV 1004) | |
Robert Schumann | ||
2 | Sinfonische Etüden op. 13 | |
Robin Becker | ||
3 | Isle of Memory | |
Sergej Rachmaninow | ||
4 | Étude-Tableau cis-Moll op. 33 Nr. 8 | |
5 | Prelude g-Moll op. 23 Nr. 5 – Alla marcia | |
6 | Prélude h-Moll op. 32 Nr. 10 – Lento | |
7 | Prélude Des-Dur op. 32 Nr. 13 – Grave - Allegro | |
8 | Prélude cis-Moll op. 3 Nr. 2 |
Interpreten der Einspielung
- Gabiz Reichert (Klavier)