Maria Theresia Paradis
Ragna Schirmer • Hofkapelle München • Rüdiger Lotter

Berlin Classics 0303740BC
1 CD • 69min • 2074
01.06.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Maria Theresia Paradis (1759-1824) war zu ihrer Zeit ein medizinisch-musikalisches Wunderkind: Obwohl sie mit drei Jahren erblindete, legte sie eine steile Karriere als Pianistin und Komponistin hin, lernte bei Antonio Salieri, Vincenzo Righini und Abbé Vogler, machte eine glanzvolle Tournee durch Europa mit Paris als Höhepunkt, wo sie mindestens zehnmal bei den berühmten Concerts spirituels auftrat und sogar zusammen mit Königin Marie Antoinette öffentlich sang. In Wien war sie mit Mozart und Haydn bekannt, die für sie Klavierkonzerte komponiert haben – Mozart sicher, Haydn vermutlich.
Dass Ragna Schirmer zusammen mit der Hofkapelle München und Rüdiger Lotter diese beiden Konzerte nun zusammen mit zwei Kompositionen der blinden Komponistin versammelt hat, ist logisch begründbar. Dass alle historische oder historisch stimmig nachgebaute Instrumente verwenden, ist hörbar stimmig. Und dass man hier nun mehr von Paradis hört als ihre vielfach gespielte Sicilienne, ist einfach schön.
Mit rasselndem Janitscharen-Register
Die Bezeichnung „Fantasie“ trägt die Fantasie in G-Dur von Maria Theresia Paradis völlig zu Recht, so formenreich, so einfallsreich und stimmungsabwechslungsreich ist sie. Ragna Schirmer spielt sie auch sehr farbenreich und sehr frei im Tempo, hin zum frei Rhapsodischen. Und sie nützt hier alle Klangmöglichkeiten bis hin zum Orgelregister, so dass der Hammerflügel von Joseph Böhm aus dem Jahre 1821 wie ein Harmonium klingt, und bis hin zum rasselnden und überraschenden Janitscharen-Register. Und auch die Ouvertüre zu Paradis‘ Singspiel Der Schulkandidat legt temperamentvoll los, von der Hofkapelle München tempomäßig ordentlich angeheizt.
Ragna Schirmer im Spielrausch
Auch Ragna Schirmer huldigt im Klavierkonzert G-Dur Hob. XVIII:4 von Haydn dem Spielrausch mit viel Elan, selbst wenn’s in Moll-Tiefen geht, und mit großer Verzierungsfreude im Adagio. Die Kadenzen „im Stile der Paradis“, die Timo Jouko Herrmann dazu komponiert hat, zeichnet Ragna Schirmer geradezu genüsslich nach. Die Hofkapelle agiert nicht höfisch, sondern volkstümlich deftig und begleitet nicht nur, sondern spielt wirklich mit und trägt so den Klavierklang.
Im Mozart’schen B-Dur-Klavierkonzert KV 456 spielt die Hofkapelle nach dem vorbildlich straff gehaltenen Anfangsthema samtweich und festlich strömend und dann auch immer tänzerisch federnd, aber auch herrisch auffahrend in den Tuttis im Andante, vor allem mit enormem Farbenreichtum in den Bläserstimmen. Ragna Schirmer stürmt temperamentvoll durch das Passagenwerk, gestaltet gut den hurtig-hüpfenden Gestus im Finale und spielt mit fast schelmischer Ironie den Rhythmus-Aufprall des 2/4-Taktes mit dem 6/8-Takt heraus.
Die Tonregie behandelt den Klavier- und Orchesterklang gleichwertig und lässt den Raum, nämlich den Kleinen Goldenen Saal der Stadt Augsburg, stimmungsvoll mitspielen.
Auf weitere Aufnahmen mit Werken dieser Komponistin warten wir gespannt.
Rainer W. Janka [01.06.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Maria Theresia Paradis | ||
1 | Der Schulkandidat (Ouvertüre) | 00:04:43 |
Joseph Haydn | ||
2 | Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur Hob. XVIII:4 | 00:21:58 |
Maria Theresia Paradis | ||
5 | Fantasie G-Dur für Klavier | 00:11:52 |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
6 | Klavierkonzert Nr. 18 B-Dur KV 456 | 00:30:38 |
Interpreten der Einspielung
- Ragna Schirmer (Klavier)
- Hofkapelle München (Ensemble)
- Rüdiger Lotter (Dirigent)