O Listen!
to the music of Uroš Krek & Else Marie Pade
Danish National Vocal Ensemble • Martina Batič

OUR Recordings 8.226824
1 CD • 68min • 2024
26.01.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Else Marie Pade (1924-2016) war eine Pionierin der elektronischen Musik in Dänemark, kam dann in den 80er Jahren gleichsam „aus der Mode“, um dann zur Jahrtausendwende von einer jüngeren Generation neu entdeckt zu werden. Das Danish National Vocal Ensemble hat jetzt ihre vorher weniger beachteten Vokalwerke wieder in Erinnerung gerufen. Dessen slowenische Leiterin Martina Batič konfrontiert diese hier mit den Arbeiten ihres slowenischen Landsmanns Uroš Krek (1922-2008), eines unmittelbaren Zeitgenossen Pades.
Eine dänische Avantgardistin
Die drei Lieder des Zyklus Korsatser auf dänische Gedichte entstanden in den frühen 50er Jahren und waren ursprünglich für Solostimme und Klavier gesetzt. Ein halbes Jahrhundert später, im Zuge der Pade-„Renaissance“, erstellte John Høybye ein Arrangement für gemischten Chor mit elektronischem Soundtrack. Eine für die vorliegende Aufnahme revidierte Fassung verzichtet allerdings auf Elektronik und konzentriert sich ganz auf die Chorstimmen. Die volksliedhafte Melodik bekommt dabei streckenweise einen beinahe sakralen Charakter (besonders im ersten Lied I drømme). Das gilt in noch höherem Maße für den vierstimmigen Frauenchor Völo-spa hoc est (1956), der auf einer isländischen Dichtung aus dem 9. Jahrhundert basiert und das Ende der Welt und der Götter beschwört. Musikalisch ist er vom Gregorianischen Choral und von Hildegard von Bingen inspiriert.
Virtuoses Vokalwerk
Das komplexeste Vokalwerk dieser Sammlung ist die Kantate vom Leiden der heiligen Jungfrau, Maria (1980), von der Komponistin als „tape essay“ für Koloratursopran, Bassbariton, Sprechchor und 7 Posaunen (in Verbindung mit elektronischer Musik) klassifiziert. In elf Sätzen werden die Gefühlsstationen Marias beschrieben, wobei zunächst der Koloratursopran elf lateinische Stichwörter (Venerari, Amare etc.) virtuos variiert, sich dabei in stratosphärische Höhen aufschwingt, gleichsam himmelwärts, woraufhin der Bassbariton psalmodierend das christliche Glaubensbekenntnis („Credo in unum Deum“) herunterbetet und von einem dynamisch agierenden Sprechchor bestätigt wird. Dabei werden die Stimmen durch elektronische Klänge unterstützt und verfremdet.
Überzeugter Traditionalist
Uroš Krek war viele Jahre für den Slowenischen Rundfunk tätig, trat auch als Dirigent hervor und war ein systematischer Sammler slowenischer Volksmusik, die auch einen bedeutenden Einfluss auf seine anfangs vor allem auf Musik für Streicher fokussierten Kompositionen hatte. Er selbst spielte Violine und Kontrabass. Seine Arbeiten gehen bis in die 40er Jahre zurück. Die vorliegende Auswahl von Chorwerken gilt jedoch dem Spätwerk der 90er Jahre, als Krek in seinen 70ern stand. Die Ereignisse im Jugoslawien-Krieg haben seine schöpferische Kraft dabei wesentlich beflügelt. Die Three Autumn Songs nach Gedichten des englischen Autors John Gracen Brown waren sein persönlicher Protest, denn er war der Auffassung, ein Künstler könne diesen nicht nur mit Trommeln, sondern auch mit „gentle words“ zum Ausdruck bringen. Vöra bije (1997) ist ein Arrangement eines slowenischen Emigrantenlieds, ein ergreifender Dialog zwischen einer zurückgebliebenen Frau und ihrem nach Amerika ausgewanderten Partner. Das Thema Exil klingt auch in der Vertonung des lateinischen Psalms 42 an (Desiderium exulis). Auch in Vester, Carmenae (1994) auf einen Text von Horaz bestimmt die lateinische Dichtung den Stil der Musik. Krek war ein bewusster Traditionalist und überzeugt, es komme vor allem darauf an, sich dem Hörer verständlich zu machen.
Klangliche Möglichkeiten ausgereizt
Die Wiedergabe durch das Danish National Vocal Ensemble lässt weder bei Else Marie Pade noch bei Uroš Krek irgendwelche Wünsche offen, im Gegenteil, sie fasziniert über weite Strecken durch die voll ausgereizten, durch die Aufnahmetechnik noch verstärkten Klangmöglichkeiten. Die 18 Stimmen decken ein weites Farben-Spektrum ab, von gruftigen Basstönen bis zu sphärischen Sopranklängen, wobei die 1. Sopranistin Anna Miilmann in Maria bravourös die virtuosen Anforderungen meistert. Im Zusammenklang aller Stimmen meint man sogar beim A-cappella-Gesang ein imaginäres Orchester zu hören. Das Booklet enthält alle gesungenen Texte im Original und in englischer Übersetzung, die ebenfalls englischen Essays zu den beiden Komponisten, von denen zumindest Krek hierzulande nicht sehr bekannt sein dürfte, sind sehr hilfreich.
Ekkehard Pluta [26.01.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Uroš Krek | ||
1 | O Listen (Three Autumn Songs No. 1) | 00:02:40 |
2 | Some deep song (Three Autumn Songs No. 2) | 00:02:00 |
3 | Come away (Three Autumn Songs No. 3) | 00:03:06 |
4 | Vöra bije | 00:03:47 |
5 | Salmo XLII (Desiderium exsulis, Psalm 42) | 00:04:32 |
6 | Samotno ugibanje | 00:04:16 |
7 | Vester, Camenae | 00:06:47 |
Else Marie Pade | ||
8 | I drømme (Korsatser Nr. 1) | 00:02:20 |
9 | Den hvide nat (Korsatser Nr. 2) | 00:03:28 |
10 | Midsommervise (Korsatser Nr. 3) | 00:03:12 |
11 | Völo-spa hoc est | 00:07:20 |
12 | Venerari (Maria Nr. 1) | 00:02:30 |
13 | Amare (aus: Maria) | 00:02:07 |
14 | Mirari (Maria Nr. 3) | 00:02:30 |
15 | Pati (Maria Nr. 4) | 00:01:33 |
16 | Contristari (Maria Nr. 5) | 00:01:35 |
17 | Desiderare (Maria Nr. 6) | 00:02:14 |
18 | Judicare (Maria Nr. 7) | 00:02:41 |
19 | Scire (Maria Nr. 8) | 00:02:22 |
20 | Orare (Maria Nr. 9) | 00:02:22 |
21 | Sanctificare (Maria Nr. 10) | 00:02:15 |
22 | Vivere (Maria Nr. 11) | 00:02:20 |
Interpreten der Einspielung
- Danish National Vocal Ensemble / DR (Chor)
- Martina Batič (Dirigentin)