Emmerich Kálmán
Gräfin Mariza
cpo 777 399-2
2 CD • 2h 16min • 2018
21.10.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Ausgangspunkt dieser Operette, die am 28. Februar 1924 im Theater an der Wien ihre triumphale Uraufführung erlebte, ist einigermaßen originell und witzig. Um ihre zahlreichen Verehrer abzuwimmeln, die es nur auf ihr Geld abgesehen haben, verlobt sich die reiche Gräfin Mariza mit einem imaginären Baron Koloman Zsupán. Doch ein Mann dieses Namens taucht dann leibhaftig auf, um seine Rechte geltend zu machen. Die Rechte des Melodrams dagegen verlangen noch nach einem rührseligen dramatischen Konflikt. Für den sorgt ein anderer Adliger, der bankrotte Graf Tassilo, der auf Marizas Gut incognito als Verwalter arbeitet. Er ist von ihr bezaubert, aber wegen seiner Armut zu stolz, auf ihre Avancen einzugehen. Dieser Konflikt wird am Ende durch eine reiche Erbtante gelöst, die seine verlorenen Güter zurückkauft. Die Story steht dramaturgisch auf etwas wackeligen Beinen, und der Komponist Kálmán setzt auf vorher erprobte Erfolgsrezepte mit Tanzliedern zwischen Csárdás und Foxtrott: Das Duett „Komm mit nach Varasdin“ und Tassilos Arien „Wenn es Abend wird“ und „Komm Zigány“ sind regelrechte Wunschkonzert-Schlager geworden. Doch daneben gibt es viel kompositorische Routine und es verwundert nicht, dass Gräfin Mariza sich auf dem Theater geringerer Beliebtheit erfreut als die frühere Csardasfürstin.
Nur mit Einschränkungen gelungen
Die Produktion des Bayerischen Rundfunks glänzt durch relative Vollständigkeit, ist aber insgesamt nicht mehr als solide geraten. Gut, dass sich cpo nicht auf die Wiedergabe der Musiknummern beschränkt hat, sondern auch die zum Verständnis des Handlungsablaufs notwendigen Dialoge mitliefert, auch wenn die über weite Strecken etwas affektiert, zumindest aber bemüht ausgefallen sind (Dialogregie: Paul Esperanza). Dramaturgisch nicht einleuchtend, sondern eher als Sparmaßnahme zu begreifen ist die Übernahme der Erbtantenrolle durch den Darsteller des Zsupán. Dass deren Kammerdiener Penicek (in der Uraufführung immerhin von Hans Moser gespielt) ganz gestrichen wurde, ist in diesem Zusammenhang zu verschmerzen. Überflüssig ist das Zugeständnis an die zeitgeistige political correctness, der mehrfache Hinweis nämlich, dass die Zigeuner, von denen in diesem Stück permanent die Rede ist, eigentlich als Roma bezeichnet werden müssten.
Musikalisch genügt die Aufführung nur mittleren Ansprüchen und bietet keine wirkliche Alternative zu der älteren EMI-Aufnahme mit Anneliese Rothenberger und Nicolai Gedda. Betsy Horne ist eine unglamouröse Gräfin mit kühlem und unpersönlichem Timbre, noch weniger Charme strahlt Lydia Teuscher in der Partie der Lisa aus. Der Amerikaner Jeffrey Treganza bietet als Zsupán die Knallcharge eines Operetten-Ungarn, die beim Publikum im Prinzregententheater allerdings gut ankam. In diesem Umfeld ragt der in Teheran geborene, aber in Österreich aufgewachsene Tenor Mehrzad Montazeri als Tassilo deutlich heraus, auch wenn es seiner virilen, durchschlagskräftigen Stimme an dem Schmelz gebricht, den man von Rudolf Schock, Fritz Wunderlich und Nicolai Gedda im Ohr hat. Ernst Theis erliegt am Pult des Münchner Rundfunkorchesters der in der Partitur angelegten opernhaften Schwerblütigkeit und bringt auch die Tänze nicht richtig in Schwung.
Ekkehard Pluta [21.10.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Emmerich Kálmán | ||
1 | Gräfin Mariza | 02:16:03 |
Interpreten der Einspielung
- Betsy M. Horne (Gräfin Mariza - Sopran)
- Lydia Teuscher (Lisa, Tassilos Schwester - Sopran)
- Pia Viola Buchert (Manja, Zigeunerin)
- Mehrzad Montazeri (Graf Tassilo Endrödy-Wittemburg)
- Jeffrey Treganza (Baron Kálmán Zsupán - Baß)
- Peter Schöne (Fürst Populescu)
- Konzertvereinigung Wiener Volksopernchor (Chor)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)