Luciano Berio
Transformation
Bach • Boccherini • Brahms • Mahler • de Falla • Lennon/McCartney
Sony Classical 19075982072
2 CD • 2h 10min • 2018
11.01.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Während seiner gesamten kompositorischen Laufbahn hat sich Luciano Berio gern mit „anderer“ Musik auseinandergesetzt – Werke der Vergangenheit, Volksmusik, Popmusik gar. Teils geschah dies in Form einer Collagetechnik, wie er sie etwa in seiner berühmt gewordenen Sinfonia einsetzte, teils als Rekonstruktion von Fragmenten, bei denen die fehlenden Stellen von Musik in Berios eigener Sprache ausgefüllt werden – so geschehen im Orchesterwerk Rendering auf Basis der Skizzen zu Schuberts unvollendeter Zehnter Sinfonie. Doch schrieb Berio auch „normale“ Orchestrierungen und Transkriptionen, und von diesen finden sich einige interessante Beispiele auf vorliegender Doppel-CD.
Kleine persönliche Details
Eine Überlappung von Berios Personalstil mit denen der bearbeiteten Stücke gibt es hier, wenn überhaupt, nur in der Orchestrierung des unvollendeten „Contrapunctus XIX“ aus Bachs Kunst der Fuge, wo Berio keine Komplettierung versucht, sondern die Musik in einem Cluster aus den Tonhöhen B-A-C-H auslaufen lässt. Sonst bleiben die musikalischen Persönlichkeiten der bearbeiteten Komponisten unangetastet – und doch gelingt es Berio stets, kleine Details einfließen zu lassen, die es im Original nicht gibt bzw. nicht gegeben hätte: die Saxofone in der Bach-Bearbeitung etwa. Auch hätte Mahler in einer etwaigen eigenen Orchestrierung seiner frühen Lieder und Gesänge (von den elf Bearbeitungen Berios sind hier acht eingespielt) wohl kaum eine Celesta im Orchester benutzt. In seiner Fassung von Boccherinis Ritrata Notturna di Madrid kopiert Berio alle vier vom Komponisten stammenden Originalfassungen des Stücks übereinander, ohne dass das Ganze wie „neue Musik“ klingt. Und nicht alles, was in der Orchestrierung der Brahms′schen Klarinettensonate f-Moll wie originaler Brahms klingt, ist es auch wirklich: Berio hat im ersten und zweiten Satz einige eigene Takte eingefügt. Eine besondere Trouvaille stellt die Ersteinspielung der Beatles Songs dar, die Berio 1965 für seine damalige Ehefrau Cathy Berberian arrangierte: zuerst Michelle, Ticket to Ride und Yesterday im Bach-Stil mit konzertierenden Flöten und Cembalo, und dann nochmal Michelle mit irisierenden Harmonien in der Art der französischen Spätromantik. Wunderbar!
Bunter Berio-Trip
Bleibt schlussendlich zu erwähnen, dass nicht nur Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel in diesem bunten Berio-Trip vollends überzeugen, sondern auch die Solisten: Sopranistin Sophia Burgos, die im Falle der Beatles Songs gottlob auf opernhaftes Vibrato verzichtet und de Fallas Canciones Populares Españolas (die einzige Bearbeitung ohne spezifischen „eigenen“ Touch“) hervorragend idiomatisch interpretiert, Bariton Benjamin Appl, der Mahlers Tonfall einer hintergründigen Volkstümlichkeit optimal trifft, und Klarinettist Daniel Ottensamer, der Brahms′ lyrisch-melancholisches Spätwerk in weichen, herbstlichen Farben intoniert.
Thomas Schulz [11.01.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | The Art of Fugue BWV 1080 | 00:09:16 |
Manuel de Falla | ||
2 | Siete canciones populares españolas | 00:11:57 |
Luigi Boccherini | ||
9 | La Ritirata Notturna di Madrid | 00:06:38 |
Gustav Mahler | ||
10 | Frühlingsmorgen | 00:01:55 |
11 | Hans und Grete | 00:02:18 |
12 | Um schlimme Kinder artig zu machen (from: Des Knaben Wunderhorn) | 00:01:47 |
13 | Ich ging mit Lust durch einen grünen Wald (from: ) | 00:04:20 |
14 | Zu Straßburg auf der Schanz' (1887/1890 - from: Des Knaben Wunderhorn) | 00:03:53 |
15 | Ablösung im Sommer (from: Des Knaben Wunderhorn) | 00:01:35 |
16 | Scheiden und Meiden (from: ) | 00:02:32 |
17 | Nicht wiedersehen | 00:04:41 |
Johannes Brahms | ||
18 | Klarinettensonate f-Moll op. 120 Nr. 1 | 00:24:11 |
CD/SACD 2 | ||
Lennon / Mc Cartney | ||
1 | Michelle | 00:02:06 |
2 | Ticket to Ride | 00:01:33 |
3 | Yesterday | 00:03:07 |
4 | Michelle | 00:03:08 |
Interpreten der Einspielung
- Benjamin Appl (Bariton)
- Sophia Burgos (Sopran)
- Daniel Ottensamer (Klarinette)
- Sinfonieorchester Basel (Orchester)
- Ivor Bolton (Dirigent)