Timeless Light
estonian cello works
BIS 1887
1 CD • 81min • 2014, 2016
31.12.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dem 100. Geburtstag Estlands widmet der bekannte estnische Cellist Allar Kaasik sein Album „Timeless Light“, das mit einer Auswahl estnischer Cellomusik des 20. und 21. Jahrhunderts aufwartet. Vorgestellt werden nicht allein Werke für Cello solo, sondern ebenso Kompositionen für Cello und Chor bzw. Orgel sowie Arvo Pärts Cellokonzert Pro et Contra.
Mit gleich zwei Werken ist die inzwischen international bekannte estnische Komponistin Galina Grigorjeva vertreten: Molitva (Gebet) für Cello und Männerchor wurde ursprünglich für Saxophon und Orgel geschrieben und von der Komponistin 2013 für die hier eingespielte Besetzung eingerichtet. Grigorjevas von tiefer Spiritualität geprägte Klangsprache bezieht ihre Inspiration vor allem aus der slawischen Volks- und Kirchenmusik. In ihrem archaisch anmutenden Molitva entfalten sich die besonderen lyrischen Qualitäten des Cellos über clusterartig aufgefächerten Klangflächen des Chorensembles. Eine sehnsuchtsvolle, starke Musik von großer Schönheit, die den Hörer unmittelbar in seinen Bann zieht. Kontrastierend dazu schuf Grigorjeva in ihrer 2003 komponierten Solosonate Recitativo accompagnato eine großangelegte klagende Elegie.
Kuldar Sinks Solostück Gospodi, pomiluj nas (Herr, erbarme dich) lotet fast alle klanglichen Möglichkeiten des Cellos aus: Kantilen- und ausgiebiges Doppelgriffspiel, bewusstes Kontrastieren von tiefstem und höchstem Register sowie vollklingende akkordische Pizzikati, col-legno- und sul-ponticello-Effekte.
Eine geradezu poetische, märchenhafte Atmosphäre präsentieren Ausschnitte aus Tonu Korvits’ Seven Dreams of Seven Birds für Cello und Chor, u.a. mit zauberhaften Pfeifklängen des Vokalensembles.
In Pro et Contra, Arvo Pärts konzisem, 1966 für Mstislaw Rostropowitsch geschriebenen Konzert für Violoncello und Orchester münden Aleatorik, perkussive Effekte und motorische Passagen in eine überraschende tonale Schlusskadenz.
Den für mich am wenigsten überzeugenden Eindruck hinterlässt Erkki-Sven Tüürs Spectrum IV für Cello und Orgel, das den Schluss des Programms bildet. Die Komposition bleibt mit ihrem quasi improvisatorischen Al-fresco-Ansatz rhythmisch und motivisch relativ amorph und wenig rhetorisch.
Allar Kaasik ist ein ausgezeichneter Anwalt der Musik seiner Heimat. Leider hat man im ansonsten informativen Beiheft auf den Abdruck der Gesangstexte verzichtet. Aufnahmetechnik und künstlerische Qualität hingegen bewegen sich auf höchstem Niveau.
Heinz Braun † [31.12.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Galina Grigorjeva | ||
1 | Prayer | 00:13:29 |
Kuldar Sink | ||
2 | Gospodi, pomilui nas für Violoncello | 00:10:50 |
Tõnu Kõrvits | ||
3 | Seven Dreams of Seven Birds for Choir and Violoncello | 00:17:54 |
Arvo Pärt | ||
7 | Pro et contra (Konzert für Violoncello und Orchester) | 00:08:38 |
Galina Grigorjeva | ||
10 | Sonate für Violoncello (Recitativo accompagnato) | 00:14:34 |
Erkki-Sven Tüür | ||
13 | Spectrum IV für Violoncello und Orgel | 00:13:47 |
Interpreten der Einspielung
- Allar Kaasik (Violoncello)
- Kristīne Adamaite (Orgel)
- Estonian National Male Choir R.A.M. (Chor)
- State Choir Latvija (Chor)
- Estonian National Symphony Orchestra (Orchester)
- Peeter Lilje (Dirigent)