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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Tchaikovsky

Freddy Kempf

BIS 2140

1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2014

12.04.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die Geschichte beschäftigte seinerzeit den musikinteressierten Teil der internationalen Medien: der damals etwa 20jährige Freddy Kempf belegte 1988 im Finale des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbs leider nur den dritten Rang. Vom Publikum und von der russischen Presse wurde der junge Interpret freilich als wahrer Sieger gefeiert. Nicht selten werden solche Ovationen einem Zweit- oder Drittplatzierten zuteil, zumal ja der Verlauf einer Karriere nicht allein von einem absoluten Wettbewerbstriumph abhängt. Ein Beispiel nur: Am Beginn seiner Weltkarriere wurde Cyprien Katsaris 1972 im Finale des Concours Reine Elisabeth mit dem neunten Platz „belohnt“…

Seine Affinität zum russischen Repertoire hat Freddy Kempf mit einer ganzen Reihe seiner BIS-Einspielungen bestätigt. Werke von Rachmaninoff (BIS 1042), Prokofieff (BIS 1260, 1820), Mussorgsky, Balakirev (BIS 1580).und Strawinsky (BIS 1810) zeigen dies auf sympathischem, in manchen Abteilungen auch auf hohem, ja begeisterndem Niveau. Hier im oberen Bereich darstellerischer Klavierkunst knüpft Kempf mit seiner neuesten Aufnahme an, denn vor allem sein Farben- und ungemein differenziertes Muskelspiel im Verlauf der zwölf Jahreszeiten-Monate zeigen ihn als aufmerksamen, jeder Art der Sinnlichkeit empfänglichen Regisseur des russischen Alltags bis hin zur finalen Festlichkeit des Dezember-Walzers. Mit diesem leise glühenden, melancholisch angehauchten Stück am Ende des Jahreskreises gelingt dem Pianisten eine wunderbar abgetönte, gleitend tänzerische, aber zugleich auch in ihrem Bewegungsablauf zart innehaltende Studie slawischer Seelenlyrik. Ich empfehle in diesem Zusammenhang die neue Sony-Veröffentlichung mit Lang Lang zum Vergleich heranzuziehen. Im Spiegelsaal von Versailles missdeutet er diese ebenso keusche wie larmoyante, wenn man will: jugendfrei-erotische Weihnachtsszenerie als derbe Ländlermusikantik in geografischer Verwechslung von Kaukasus und Alpenland. Von allen weiter unten genannten Pianisten sind es – meines Erachtens – einzig Igor Shukov und Oleg Maisenberg, die diese Miniatur ähnlich wie in der von Kempf empfundenen Weise vorgetragen haben.

Alle zwölf Stücke wirken klar und mit Bedacht auf Jahreszeit, Klima, Volkstümlichkeit und menschliche wie animalische Besonderheiten definiert. Und in den rasanten Partien hütet sich Kempf, allzu sehr zu „motorisieren“. Beschleunigung freilich steht auf dem Programm, wenn es um Tschaikowskys Grande Sonata in G-Dur geht. In den Skalenwirbeln des Finalsatzes macht Kempf mächtig Tempo, wobei es ihm gelingt, die Satzpartikel gleichsam zusammenzuhalten. In den mächtigen Akkordstrecken des Kopfsatzes bleibt dem gebürtigen Londoner die klavierphilharmonische Durchschlagskraft eines Sviatoslav Richter versagt, ein Umstand aber eher am Rande, denn allen jüngeren Hörern, die Richter nicht live erlebt haben, bietet ein Forte- und Fortissimo à la Kempf hinreichend Auskunft über die werkinternen dynamischen Spannungen dieser Sonate.

Vergleichseinspielungen Jahreszeiten op. 37a: Shukov (Melodia/Eurodisc LP 28753 KK), Ashkenazy (Decca 466 562-2), Tverskaya (Opus 111 OPS 30-304), Maisenberg (KHG/01/Box, bzw. Glissando 779027-2), Bronfman (Sony SK 60689, Sony DVD 88875146929), Pletnev (Great Pianists Philips 456 931-2), Cherkassky (Nimbus LP 45016), Cherkassow (DG LP 2530 945), Mustonen (Ondine ODE 1082-2), E. Wild (dell’Arte LP DBS 7003), Koroliov (Tacet 25), Postnikova (Erato 2292-45512-2), Sterczynski (Selene CD-s 9308.15), Ponti (Vox LP SVBX 5459), Lang Lang (Sony 88875117582), Bashkirova (gb Deutschlandfunk 008); Grande Sonata op. 37: Sirota (Arbiter 110), Pletnev (Melodia/BMG LP 66975 2), Ginsburg (Great Pianists Philips 456 802-2) , Wirssaladze (Mailand 19.4.95 - Live Classics LCL 303), Cherkassky (Ivory 70904), Leonskaja (Teldec 8.44088), Postnikova (Erato 2292-45632-2), Richter (Melodya Auslese LP 78347 ZK), Moog (Onyx 4126)

Peter Cossé † [12.04.2016]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Peter Tschaikowsky
1Große Sonate G-Dur op. 37 00:26:23
5Die Jahreszeiten op. 37a 00:39:25

Interpreten der Einspielung

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