Classica Brasiliana
MDG 910 1874-6
1 CD/SACD stereo • 62min • 2014
09.01.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Es gibt wohl kaum ein anderes Land auf dieser Erde, in dem Musik ein derart unverzichtbarer Bestandteil der Alltagskultur, ein derart unverzichtbares Lebensmittel ist; kaum ein Land, in dem jede Region, ja fast sogar jede Stadt ihren eigenen Sound, ihre eigene musikalische Tradition hat; kaum ein Land, in dem Musik von solch außerordentlicher Vielfalt und Schönheit anzutreffen ist. Und so war es nur eine Frage der Zeit, wann sich die Flötistin, Weltmusikerin und künstlerische Leiterin des Niederrhein-Musikfestivals Anette Maiburg im Rahmen ihrer bei MDG erscheinenden und hoch gelobten „Classica“-Reihe endlich den musikalischen Facetten Brasiliens annehmen würde. Brasilien ist definitiv ein Land der Musik. Hier verschmelzen europäische, afrikanische und indianische, traditionelle und aktuelle Einflüsse zu einer ganz eigenen Musiksprache, deren unverwechselbare Sinnlichkeit die in der westlichen Welt gern gezogenen Grenzen zwischen Klassik, Folklore und Jazz hemmungslos niederreißt.
Mit dem Repertoire ihrer CD „Classica Brasiliana“ gelingt es Anette Maiburg und ihren aus unterschiedlichen musikalischen Traditionen und Bereichen stammenden Mitstreitern auf beispielhafte Weise, aufzuzeigen, worum es in der klassischen brasilianischen Musik vorrangig geht: um Klänge, Farben und Sprache bzw. Sprachmächtigkeit, was übrigens auch dem Niederrhein-Musikfestival und den "Classica"-Programmen als Leitmotiv voransteht. Flöte, Gitarre, Mandoline, Kontrabass, Percussion und die verzaubernd sinnliche Stimme von Filippa Gojo entführen in eine farbenfrohe und vor prallem Leben nur so pulsierende Musik voll unvergleichlichem melodischen, harmonischen und rhythmischen Reichtum, bei der es (für den Hörer) unerheblich ist, inwieweit klassische Formen mit brasilianischen Klängen angefüllt sind, ob die Verwendung klassischer Instrumente der brasilianischen Musik einen klassischen Klangsinn „überstülpt“, oder ob die Arrangements und kompositorischen Bearbeitungen den hier eingespielten Werken einen klassischen Touch verleihen. Auch nach mehrmaligem Hören scheint es mir, als sei das fantastische Ensemble um Anette Maiburg der Magie von Bossa Nova, Samba, Choro und dem Spiel mit klassischen und Jazz-Elementen restlos verfallen. Außerordentlich geschmeidig, nuanciert und farbenreich, gleichzeitig höchst vital und funkensprühend in der Musizierhaltung, dazu eine vortreffliche Klangbalance: Die sieben MusikerInnen lassen dem Hörer nicht den Hauch einer Chance, den mal sanften, bitter-süß-melancholischen, mal lyrischen, nostalgischen, mal vibrierenden, wirbelnden oder taumelnden Kompositionen eines Pixinguinha (1879-1973), Ernesto Nazareth (1863-1934), Paulinho da Viola (* 1942), Heitor Villa-Lobos (1887-1959), Antonio Carlos Jobim (1927-1994), Luiz Bonfá (1922-2001) oder Marco Pereira (Jg. 1956) – um nur einige der auf dieser Einspielung versammelten Komponisten zu nennen – sich zu entziehen.
Mag eine detailliertere und etwas distanziertere Betrachtungsweise meinerseits für den ein oder anderen Hörer angebrachter erscheinen. Ich muss gestehen, dass ich mich von der Musik, vor allem aber von ihrer Ausführung vollständig habe gefangen nehmen lassen. Vielleicht nicht die beste Voraussetzung für eine Rezensenten. Aber ich werde mich dieser auch tontechnisch exzellenten Produktion immer wieder bedenkenlos hingeben, sobald sie den Weg in meinen CD-Spieler findet.
Christof Jetzschke [09.01.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Pixinguinha | ||
1 | I X 0 (Um a Zero) | 00:03:36 |
Luiz Antônio | ||
2 | Barracão | 00:04:25 |
Ernesto Julio Nazareth | ||
3 | Matuto | 00:03:09 |
Paulinho da Viola | ||
4 | Danca da Solidao | 00:04:23 |
Darius Milhaud | ||
5 | Brasileira | 00:02:12 |
Morgana Moreno | ||
6 | Baião | 00:03:24 |
Sivuca | ||
7 | Feira de Mangaio | 00:03:49 |
Heitor Villa-Lobos | ||
8 | Preludio No. 1 e minor | 00:05:54 |
Antonio Carlos Jobim | ||
9 | O Boto | 00:06:49 |
Ernesto Julio Nazareth | ||
10 | Odeon (Tango Brasileiro) | 00:03:33 |
Luiz Bonfá | ||
11 | Manhā de Carnaval | 00:05:41 |
Marco Pereira | ||
12 | Bate Coxa | 00:03:39 |
Egberto Gismonti | ||
13 | Frevo für Klavier und Orchester | 00:04:48 |
14 | Siete Aneis | 00:06:15 |
Interpreten der Einspielung
- Anette Maiburg (Flöte)
- Filippa Gojo (Singstimme)
- Rafael Aguirre (Gitarre)
- Marcelo Rosário (Gitarre)
- Gabriel Rosário (Mandoline)
- Wlodzimierz Gula (Kontrabass)
- Roland Peil (Percussion)