Paul Hindemith
Tuttifäntchen
cpo 777 802-2
1 CD • 72min • 2012
16.12.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Kaum hatte sich Paul Hindemith mit dem Einakter Sancta Susanna (1921), in dem es um die erotisch-mystische Verzückung einer Nonne geht, den Ruf eines neutönerischen Skandal-Komponisten erworben, als er den Auftrag annahm, für die Städtischen Bühnen in Frankfurt die Musik zu einem Weihnachtsmärchen zu schreiben. Als Bußübung war das sicherlich nicht gedacht, aber möglicherweise wollte er zeigen, dass er auch so etwas kann. Tuttifäntchen von Hedwig Michel und Franziska Becker ist eine deutsche Variante des Pinocchio von Carlo Collodi. Der Holzkasper Tuttifäntchen wird lebendig und treibt nichts als Unfug. Mit der kleinen Trudel, der er das Herz aus dem Leib gerissen hat, zieht er durch das Land. Bei einer Aufführung des Puppentheaters von Maestro Punoni hat er seinen großen Auftritt und sorgt für komplettes Chaos. Am Ende aber wird alles wieder gut: Trudel erhält ihr Herz zurück und der Holzkasper wächst mit der Tanne zusammen, aus der er geschlagen wurde.
Auch musikalisch ist in diesem Stück die Welt in Ordnung. Um einen Weihnachtsrahmen herzustellen, leitet Hindemith es mit einer orchestralen Bearbeitung des böhmischen Weihnachtsliedes Kommet ihr Hirten ein und beschließt es mit einer (nun gesungenen) textlich sehr freien Adaption von Adeste fideles. In den Gesangsstücken pflegt er einen volksliedhaften Stil, doch anders als Engelbert Humperdinck in Hänsel und Gretel plustert er den nicht mit Nach-Wagnerischem Sinfonie-Orchester auf, sondern begnügt sich mit einer Kammermusik-Formation, die das Geschehen knapp und pointiert illustriert. Der Schwierigkeitsgrad für Sänger und Instrumentalisten ist nicht hoch, so dass Tuttifäntchen sich auch für Aufführungen von Jugendmusikschulen eignet.
Johannes Zurl, der Initiator des Projekts, macht mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin aber auch keinen unnötigen Wind. Das ist alles leicht und charmant, aber auch mit einer gewissen Wärme musiziert. Die überwiegend am Anfang ihrer Laufbahn stehenden Sänger machen ihre Sache gut, ohne dass jemand herausragt, allerdings gibt es Einschränkungen bei den Dialogen, die etwa die Hälfte des Stückes ausmachen. Das kommt dann doch oft sehr laientheatermäßig daher und einige der Beteiligten, voran Bele Kumberger in der Titelrolle, haben mit einem S-Fehler zu kämpfen.
Ekkehard Pluta [16.12.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Paul Hindemith | ||
1 | Tuttifäntchen (Weihnachtsmärchen in drei Bildern mit Gesang und Tanz) |
Interpreten der Einspielung
- Bele Kumberger (Tuttifäntchen, ein Holzkasper - Sopran)
- Herman Wallén (Meister Tuttifant, ein Holzschnitzer - Bariton)
- Nora Lentner (Trudel, Tittufants Tochter - Sopran)
- Matthias Stier (Peter, Lehrjunge bei Tuttifant - Tenor)
- Annika Schlicht (Mutter Berthe, Peters Mutter - Mezzosopran)
- Sebastian Bluth (Punoni, Leiter des Puppentheaters - Bariton)
- Rundfunkkinderchor Berlin (Chor)
- Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (Orchester)
- Johannes Zurl (Dirigent)