naïve OP 30416
1 CD • 63min • 2005
19.05.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Sandrine Piau gehört zu den jungen Stars der Gesangsszene, mit denen Frankreich in den letzten Jahren die Welt beschenkt hat; ihre Karriere begann bei der Alten Musik und Dirigenten wie William Christie, Philippe Herreweghe, Christophe Rousset oder Marc Minkowski. Inzwischen hat sich die Sängerin mit ihrer agilen Stimme auch Repertoire außerhalb dieser Szene erobert: Über Mozart und Weber ist sie bis zu den Opern von Strauss und Britten vorgestoßen. Ihrer Lust an der Musik vor 1750 scheint diese Horizonterweiterung nicht geschadet zu haben, sie badet in den Koloraturkaskaden von Vivaldis Motetten mit dem Vergnügen eines Kanarienvogels und entfaltet zur gleichen Zeit unmerklich die ökonomische Raffinesse einer Musikerin, die gelernt hat, ihre Kräfte zum höchstmöglichen Nutzen ihrer Ziele als Interpretin zu kanalisieren. Ihre federleichte Stimme ist immer Mittel zum Zweck einer agilen Präsentation ihrer Kunst, die in ihrer Deutung mit traumwandlerischer Sicherheit zu vermeiden weiß, dass die Musik unbedeutend oder zufällig klingen könnte. Andererseits setzt sie ihre Akzente mit energischer Bestimmtheit, ohne den musikalischen Fluss zu behindern.
Ein auf die Akzentuierung abzielendes Musizieren erschwert indes den Zugang zum interpretatorischen Horizont Ottavio Dantones: Seine Orchesterleitung steht unter dem Vorzeichen einer zugespitzten Verwendung von Interpretationsmitteln; auch wenn er leise spielt, kann man sich des Gefühls nicht erwehren, er tue dieses gewissermaßen im Fettdruck. Dieser Eindruck verstärkt sich noch in den Stücken ohne Vokalpart: Beispielsweise lässt der langsame Satz des Violinkonzert RV 541 vor lauter Ziselierung der Solostimme und rhythmischer Spannung in der Orchesterbegleitung die Atmosphäre eines vor Hitze flirrenden Sommertages in der Lagunenstadt völlig vermissen, die Vivaldi in seinen Kompositionen unvergleichlich einfangen konnte und sicher auch wollte. Man muss diese fast unerträgliche Wärme, in der die Damen zum Fächer greifen und von Limonade träumen, allerdings auch erspüren und darstellen wollen. Mit anderen Worten: Man muss jenseits aller Virtuosität auch Sinn für den Charme von Vivaldis Musik haben. Der eignet Frau Piau allerdings in höherem Maße als ihren italienischen Begleitern.
Detmar Huchting [19.05.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | In furore giustissimae irae c-Moll RV 626 | |
2 | Sinfonia Al Santo Sepolcro RV 169 für Streicher | |
3 | Laudate pueri Dominum G-Dur RV 601 | |
4 | Concerto d-Moll RV 541 für Violine und Orgel | |
5 | Concerto F-Dur RV 286 (per la Solennità di S Lorenzo) |
Interpreten der Einspielung
- Sandrine Piau (Sopran)
- Stefano Montanari (Violine)
- Accademia Bizantina (Orchester)
- Ottavio Dantone (Dirigent)