J.S. Bach
Cantatas Vol. 17
Challenge Classics CC72217
3 CD • 3h 10min • 2001-2003
25.02.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nach seinem Dienstantritt als Thomaskantor in Leipzig widmete sich Bach intensiv der Komposition von Kirchenkantaten, diese Grundversorgung der Leipziger Kirchenmusik stellte bis 1729 einen Schwerpunkt seiner Arbeit dar (er hatte ja mit seinen Thomanern alle Leipziger Kirchen mit Musik für die Gottesdienste zu versorgen). Werke des dritten Jahrgangs, der in den Jahren 1725 bis 1727 entstand, enthält der vorliegende 17. Teil der Gesamtaufnahme der Kirchenkantaten J.S Bachs durch Ton Koopman. Angesichts dieser nunmehr vierten in Eigenregie erstellten Veröffentlichung kann die Musikwelt befriedigt feststellen, daß der plötzliche Abbruch des Unternehmens durch Warner Records dem Projekt keinen dauerhaften Schaden zufügen konnte. Koopman hat vielmehr mit seinem Durchhaltevermögen auch anderen Kollegen Mut machen können, nicht aufzugeben, auch wenn ihren hochmögenden Partnern von der Schallplattenindustrie die Luft ausgeht. John Eliot Gardiners soeben gegründetes Eigenlabel zur Veröffentlichung der „Bach Pilgrimage“ zeigt, daß der Zwist mutloser Klassik-Produzenten der großen Labels mit ihren kreativen Künstlern nicht auf dem Rücken der Schallplattenfreunde ausgetragen wird, sondern lediglich zu einer Verarmung des Angebots bei den „Marktführern“ führt.
Was Interpretationsansatz und Aufführungspraxis angeht, bietet die vorliegende CD-Box erwartungsgemäß keine Überraschungen. Koopman nimmt Bachs eigene Bezeichnung „Kirchenkonzert“ für seine Kantaten ernst und bereitet den Hörern mit oft zügigen Tempi und reichen Verzierungen ein festliches Vergnügen. Bei soviel Musizierfreude läuft indes ein wichtiger Aspekt der Bachschen „Kirchenkonzerte“ Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten: Weit mehr, als musikalische Ausschmückung der Gottesdienste zu Ehren des Allerhöchsten zu sein, stehen die Kantaten in engem Bezug zum Schwerpunkt der Verkündigung für den jeweiligen Sonntag und werden zum künstlerischen Begleiter der Predigt. So soll die gläubige Seele auch durch die Musik auf den Weg zu Gott gebracht werden.
Unter den Vokalsolisten trägt Klaus Mertens diesem inhaltlichen Fokus der Musik gestalterisch wie kein zweiter Rechnung! Makellos in der Diktion, ausdrucksstark, doch nie übertrieben im Affekt, mit lupenreiner, niemals in den Vordergrund gerückter Technik bringt er die Atmosphäre religiöser Inbrunst zum Ausdruck, die zum Wesenskern der geistlichen Musik Johann Sebastian Bachs gehört. Die übrigen Sänger wirken gegenüber dieser Meisterschaft blasser und scheinen sich mehr den virtuosen Anforderungen ihrer Partien zu widmen. Das führt im einzelnen zu beeindruckenden gesanglichen Resultaten, doch macht sich der Unterschied zu der Kunst von Klaus Mertens gerade in den Dialogkantaten für Sopran und Baß bemerkbar. Sibylla Rubens kommt hier dem gestalterischen Ideal ihres Kollegen bedeutend näher als Johannette Zomer, deren Vortrag oft an Affekte der Barockoper denken läßt. Da gedenkt man mit Wehmut einer Sängerin wie Greta de Reyghere, die einst in perfekter Harmonie mit Mertens in Solistenensembles sang.
Detmar Huchting [25.02.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Gott soll allein mein Herze haben BWV 169 | |
2 | Liebster Jesu, mein Verlangen BWV 32 | |
3 | Ach Gott, wie manches Herzeleid BWV 58 | |
4 | Ich bin vergnügt mit meinem Glücke BWV 84 | |
5 | Es erhub sich ein Streit BWV 19 | |
6 | Ich will den Kreuzstab gerne tragen BWV 56 | |
7 | Of my sighing, of my crying BWV 13 | |
8 | Geist und Seele wird verwirret BWV 35 | |
9 | Wer Dank opfert, der preiset mich BWV 17 | |
10 | Selig ist der Mann BWV 57 |
Interpreten der Einspielung
- Sandrine Piau (Sopran)
- Johannette Zomer (Sopran)
- Sibylla Rubens (Sopran)
- Bogna Bartosz (Alt)
- Nathalie Stutzmann (Alt)
- Paul Agnew (Tenor)
- Jörg Dürmüller (Tenor)
- Christoph Prégardien (Tenor)
- Klaus Mertens (Baß)
- The Amsterdam Baroque Orchestra and Choir (Orchester)
- Ton Koopman (Dirigent)