
Opus 111 OP30365
3 CD • 2h 30min • 2002
23.07.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Edition Tesori del Piemonte (auf opus 111) hat sich die Gesamtaufnahme von Vivaldis riesenhaftem Opus zum Vorsatz gemacht. Die Folge 16 (zugleich: opera teatrali 2) bringt die dreiaktige Oper La verità in cimento, erstmals aufgeführt 1720 am Teatro San Angelo in Venedig. Das Libretto von Giovanni Palazzi läßt entfernt an Mozarts Entführung, aber auch an Figaro denken, denn sowohl das orientalische Milieu spielt hier eine Rolle, wie auch die Identifizierung von verloren geglaubten Kindern. Im Grunde bietet diese „Wahrheitsprobe“ nichts anderes als den bei solchen Werken üblichen Handlungs-Wirrwarr, der Veranlassung für die verschiedenartigsten Gefühlsausbrüche in Form von großen Arien bietet. Die Secco-Rezitative bilden eine Art Wäscheleine, auf der die virtuosen Gesangsstücke wie kostbare Stickereien aufgehängt und ausgebreitet erscheinen. Es sind auch wirklich prächtige Stücke in dieser Girlande enthalten, oft sind sie von solistischen Streich- oder Blasinstrumenten auf originelle Weise begleitet. Ein in mehrfacher Weise ungewöhnliches Stück ist das Trio der Altstimmen Aure placide, das eine wahrhaft zauberhafte Wirkung ausstrahlt, aber auch die sonstigen Teile des Werks sind reich an musikalischen Herrlichkeiten.
Das Ensemble Matheus (Leitung Jean-Christophe Spinosi) zählt zu jenen Alte-Musik-Unternehmungen, die sich betont „heutig“ geben, fast fetzig und schrill. Die „schrägen“ Coverbilder der Serie deuten diese Richtung unübersehbar an. Gleich zu Beginn, mit der Sinfonia, werden dem Hörer einige symbolische, aber durchaus empfindliche Rippenstöße verabreicht, was sich aber als Vorbereitung für das Kommende durchaus als günstig erweist. Betont lebhaft, heftig, auch ruppig, nicht frei von Übertreibungen, jedem Anflug von Fasesse fast ängstlich ausweichend, so präsentiert sich diese Wiedergabe, die aber sowohl gesanglich als auch instrumental auf absolut hohem Niveau steht. Im Vokalbereich dominieren die Altstimmen: Philippe Jarousskys Organ fällt durch frischen, sympathischen Kinderton auf, dem glücklicherweise jener heulende Beiklang fehlt, der den Falsettisten oft anhaftet. Nathalie Stutzmann ist eine wahre Idealbesetzung für solche Gesangspartien der extrem tiefen Lage, Sara Mingardo hingegen kann sich trotz schöner Stimme nicht ganz so sicher in dieser unwegsamen Zone (die für die Kastratenstimme berechnet ist) zurechtfinden. Gemma Bertagnolli (Sopran) und Guillemette Laurens (Mezzo) bieten Außerordentliches an Ausdruck und Bravour. Vivaldis La verità in cimento enthält auch eine große Tenorrolle, was in den Opern seines Zeitalters eine Ungewöhnlichkeit bedeutet. Diese Aufgabe fällt dem erfahrenen Sänger und Stilisten Anthony Rolfe Johnson zu.
Die Edition ist sorgfältig kommentiert, die Texte sind allerdings nur italienisch, englisch und französisch wiedergegeben.
Clemens Höslinger [23.07.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | La verità in cimento RV 739 |
Interpreten der Einspielung
- Gemma Bertagnolli (Rosane - Sopran)
- Guillemette Laurens (Rustena - Mezzosopran)
- Sara Mingardo (Melindo - Alt)
- Nathalie Stutzmann (Damira - Alt)
- Philippe Jaroussky (Zelim - Countertenor)
- Anthony Rolfe Johnson (, Mamud - Tenor)
- L'Ensemble Matheus (Orchester)
- Jean-Christophe Spinosi (Dirigent)