Emánuel Moór
Complete Piano Trios
Storioni Trio

cpo 555 629-2
2 CD • 83min • 2023
12.05.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Als Kind einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Ungarn geboren, erlernte Emánuel Moór (1863–1931) früh das Orgelspiel, studierte dann bei Robert Volkmann in Budapest, ab 1879 in Wien Klavier und bei Anton Bruckner Kontrapunkt, blieb aber eher Autodidakt. Als vorzüglicher Pianist versuchte er in Amerika Fuß zu fassen, zog jedoch mit seiner ersten Frau Anita, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammte, 1888 zurück nach Europa, wo er sich ganz dem Komponieren widmen konnte. Die Bekanntschaft mit Brahms, der Moórs Musik sofort hoch einschätzte, öffnete ihm bald viele Türen: in Wien, Budapest, London, zuletzt auch in Deutschland.
In rund dreißig Jahren schrieb Moór gut 220 Werke aller Gattungen. Durch seine enge Freundschaft mit Pablo Casals ist darunter auffallend viel mit Cello-Beteiligung: neben üblichen Kammermusikbesetzungen etwa auch ein Doppelkonzert für zwei Violoncelli oder eine Suite für vier Cellos. Wegen persönlicher Schicksalsschläge gab Moór um 1918 das Komponieren komplett auf und widmete sich ganz der Entwicklung klangvollerer Musikinstrumente. Sein Duplex-Klavier mit zwei Manualen, die quasi als 4-Fuß gekoppelt werden können, erregte bei den großen Klavierbauern Interesse, und es wurden einige Prototypen gebaut, jedoch verhinderte Moórs Tod 1931 eine weitere Verbreitung.
Drei Klaviertrios in klarer Brahms-Nachfolge
Das niederländische Storioni-Trio – deren Violinist Wouter Vossen spielt ein Instrument des Cremoneser Meisters – hat sich nun Moórs drei Klaviertrios für deren CD-Ersteinspielung angenommen, die alle zwischen 1900 und 1910 entstanden sein dürften. Die Musik steht in klarer Brahms-Nachfolge sowohl in Hinblick auf ihre formale Strenge als auch die klangliche Disposition, nicht nur im anspruchsvollen Klaviersatz. Frühere Schumann-Einflüsse sind kaum noch spürbar. Dennoch bedient sich Moór keinesfalls stereotyper Modelle. Jedes der Trios hat durchaus einen ganz eigenen Grundcharakter: Das D-Dur-Trio op. 74 wirkt in den Ecksätzen ungewöhnlich orchestral trotz intimer Momente. Das nur dreisätzige C-Dur Trio op. 81 ist von festlicher Noblesse, dessen fast an barocke Vorbilder erinnerndes, sich anfangs länger über einem gleichmäßig pulsierenden Bass entwickelnde Largo ein geradezu idealer Kontrast. Am vielgestaltigsten zeigt sich das B-Dur-Trio op. 89, das schon Casals gewidmet ist. Nur in dessen Scherzo mit seinen hemiolischen Schwerpunktänderungen und dem schwelgerischen Trio hört man vielleicht sogar ungarische Elemente.
Feine Details und überzeugende Übersicht
Das Storioni Trio wird dieser feinen, wohldosierten – auch, was die Längen der einzelnen Sätze angeht – Kammermusik in jeder Hinsicht gerecht. Der Pianist Bart van de Roer hält über das gesamte, große Dynamikspektrum die perfekte Balance und agiert dabei emotional ungemein flexibel und klangschön. Die Streicher sind hier stets gleichberechtigte Partner, mehr noch als in den Brahms-Klaviertrios, denn Moórs Musik verzichtet komplett auf äußerliche Virtuosität der trotzdem schwierigen Klavierparts. Am meisten gefällt bei diesen Darbietungen die absolut überzeugende Übersicht der drei Musiker über die Gesamtformen und deren Ausdrucksverläufe. Und im Detail so präzise und zugleich natürlich gestaltete Agogik ist alles andere als selbstverständlich, die Dynamik immer spannend und sinnvoll, nicht bloß routiniert. Die Aufnahmetechnik fängt dies tadellos ein; das schnörkellos informative Booklet passt ebenfalls. Was Moórs Musik allerdings dann doch fehlt, ist eine hörbar eigenständige Note: Er folgt Brahms letztlich bis in dessen an den Höhepunkten immer zurückgehaltene Energie und ist damit seiner Zeit spürbar hinterher. Wer sich an Brahms nicht satthören kann und anderen Epigonen wie etwa Robert Fuchs noch gerne folgt, wird auch an dieser sorgfältig erarbeiteten Doppel-CD echte Freude haben.
Martin Blaumeiser [12.05.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Emanuel Moór | ||
1 | Klaviertrio C-Dur op. 81 | 00:26:01 |
4 | Klaviertrio B-Dur op. 89 | 00:29:10 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Klaviertrio D-Dur op. 74 | 00:28:00 |
Interpreten der Einspielung
- Storioni Trio (Klaviertrio)