La Vida Breve
Spanish and South American concert music for guitar and bandoneon

Kaleidos KAL 6372-2
1 CD • 45min • 2024
21.01.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In einer Zeit, in der sich die Grenzen zwischen Tradition und Innovation in der Kammermusik zunehmend verwischen, wagen der Gitarrist Florian Kohlscheen und der Bandoneonist Nico Graz mit ihrem Debütalbum mit dem Titel „La vida breve‟ eine erfrischende und sehr plausible Neubesetzung eines Repertoires, das bereits einen festen Platz im Konzertkanon hat und sie haben eine sorgfältig arrangierte Auswahl spanischer und südamerikanischer Konzertmusik getroffen. Die Kombination von Gitarre und Bandoneon setzt dabei neue Akzente und verleiht der Musik eine besondere Klangdimension.
Das Programm der CD vereint Kompositionen von einigen der bekanntesten spanischen und südamerikanischen Komponisten, darunter Manuel de Falla, Isaac Albéniz, Heitor Villa-Lobos, Egberto Gismonti und Enrique Granados. In dieser Instrumentenkombination entfalten die Werke eine neue Authentizität – und das ist vor allem den beiden jungen Musikern mit ihrem Gespür für Klangbalance und Nuancen zu verdanken.
Virtuose Interaktion
Schon beim Eröffnungsstück, einer Transkription von Manuel de Fallas La vida breve, wird deutlich, wie geschickt Florian Kohlscheen und Nico Graz ihre jeweiligen Rollen miteinander ausbalancieren. Das Bandoneon entführt den Hörer mit funkelnden und schwebenden Tönen in eine Welt voller emotionaler Spannungen, während die Gitarre mit feinsinniger Virtuosität und einer Mischung aus kraftvollen Akzenten und lyrischen Passagen antwortet. Diese intime Wechselwirkung sorgt nicht nur in diesem Meisterwerk für Tiefe und Spannung. Auch in Isaac Albéniz’ Asturias zeigt sich die hervorragend verzahnte Interaktion zwischen den beiden Instrumenten, die der Komposition eine ganz neue Ausstrahlung verleiht. Die Gitarre trägt dramatische, rasche Läufe, während das Bandoneon eine fast bedrohliche Sogkraft erzeugt. Die gesamte fantasievolle Reise auf dieser Aufnahme wird von einem klug und abwechslungsreich gestalteten Spannungsbogen vorangetrieben. Die Diktion wechselt geschickt zwischen treibenden, temperamentvollen Passagen und lyrischen, beinahe sakral wirkenden Momenten. Enrique Granados’ Goyescas in der Bearbeitung für Gitarre und Bandoneon entfaltet sich als intensiver Dialog zwischen den beiden Instrumenten. In Stücken wie Quique Sinesis Tanguillo verschmelzen folkloristische Elemente mit jazziger Improvisationsfreiheit, was die rhythmische Brillanz des Duos auf beeindruckende Weise zur Geltung bringt. Diese Mischung aus Spontaneität und präziser Rhythmusführung verleiht der Musik eine mitreißende Energie.
Spielerisch und tiefgründig
Heitor Villa-Lobos’ Cantilena und Agustín Barrios Mangorés La Cañada entführen den Hörer in die weiten, wehmütigen Landschaften Brasiliens und Paraguays. Gitarrist Florian Kohlscheen meistert die virtuosen Anforderungen von Villa-Lobos mit tänzerischer Leichtigkeit, während Nico Graz dem Bandoneon pulsierende Klänge entlockt. Mit Egberto Gismontis Anunciação erreicht das Album eine weitere Dimension, indem es die Grenzen zwischen klassischer Musik und folkloristischer Tradition verwischt. Die melancholischen Harmonien der Gitarre verschmelzen hier mit den rhythmischen Ausbrüchen des Bandoneons und schaffen eine transzendente, beinahe ekstatische Atmosphäre.
Das Album „La vida breve‟ begeistert durch seine Gestaltung und die präzise Feinzeichnung der Musik. Beeindruckend ist die harmonische Zusammenarbeit zwischen Gitarre und Bandoneon, die stets ausgewogen und einfühlsam erscheint. Kohlscheen und Graz schaffen es, die Werke nicht nur technisch brillant zu interpretieren, sondern auch eine klare rhetorische Struktur zu vermitteln. Dabei gelingt es ihnen, den Spannungsbogen des gesamten Albums über die verschiedenen Stile und Tempi hinweg intelligent zu führen – der Wechsel zwischen treibenden, temperamentvollen Passagen und lyrischen, ruhigen Momenten sorgt für einen musikalischen Fluss, der den Hörer fesselt. Wer die Musik der auf diesem Album vertretenen Komponisten liebt, wird sich über die frische, zugleich respektvolle Interpretation freuen.
Stefan Pieper [21.01.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Manuel de Falla | ||
1 | Danza primera aus Dos Danzas de La vida breve | 00:03:46 |
Isaac Albéniz | ||
2 | Asturias op. 47 Nr. 5 – Leyenda | 00:07:13 |
3 | Cataluña op. 47 Nr. 2 – Courante | 00:04:55 |
Enrique Granados | ||
4 | Andaluza op. 35 Nr. 5 (aus: Doce danzas españolas) | 00:04:22 |
5 | Epílogo (aus: Escenas románticas) | 00:02:37 |
Quique Sinesi | ||
6 | Cielo Abierto | 00:05:13 |
Egberto Gismonti | ||
7 | Agua e vinho | 00:03:46 |
Agustín Pío Barrios Mangoré | ||
8 | Allegro solemne aus La Catedral | 00:03:54 |
Heitor Villa-Lobos | ||
9 | I. Ária (Cantilena) aus Bachianas Brasileiras Nr. 5 | 00:05:05 |
Marco Pereira | ||
10 | Bate Coxa | 00:03:54 |
Interpreten der Einspielung
- Duonova (Duo, Gitarre, Bandoneon)