Bruckner 4

Version 1888

Profil CD PH23086

1 CD • 59min • 2023

07.06.2024

Künstlerische Qualität:

Klangqualität:

Gesamteindruck:

Klassik Heute
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Der Dirigent Gerd Schaller führt mit der Philharmonie Festiva, die er 2008 ins Leben rief, nach und nach sämtliche Fassungen der Symphonien Anton Bruckners auf. Im August 2023 wurde in der Klosterkirche Ebrach die Spätfassung der 4. Symphonie, der sogenannten „Romantischen“, in einer Live-Aufnahme eingespielt. Die Version aus dem Jahr 1888 diente einst als Stichvorlage für den Erstdruck von 1889 und wurde vom Komponisten gebilligt. In einem Interview, das im Booklet in deutscher und englischer Sprache wiedergegeben ist, macht Schaller deutlich, dass er keine Wertung der einzelnen Fassungen vornehmen möchte, da jede ihre Eigenart hat. Im Vergleich zur häufig gespielten Version von 1878/80 fällt jedenfalls auf, dass bei der Instrumentation deutliche Retuschen, vor allem beim Einsatz der Bläser, vorgenommen wurden.

Durchsichtige Live-Aufnahme

Maßgebend ist indessen, dass die Neuaufnahme auf faszinierende Weise Räumlichkeit mit Durchsichtigkeit verbindet. Das Orchester, in dem sich Musiker aus verschiedenen Spitzenklangkörpern zusammenfinden, bietet unter Schallers überlegener Leitung sowohl im Tutti als in den solistischen Einwürfen eine Leistung aus einem Guss. Man nimmt als Hörer den Nachhall des Kirchenschiffs wahr, ohne dass dabei Details verlorengehen. Die Tempi sind sorgsam gewählt, so dass große Spannungsbögen, verbunden mit einer zwingend gestalteten Dynamik, sich aufbauen können. Der romantische Charakter des Werks kommt ohne aufgesetzte Sentimentalität zum Tragen, so dass Bruckners Äußerungen zu programmatischen Bezügen als Werbung in eigener Sache verstanden werden dürfen, ohne dass ihre Bedeutung überbewertet wird.

Fasslichkeit und Kunstfertigkeit

Bruckner bezeichnete seine „Vierte“ selbst als „das fasslichste und populärste seiner Werke“, eine Meinung, die bis heute Bestand hat. Zugleich macht Gerd Schallers Interpretation aber deutlich, dass in den vier so unterschiedlichen Sätzen höchste Kunst zuhause ist, genährt aus den Wurzeln Bach und Beethoven, die bei aller Eigenständigkeit und Originalität Bruckners als Vorbilder erkennbar bleiben.

Das lesenswerte Booklet-Interview widmet sich der Frage nach den Fassungen dieser Symphonie sowie nach der Resonanz, die das Werk bei seinen Zeitgenossen hervorgerufen hat. Auch die Eigenart der unergründlichen Persönlichkeit des Meisters kommt zur Sprache.

Prof. Klaus Trapp [07.06.2024]