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Besprechung CD/SACD stereo/surround

StanisŁaw Moniuszko

Requiem Aeternam

MDG 902 2278-6

1 CD/SACD stereo/surround • 63min • 2022

14.07.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Stanisław Moniuszko (1819–1872) wird gerne als Vater der polnischen Nationaloper bezeichnet, insbesondere angesichts seines erfolgreichsten Werks, der Oper Halka. Sicherlich, und ähnlich wie etwa bei Glinka oder Dargomyschski, mit denen Moniuszko persönlich bekannt war, bildet die Vokalmusik den Schwerpunkt von Moniuszkos Schaffen, etwa seine zahlreichen Lieder, die in Polen große Popularität genießen. Demgegenüber etwas im Schatten steht seine geistliche Musik, und hier setzt die vorliegende neue SACD an, auf der Andrzej Szadejko das Danziger Goldberg Baroque Ensemble leitet, gemeinsam mit den Sängern des (ostdeutschen) Gellert Ensembles.

Weltlich geprägte Litaneien vom Tor der Morgenröte

Den Grundstock und Rahmen des Albums bilden Moniuszkos Ostrobramer Litaneien Nr. 1–3 (von insgesamt vieren), geistliche Kantaten in jeweils fünf knapp gehaltenen Sätzen. Ihr Titel bezieht sich auf das Tor der Morgenröte (oder eben polnisch Ostra brama) in Vilnius, wo Moniuszko zur Zeit ihrer Entstehung als Organist an der Johanniskirche wirkte. Orientiert sich die erste Litanei, entstanden 1843, noch deutlich an Mozart, erweitert und erneuert Moniuszko in den folgenden seine stilistische Palette, harmonisch schon wesentlich kühner und expressiver etwa das Agnus dei, das die zweite Litanei beschließt. In der dritten steht in der Mitte ein fast theatralisch anmutendes Sancta Maria, wie eine kleine Opernszene (vielleicht à la Rossini), und im Agnus dei wird das abschließende Amen regelrecht zelebriert, von demütigem Zögern hin bis zum rauschenden Dur-Schluss. Dabei sind diese Werke gekonnt auf die eher beschränkten Möglichkeiten (speziell des Orchesters) angepasst, die Moniuszko bei ihrer Komposition zu berücksichtigen hatte; oft besteht die Funktion des Orchester vor allem darin, die Vokalstimmen zu grundieren und zu verstärken oder kleinere Überleitungen und Kommentare zu liefern, etwas emanzipierter, auch koloristischer eingesetzt wird es insbesondere in der dritten Litanei. Generell sind die Werke melodiös, ja volkstümlich-liedhaft gehalten, manchmal sogar ein wenig tanzartig, es ist, wie Szadejko im Beiheft treffend feststellt, in der Tat eine durchaus weltlich geprägte geistliche Musik.

Ein Kurzrequiem als Preziose

Die Entwicklung, die man also in den Litaneien feststellt, erscheint im Requiem aeternam noch wesentlich verstärkt. Es handelt sich hierbei um kein ausgewachsenes Requiem, sondern um eine lediglich knapp fünfminütige sogenannte „geistliche Kantate“ in cis-moll in etwa aus dem Jahr 1868. Die nicht weniger als elf Soloparts mögen zunächst kurios anmuten, aber tatsächlich sorgen die vielfach aufgefächerten Gesangsstimmen, zusammen mit der nun dezidiert romantisch anmutenden Instrumentierung (wesentlich geprägt durch Harfenklänge, gerade dann, wenn dieses Requiem schon recht bald eine eher milde, friedliche Wendung nimmt), für ein recht eigenes, originelles Profil, die das Werk zu einer kleinen Preziose und vielleicht dem Höhepunkt dieser CD machen. Weiter enthalten sind zwei Orchestrierungen der Antiphon Sub tuum praesidium (im Stile einer frühromantischen Arie) sowie der späten Motette Ecce lignum crucis, die deutlich schmerzlichere, expressiv zugespitztere Töne anschlägt als die Litaneien; der Orchestrator ist in beiden Fällen Moniuszkos Schüler Zygmunt Noskowski, der selbst ein kompetenter Komponist (und, anders als Moniuszko, auch Sinfoniker) war. Schließlich handelt es sich im Falle des Trauermarsches sehr wahrscheinlich um eine Orchestrierung Moniuszkos einer Komposition Antoni Orłowskis, womöglich sogar anlässlich von dessen Beerdigung.

Historisch informierte Einspielungen

Die Interpretationen sind deutlich von den Paradigmen historisch informierter Aufführungspraxis geprägt, d.h. man begegnet einem sparsam besetzten Orchester (mit nur 15 Streichern), tendenziell raschen Tempi, Verkürzung bzw. dynamischer Abschwächung langer Notenwerte sowie Verzicht auf Vibrato. Positiv zu vermerken ist die Transparenz der Gesangsparts und die Herausarbeitung der polyphonen Strukturen. Was den Einspielungen (speziell im Orchester) allerdings abgeht, ist ein gewisses Maß an Wärme und Volumen. Generell von den Bläsern dominiert, wirkt spätestens im größer besetzten Trauermarsch das Klangbild und speziell die Balance zwischen Streichern, Blech und Schlagzeug unbefriedigend. Ebenso könnte man in den Litaneien so manche Begleitfiguren und Überleitungen kantabler, romantischer ausschwingen lassen (Celli im 4. Satz der 1. Litanei ab 1:38, Beginn des 3. Satzes der 2. Litanei); Details wie die duftig-eleganten Cellopizzicati im 1. Satz der 2. Litanei (ab 1:49) könnten stärker in den Vordergrund gerückt werden. Der Charme, die Anmut und der melodiöse Schmelz, den diese Werke ausstrahlen können, kommen in der soliden („unhistorischen“) CD-Einspielung aller vier Litaneien unter der Leitung von Henryk Wojnarowski besser zur Geltung. Sehr gut gelungen ist Szadejkos Begleittext. Unterhaltsame Musik, punktuell auch immer wieder mit durchaus originellen Wendungen.

Holger Sambale [14.07.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Stanislaw Moniuszko
1Requiem Aeternam 01:02:38

Interpreten der Einspielung

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