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Hans Rott

Symphonie E-Dur

Ambiente-Audio ACD-2046

1 CD • 64min • 2022

24.06.2023

Künstlerische Qualität:

Klangqualität:

Gesamteindruck:

Ein Kuriosum schlägt ein weiteres Kuriosum: Erstes Kuriosum ist die E-Dur-Symphonie, die Hans Rott mit zwanzig Jahren schrieb – seine einzige Symphonie, denn kurz darauf (1884) starb er mit nur 25 Jahren in der „Niederösterreichischen Landes-Irrenanstalt“. Brahms soll als Mitglied der Prüfungskommission am Wiener Konservatorium nicht nur „höhnisch gelacht“, sondern auch dazu beigetragen haben, dass diese Symphonie nicht aufgeführt wurde. Erst 100 Jahre später erlebte sie ihre Uraufführung. Doch Gustav Mahler lobte die Symphonie und Rott, der für ihn „der eigentliche Erfinder der neuen Symphonie, wie ich sie verstehe“, gewesen sei. Und auch Bruckner sprach von ihm als sein begnadetster Orgel-Schüler. Diese Symphonie also, deren Sätze sich vom Monumentalen ins Monströse steigern, sich musikalisch wie Ossa auf den Pelion türmen und sich gegenseitig an Länge übertrumpfen, verbinde – so heißt’s im Booklet – „Wagner mit Brahms (und so gewissermaßen auch Bruckner mit Mahler)“. Und in der Tat wagnert’s und brucknert’s und brahmst’s in dieser Symphonie, vor allem mahlert’s deutlich mit „Urlicht“-Klängen, weihevollem Strömen, einem monumental-wuchtigem Landler im 3. Satz und einem riesigen und ausuferndem Orgelpunkt samt überraschendem Beckenschlag. Alles klingt irgendwie bedeutsam, es bleibt aber unklar, was es bedeutet.

Vielfalt der Registratur und Potenz der Schwellwerke

Das weitere Kuriosum ist, dass Andreas Jetter, Dommusikdirektor an der Kathedrale von Chur, diese titanische Symphonie für Orgel arrangiert hat. Das reizt natürlich, weil die Symphonie viel Orgelmäßiges, Choräle und Hymnen hat sowie riesengroße Steigerungen. Die Riesenorgel dafür fand er in der Steinmeyer-Orgel in der Berliner Corpus-Christi-Kirche. Hier kann Jetter schwelgen im manchmal unheimlich klingenden Piano des zweiunddreißigfüßigen Prinzipalbasses (vor allem im 4. Satz), kann die Vielfalt der Registratur und die Potenz der Schwellwerke ausreizen – was er weidlich tut. Natürlich nimmt diese Orgelversion viele Orchesterfarben weg, dafür bündelt sie die oft auseinanderstrebenden musikalischen Strukturen und manchmal sich ins Nichts aufbauenden Steigerungen besser. Jetter lässt uns auch im Booklet die Faszination für diese Musik spüren und beschreibt ausführlich und geradezu liebevoll die Entwicklung der einzelnen Sätze.

Die Orgel verstärkt auch den Hauch von Sakralität und kurialer Würde der Musik vor allem im langsamen zweiten Satz mit den vielen „schönen Stellen“. Jetter bleibt im dritten Satz mit den monumentalen Landlern und den Naturbildern „frisch und lebhaft“, wie die Satzbezeichnung lautet, bis hin zum orgiastisch wilden Schluss. Und wie eine verdoppelte Bruckner-Orgel wirkt dann das Finale mit Urlichtklängen, Sturmgebraus, Choral, Hymnus, Fuge und langem Orgelpunkt.

Besonderes Lob gebührt hier dem Toningenieur, der den durch die große Kirche wallenden Klang der Orgel bündig eingefangen hat: Man spürt die Klangwogen beim Hören geradezu körperlich.

Rainer W. Janka [24.06.2023]

Komponisten und Werke der Einspielung

Interpreten der Einspielung

• Andreas Jetter (Orgel)