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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Reflections

Romain Nosbaum Piano

Ars Produktion ARS 38 326

1 CD/SACD stereo/surround • 76min • 2021

04.12.2021

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Romain Nosbaum lässt unter dem Motto der ’Reflections’ höchst unterschiedliche Werke, eigentlich maximal entfernt voneinander, aufeinander folgen – dem Gedanken folgend, dass sich einmal mehr um innere ‚Reflexion‘ (Bach), einmal mehr um äußere ‚Spiegelungen‘ (Ravel) zu gehen scheint, um mit der statisch-gleichförmig in sich kreisenden Klangmeditation In a Landscape vom jungen John Cage (1948) zu schließen. Dabei gelingt ihm eigentlich Cage am besten, denn was Nosbaum am besten beherrscht, ist die Kunst maximaler Gleichförmigkeit, also eben auch: so gut wie keinen Ton herausstechen zu lassen, und das wird viel öfter gebraucht, als vielen bewusst ist.

Auch Bach in sich kreisend

Andererseits geht die konsequente Vertiefung dieser monochromen Fähigkeit bei Johann Sebastian Bachs 6. Partita weitgehend auf Kosten der weitausschwingenden Phrasen, des intuitiv größer sich erschließenden Zusammenhangs, und gerade in den langsameren Sätzen (also vor allem in der Sarabande) baut sich so fast gar keine Spannung auf, die Musik scheint auch hier in sich kreisen zu wollen, wo sie doch eigentlich moduliert und verschiedenen Zielen zustrebt, um erst zum Schluss wieder ‚in den Hafen‘ zurückzukehren. Nun denn, hier bleibt die Musik eher (Zeichen dieser Zeit?) zuhause, und dann, wo sie nicht nach draußen geht, muss sie natürlich auch nicht den Weg zurück machen. In anderen Sätzen, mit ausgeprägt markant rhythmischem Charakter (besonders in der Gavotta) ist das Ergebnis spannungsreicher und fesselnder, doch die Schluss-Gigue hat keine Spannkraft, was mit zu schwerer Betonung der ‚schweren Taktzeiten‘ zu tun hat – und was nicht abhebt, muss auch nicht landen. Alles bleibt hier auf dem Boden, und vielleicht ist das ja der Wille des Interpreten.

Dynamik in der Komfortzone

Maurice Ravels Miroirs gehören, ähnlich dem Gaspard de la nuit, zu seinen anspruchsvollsten, heikelsten Werken, die mit der höchsten Befähigung des hochsensiblen Pianisten ebenso stehen oder fallen wie mit der Qualität des Flügels. Was mich hier durchgehend wundert, ist, dass Nosbaum den dynamischen Vorschriften der Partitur so gut wie keine Berücksichtigung angedeihen lässt. Da steigert sich die Musik in wenigen Takten vom pianissimo zum fortissimo, und der Unterschied ist kaum bemerkenswert ausgeführt – sicher hängt das öfters auch damit zusammen, dass die Register die Steigerung (oder genauso das Verebben) nicht unterstützen, sondern erschweren. Aber was haben große Pianisten, große Musiker daraus gemacht! Ich möchte jetzt gar nicht so weit gehen, Dinu Lipatti mit der Alborada del gracioso und andere Heroen höchster Verfeinerung und musikantischer Verve zugleich vor Romain Nosbaums Nase zu hängen, aber das bleibt doch alles für meinen Geschmack viel zu sehr in der Komfortzone, und es würde mich wirklich interessieren, wie das gelänge, wenn sich der Pianist ernsthaft darum bemühen würde, die der Musik innewohnende Dynamik, wie Ravel sie in den Vortragsangaben angedeutet hat, tatsächlich zum Ausdruck zu bringen. So, wie es jetzt klingt, erscheint es mir nivelliert. Man könnte es auch gediegen nennen. Oder die Suche nach Gleichförmigkeit auch in dynamischer Hinsicht.

Fragezeichen

Das ‚Abenteuer Ravel‘, das ich so sehr liebe, kann ich hier nicht erspüren. Und bei Bach wäre es vielleicht doch ein guter Rat, zu studieren, wie die großen Meister es gemacht haben (unter den heutigen zum Beispiel ganz gewiss Murray Perahia). Mein Eindruck ist, dass die pianistischen Ressourcen von Romain Nosbaum weit umfassender sind als hier manifestiert wird. Für mich bleiben daher einige Fragezeichen.

Der Aufnahmeklang ist in Ordnung, unterstützt jedoch nicht das Nachempfinden eines realen Konzertraums. Gediegen ist auch der gewissenhaft verfasste Booklettext von Claus-Dieter Hanauer.

Christoph Schlüren [04.12.2021]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Partita Nr. 6 e-Moll BWV 830 00:34:11
Maurice Ravel
8Noctuelles (aus: Miroirs) 00:05:20
9Oiseaux tristes (aus: Miroirs) 00:04:32
10Une barque sur l'océan (aus: Miroirs) 00:08:31
11Alborada del gracioso (aus: Miroirs) 00:06:52
12La Vallée des cloches (aus: Miroirs) 00:05:48
John Cage
13In A Landscape 00:10:11

Interpreten der Einspielung

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