Ottorino Respighi
Transcriptions of Bach & Rachmaninov
BIS 2350
1 CD/SACD stereo/surround • 59min • 2017
02.05.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Als Ottorino Respighi 1929-30 seine großorchestralen Arrangements Bach’scher Orgelwerke verfasste, war dies insbesondere in den USA eine Mode, die in ähnlichen Bearbeitungen von Leopold Stokowski gipfeln sollte, doch auch in Europa wurde derart pompös dem Bach-Kult gehuldigt. Zunächst schrieb Respighi 1929 seine Fassung von Präludium und Fuge in D-Dur BWV 523 für Fritz Reiner in Cincinnati, dann 1930 für Arturo Toscanini in New York die berühmt gewordene Fassung der Passacaglia und Fuge in c-moll BWV 582 und die Tre Corali nach Chorpräludien für Orgel (Nun komm, der Heiden Heiland, Meine Seele erhebt den Herrn und Wachet auf ruft uns die Stimme). In den drei Chorälen kommt am ehesten die romanische Natur Respighis zum Ausdruck, tatsächlich haben diese Arrangements in ihrer melancholischen Anmut etwas anrührend Persönliches und heben sich damit beispielsweise von denen Stokowskis spürbar ab. Präludium und Fuge in D-Dur ist aus heutiger Sicht offenkundig eine Vorstufe zur dramaturgisch phänomenalen, durchaus auch römisch-eigentümlichen Bearbeitung der C-Moll-Passacaglia, die nicht umsonst den nachhaltigsten Erfolg erzielte.
Im selben Jahr entstanden auch, mit ausdrücklicher Billigung des Komponisten, die Orchestrationen von fünf der Rachmaninov’schen Etudes-Tableaux (aus op. 33 und op. 39). Dank der Korrespondenz zwischen Komponist und Bearbeiter wissen wir heute von den versteckten Programmen dieser fünf Stücke, die Rachmaninov eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen lassen wollte. Diese mächtigen Orchesterfassungen stehen zu den originalen Klavierstücken ungefähr so wie die wenige Jahre zuvor entstandene Orchesterfassung der Mussorgsky’schen Bilder einer Ausstellung durch Maurice Ravel – und wie diese wurde auch die Rachmaninov/Respighi-Verschmelzung von Serge Koussevitzky für sein Bostoner Orchester in Auftrag gegeben und uraufgeführt.
Großartige Klangregie
In John Neschlings über die Jahre verteiltem Respighi-Zyklus für BIS Records ist diese Zusammenstellung der populärsten Bearbeitungen des italienischen Meisters eine glanzvolle Ergänzung der Originalkompositionen. Das Orchestre Philharmonique de Liège spielt auf dem Niveau, das man mittlerweile von hochsubventionierten Klangkörpern aus Zentraleuropa erwarten darf. Ich habe mich immer wieder gewundert, warum so wenig Wert auf mit konstanter Stärke gehaltene Töne gelegt und oftmals auch deutlich zu kurz und abgerissen artikuliert wird. Komponisten der ausgehenden Spätromantik wissen als mit allen Wassern gewaschene Orchesterzauberer ganz genau, was sie vorschreiben, und die schlampigen Manieren der sogenannten historischen Aufführungspraxis haben hier eigentlich gar nichts zu suchen. Auch sind viele Akkorde nicht so balanciert, dass sich eine wirklich einheitliche, alles klar zum Vorschein bringende Mischung ergibt. Das alles lässt womöglich darauf schließen, dass man sich dieser Aufgabe doch etwas nebenher entledigt hat.
Großartige Klangregie hat im September 2017 in der Lütticher Philharmonie das Aufnahmeteam von BIS geleistet: Tontechniker Bastian Schick und Aufnahmeleiter (und nachbearbeitender Produzent) Dirk Lüdemann zaubern die Illusion eines weit ausgeglicheneren, feinnuancierteren Orchesters in den virtuellen Raum, als dies wohl tatsächlich der Fall war. Exzellent, mit allen wichtigen (auch exakten) Informationen, ist der Booklettext von Jean-Pascal Vachon.
Christoph Schlüren [02.05.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 | 00:10:02 |
4 | Passacaglia und Fuge c-Moll BWV 582 | 00:15:13 |
5 | Nun komm, der Heiden Heiland BWV 659 | 00:03:59 |
6 | Meine Seele erhebet den Herren BWV 648 | 00:01:00 |
7 | Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645 | 00:05:14 |
Sergej Rachmaninow | ||
8 | La mer et les mouettes a-Moll op. 39 Nr. 2 | 00:07:12 |
9 | La foire h-Moll op. 39 Nr. 4 | 00:01:58 |
10 | Marche funèbre c-Moll op. 39 Nr. 7 | 00:06:05 |
11 | La chaperon rouge et le loup a-Moll op. 39 Nr. 6 | 00:03:07 |
12 | Marche D-Dur op. 39 Nr. 9 | 00:03:33 |
Interpreten der Einspielung
- Orchestre Philharmonique Royal de Liège (Orchester)
- John Neschling (Dirigent)