Schubert
Works for Pianos Four Hands
Telos Music TLS 246
1 CD • 75min • 2019
30.10.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In den einschlägigen Schubert-Monographien und -Musikführern firmiert dessen Klaviermusik für vier Hände meist unter „Gesellschaftsmusik“. Das mag für die vielen Tänze gelten – aber viele Stücke sind für das Zusammenspiel mit der jungen Komtesse Karoline von Esterházy geschrieben, in die sich Franz Schubert während seines Sommeraufenthaltes auf Schloss Zélesz im Jahre 1818 – natürlich vergeblich – verliebt hatte. So manches dieser Stücke ist gewidmet „dem schlanken, zarten Mädchen mit den seltsam verträumten Augen‟, der Schubert nach der Erinnerung eines gemeinsamen Freundes, des Freiherrn von Schönstein, das Kompliment gemacht haben soll: „Ihnen ist ja ohnehin alles gewidmet.“ So erzählt Bernhard Baumgartner in seiner Schubert-Monografie. Deswegen ist diese Klaviermusik für vier Hände nicht „Gesellschaftsmusik“, sondern ganz zweisamkeits-intime, herzöffnende Musik. In der Familie Esterházy erzählt man sich noch heute, dass sich beim Spiel dieser Klavierstücke deswegen so häufig die Hände überkreuzen, damit sie sich genauso häufig berühren könnten.
Liebe liegt im Spiel
Und etwas von dieser sommerlichen fröhlich-unbeschwerten Atmosphäre und etwas von dieser zarten unausgesprochenen Liebe liegt auch im Spiel von Adrienne Soós und Ivo Haag. Es ist ein Spiel voller Delikatesse und lyrischer Empfindsamkeit, es ist dezent und geschmackvoll und von Sommersonnigkeit durchglüht. Als „von zierlicher Bauart, mozartisch angehaucht, rückgewendet, prachtvoll geschlossen“ apostrophiert Baumgartner die Sonata in B-Dur Op. 30 D 617, und so spielt das Klavier-Duo auch: sowohl zierlich-deliziös als auch prachtvoll geschlossen.
Hervorragend zeichnet das Klavierduo nach, wie das Thema der Acht Variationen über ein eigenes Thema As-Dur D 813 sich immer wieder zum Moll hinneigen will und sich dann doch in den Variationen ins Orchestral-Majestätische steigert, sich dann in Schmerzlich-Träumerische verliert, wie Musik, die sich selber nachlauscht und schließlich am Ende herzschlag-bebend wird.
Con delicatezza gespielt
Der Ton der Beiden bleibt auch in den heftigsten Lebensstürmen D 947 und im Rondo A-Dur D 951 rund, hat dramatischen Zug in den „manchmal bis zur Klobigkeit geballten“ (Bernhard Baumgartner) Forte-Passagen, wirkt dazwischen wie pointilistisch hingetupft oder in duftig-weiches Sfumato getaucht. Gibt es doch heitere Musik, obwohl Schubert meint, eine solche kenne er nicht? Die Acht Variationen über ein Thema aus der Oper Marie von Hérold D 908 beginnen durchaus heiter, ja humorvoll, finden aber dann doch erst in den Moll-gefärbten Variationen zu Größe und Tiefe. Die „con-delicatezza“-Spielweise von Adrienne Soós und Ivo Haag findet prächtige Unterstützung in dem weichen, runden, aber durchaus voluminösen Klang des verwendeten Bösendorfer-Flügels.
Rainer W. Janka [30.10.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Sonate B-Dur op. 30 D 617 für Klavier zu vier Händen | 00:18:33 |
4 | Variationen über ein Originalthema As-Dur op. 35 D 813 für Klavier zu vier Händen | 00:17:25 |
14 | Allegro a-Moll op. 144 D 947 (Lebensstürme) | 00:11:40 |
15 | Grand Rondeau A-Dur op. 107 D 951 für Klavier zu vier Händen | 00:11:22 |
16 | Acht Variationen über ein Thema aus Hérold's Marie op. 82 Nr. 1 D 908 | 00:12:44 |
Interpreten der Einspielung
- Adrienne Soós (Klavier)
- Ivo Haag (Klavier)