Mirabile Mysterium
Choral music for Christmas from different countries & eras
cpo 555 318-2
1 CD • 59min • 2018
16.12.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Diese CD versammelt viele Advents-Klassiker der Chormusik, aber auch einige Überraschungen. Das 1996 von Matthias Jung gegründete und geleitete Sächsische Vokalensemble gehört wohl zu den besten deutschen A-capella-Chören: Sehr kompakt und lebendig-dicht ist der Chorklang, dazu oft schwebend leicht, vor allem bei den Männerstimmen, da wird nie auf die Stimme gedrückt. Insgesamt orientiert sich der Klang am Klang der Knabenchöre – Matthias Jung hat sowohl beim Tölzer Knabenchor als auch beim Dresdner Kreuzchor gewirkt. Der Sopranklang ist gerade und klar, ein bisschen eingedunkelt und vermeidet alles Sopranspitzige. Berückend sind die Pianissimi, die sich oft am Ende ins Unhörbare verlieren. Die Solisten sind Chorsänger, die auch mal Solo singen, und nicht Solisten, die notgedrungen im Chor singen.
Manchmal entstehen die Pianissimi auch aus dem Unhörbaren – damit wären wir bei den Überraschungen: Mystisch glühend beginnt Maria durch ein Dornwald ging in der Bearbeitung von Günter Raphael, vor allem aber die Bearbeitung von Es ist ein Ros‘ entsprungen von Jan Sandström: Wie traumgeboren entsprießt das Lied aus einem dunklen Chorcluster. Wie schimmerndes Gold ist der Chorklang bei Lux aurumque von Eric Whitacre, herbscharf in Auf dem Berge, da gehet der Wind in der Bearbeitung von Felix Woyrsch, chromatisch „bitter“ und nicht romantisch verschwimmend in Max Regers Unser lieben Frauen Traum.
Die größte Überraschung ist das titelgebende Mirabile mysterium von Jacobus Gallus: fünfstimmig ist diese Motette, wirkt aber vielstimmiger und vor allem ganz modern in den Anfangsakkorden, die wie zögernd und staunend nach der richtigen Tonart suchen: geradezu bestürzend modern. Ausdrucksstarke Dynamik zeigt der Chor im Ave Maria von Josef Rheinberger, das inspiriert zu sein scheint von einer Orgel mit verschieden registrierten Manualen und mit einem veritablen Schweller, all dies in einem angemessen fließenden Tempo, das nicht romantisierend zerfließt, wohingegen die Tempi in Ecce virgo concipiet von Heinrich Isaac und in Nun komm der Heiden Heiland von Johannes Eccard sehr breit, ja behäbig angelegt sind.
Aber ab Track 4 (dem nur allzu bekannten Machet die Tore weit) werden die Tempi beschwingter, flüssiger, die Freuden-Rufe in der Schütz-Motette O lieber Herre Gott sind ins Hymnische, fast schon Hysterische gesteigert, da knallen die Konsonanten richtig schön. Prachtvoll entfaltet sich in Monteverdis Ave maris stella die fast schon instrumentale Achtstimmigkeit, Matthias Jung unterscheidet da sogfältig zwischen der monumentalen Blockhaftigkeit der Außensätze und dem eher figurativ-bewegten Mittelteil, auch hier fasziniert die dynamische und natürlich sich steigernde und am Ende sich ins Kirchendunkel verflüchtigende Dynamik: insgesamt eine Demonstration reinster A-capella-Chorkunst, die im letzten Choral (Ich steh an deiner Krippen hier) sich ebenso schlicht wie kraftvoll darbietet.
Alle Texte sind abgedruckt, die einzelnen Chorwerke sind knapp und treffend beschrieben (Meinhardt Möbius), die Dresdner Annenkirche bietet den passenden akustischen Rahmen.
Rainer W. Janka [16.12.2019]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Heinrich Isaac | ||
1 | Ecce virgo concipiet | 00:01:55 |
Johannes Eccard | ||
2 | Nun komm, der Heiden Heiland | 00:03:07 |
Günter Raphael | ||
3 | Maria durch ein Dornwald ging | 00:04:23 |
Andreas Hammerschmidt | ||
4 | Machet die Tore weit | 00:01:49 |
Claudio Monteverdi | ||
5 | Vespro della Beata Vergine (Marienvesper, 1610) | 00:03:41 |
Heinrich Schütz | ||
6 | O lieber Herre Gott, wecke uns auf op. 11 No. 13 SWV 381 | 00:03:10 |
7 | Tröstet, tröstet mein Volk op. 11 No. 14 SWV 382 | 00:03:14 |
Josef Rheinberger | ||
8 | Ave Maria | 00:02:21 |
Max Reger | ||
9 | Und unser lieben Frauen Traum | 00:02:01 |
Jacobus Gallus | ||
10 | Mirabile mysterium | 00:03:04 |
Carl Thiel | ||
11 | In dulci jubilo | 00:01:59 |
Felix Woyrsch | ||
12 | Auf dem Berge, da geht der Wind | 00:02:03 |
Eric Whitacre | ||
13 | Lux aurumque | 00:03:41 |
Jan Sandström | ||
14 | Es ist ein Ros' entsprungen | 00:04:25 |
Herbert Howells | ||
15 | A spotless rose | 00:03:04 |
John Rutter | ||
16 | I wonder as I wander | 00:02:50 |
Antonín Tučapský | ||
17 | A child is born in Bethlehem | 00:01:50 |
Morten Lauridsen | ||
18 | O Magnum Mysterium | 00:05:51 |
Johannes Eccard | ||
19 | Ich steh an deiner Krippen hier | 00:04:05 |
Interpreten der Einspielung
- Sächsisches Vocalensemble (Chor)
- Matthias Jung (Dirigent)