Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD/SACD stereo/surround

Beethoven

Yevgeny Sudbin

BIS 2208

1 CD/SACD stereo/surround • 63min • 2014, 2016

09.04.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Bald 40 Jahre alt, hat sich der in England lebende Petersburger Pianist Yevgeny Sudbin seit nunmehr vielen Jahren – als Exklusivkünstler des audiophilen schwedischen Labels BIS – als einer der feinsten Musiker seiner Generation hervorgetan, dessen pianistische Kultur, Geschmack und erstaunliche Vielseitigkeit Publikum und Kritiker begeistern und inspirieren. Dass er als Solist im deutschen Musikleben noch immer nur sporadisch zu erleben ist, darf als Beweis der nach wie vor bestehenden Kulturgrenze zwischen Mitteleuropa und der angelsächsischen Welt gelten, was durch den Brexit vielleicht sogar noch verstärkt werden könnte.

Sudbin ist ein exzellenter Rachmaninoff-, Scriabin- oder Medtner-Spieler, hat sich auch bei Scarlatti wohltuend profiliert, und hat einen sowohl intellektuellen als auch intuitiven Bezug zu Beethoven, der musikantische Kernigkeit und faszinierenden Klangsinn vereint. In den Aufnahmen der Klavierkonzerte Beethovens ist das nicht unbedingt so eindeutig erfahrbar, da hier das Dirigat ein offenkundig ästhetisch divergierendes Ziel verfolgt. Daher ist diese Aufnahme der beiden letzten Klaviersonaten opp. 110 und 111, gekoppelt mit den späten Bagatellen (welch’ fein zusammenstimmendes Programm!) besonders willkommen und aussagekräftig sowohl bezüglich des Komponisten als auch des Aufführenden.

Sudbin versteht es glänzend, das spontan Fesselnde mit dem übergeordneten Erfassen der organisch sich entfaltenden Gesamtform zu verbinden: man erlebt sowohl ein unvorhersehbares Abenteuer als auch eine erfüllende Kontinuität, die sowohl das kathartisch Aufgipfelnde als natürliche Konsequenz opponierender Kräfte erfahrbar macht als auch die finale Versöhnung (auch in der gewaltigen, vom seufzenden Belcanto-Rückbezug durchbrochenen Schlussfuge der As-Dur-Sonate!) als unvermeidliche Transzendenz der aufeinanderprallenden Welten, die nunmehr sich zu einer einzigen zusammenschließen. Da ist so viel Großartiges in den Darbietungen, dass die etwas schwächeren Anteile nur geringfügig ins Gewicht fallen können. Erstaunlich wenig auch ist Sudbin hier von den Fallen der interpretierenden Tradition belastet, denn offenkundig ist er ein Sucher nach dem Wesentlichen. Ich wünschte ihm eigentlich nur noch eine gelegentlich bewusstere Bassführung (gerade im Kopfsatz von op. 110, dort auch gleich zu Beginn) und elegantere Lösungen für eigenmächtige kleine Rubati, wo Beethoven diese nicht vorgeschrieben hat (im wuchtigen Scherzo von op. 110, wo ich in dieser Hinsicht am ehesten einen gewissen grobgliedernden Traditionsballast spüre, und wo mich auch stört, dass das gewöhnliche so massiv ins Fortissimo umgedeutet ist – wobei Sudbins hohe Kultiviertheit ihn auch da davor beschützt, in dieser Musik je das Klavier als Schlaginstrument zu missbrauchen: alles klingt). Ansonsten bin ich als Hörer schon weitgehend sehr glücklich und finde: er ist einer der Besten heute, auch im wunderbar durchmeditierten Schlusssatz und in der gezügelten Kraft im Kopfsatz von op.111 (Michelangeli bleibt hier, ganz auf seine Weise, unangetastet als von den Zeitläuften niemals verdrängbarer König aller Pianisten, aber wer ihm so nahe kommt wie Sudbin, darf wirklich für einen Moment stolz sein!) und in der äußerst fantasiereichen Gestaltung der herrlichen Bagatellen, deren ungewöhnlicher poetischer Rang hier ganz besonders deutlich wird. Wunderbar!

Wunderbar ist auch das superb plastische und nuancengerechte Klangbild in der Obhut von Marion Schwebel, die BIS seinem Ruf als Top-Adresse der Audiophilie wieder absolut gerecht wird, und sehr fein erspürt und ausgesprochen der Booklettext vom Pianisten selbst. Eine rundum stimmige Produktion, für anspruchsvolle Beethovenianer und Klavierliebhaber geradezu ein Muss, an der kaum etwas auszusetzen bleibt. Die Kritik sei insofern mit höchster Vorsicht genossen und bestätigt primär das exzellente Niveau.

Christoph Schlüren [09.04.2019]

Anzeige

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Klaviersonate Nr. 31 As-Dur op. 110 00:17:27
4Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111 00:27:03
6Bagatelle op. 126 Nr. 1 – Andante con moto cantabile e compiacevole 00:02:44
7Bagatelle op. 126 Nr. 2 – Allegro 00:02:28
8Bagatelle op. 126 Nr. 3 – Andante cantabile e grazioso 00:02:30
9Bagatelle op. 126 Nr. 4 – Presto 00:03:44
10Bagatelle op. 126 Nr. 5 – Quasi Allegretto 00:01:56
11Bagatelle op. 126 Nr. 6 – Presto - Andante amabile e con moto 00:03:53

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

16.03.2022
»zur Besprechung«

Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1
Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1

12.08.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1
Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1

10.04.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244
Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244

18.02.2020
»zur Besprechung«

Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS
Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS

Anzeige

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

Anzeige