Walter Braunfels
Quintet for String Orchestra op. 63a, Sinfonia Concertante op. 68
cpo 777 579-2
1 CD • 70min • 2007, 2009
13.08.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Diskographie der Kompositionen von Walter Braunfels ist im Laufe des letzten Jahrzehnts höchst erfreulich vermehrt worden. Es scheint sich unter Musikern herumgesprochen zu haben, welche Fundgrube großartiger Musik das Schaffen dieses Komponisten darstellt. So kann man sich mittlerweile namentlich über seine Orchestermusik und orchesterbegleiteten Vokalwerke einen umfassenden Überblick auf CD verschaffen. Freilich warten noch einige Kompositionen darauf, den Weg auf den Tonträger zu finden. Ulf Schirmer, einer der tatkräftigsten Anwälte der Braunfelsschen Musik und als Uraufführungsdirigent der Szenen aus dem Leben der heiligen Johanna noch in guter Erinnerung, hat jetzt mit dem Münchner Rundfunkorchester eine solche diskographische Lücke geschlossen und die Ersteinspielung der Sinfonia concertante op. 68 vorgelegt. Das ebenfalls eingespielte Streichquintett op. 63 gelangt hiermit bereits zum dritten Mal auf die Scheibe, nun allerdings erstmals in der Fassung für Streichorchester aus der Feder von Frithjof Haas, einem Schüler des Komponisten.
Beide Werke stammen aus dem letzten Lebensjahrzehnt ihres Schöpfers und entstanden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beziehungsweise kurz danach. In beiden herrschen Molltonarten vor. Die Bevorzugung chromatischer Linienführung und daraus resultierender dissonanter Zusammenklänge verschafft ihnen einen ernsten, strengen Grundton, wobei das Quintett nach drei Moll-Sätzen in ein demonstrativ lustiges Schlussrondo mündet, dessen tapsiges Refrainthema lange im Ohr bleibt. Im Finale der Sinfonia concertante spitzt Braunfels dagegen die zuvor aufgebaute Spannung noch zu und schließt mit unerbittlich motorischer Bewegung. Dieses Werk für Violine, Viola, zwei Hörner und Streicher ist mehr Symphonie als Konzert. Die beiden Hörner fungieren als eine aufs Minimum reduzierte und gerade dadurch besonders deutlich aus dem Klangbild hervorstechende Bläsergruppe, während die Solo-Streicher nur gelegentlich im Gegensatz zum Streichertutti, meist aber innerhalb desselben als führende Stimmen wirken. Durch die Aussparung gewinnt das Klangbild an Schärfe, und Braunfels zeigt hier meisterlich, welche Klangfülle aus dem begrenzten Instrumentarium hervorgeholt werden kann. Die Instrumentationsphantasie des Komponisten ist so unerschöpflich, dass man mitunter kaum glauben mag, wie wenige Spieler hier tatsächlich beteiligt sind. Frithjof Haas stand als Instrumentator seinem Lehrer nicht nach, wie sein Arrangement des Quintetts zu einem einfallsreichen Wechselspiel chorischer und solistischer Streicher hörbar beweist.
Die Kompositionen sind bei Ulf Schirmer in kompetenten Händen. Er hält die Streicher des Münchner Rundfunks in wohlabgewogenem klanglichen Gleichgewicht, so dass die Feinheiten der Braunfelsschen Instrumentation deutlich zu Tage treten. So gehen etwa in der Symphonie Sologeige und -bratsche auch dann nicht im Tutti unter, wenn sie leise Begleitfiguren auszuführen haben. Auch der Vortrag wirkt beinahe durchweg stimmig. Einzig dem Kopfsatz des Quintetts hätte ich in den vom Hauptthema beherrschten Abschnitten kräftigere Akzente gewünscht. Verglichen mit der kammermusikalischen Ersteinspielung des Werkes durch die Artists of the Royal Conservatory klingt mir Schirmers Deutung des Anfangs zu zaghaft.
Der umfangreiche Einführungstext Eckhardt van den Hoogens, der scharfsinnig über Walter Braunfels als einen Künstler seiner Zeit reflektiert, rundet diese insgesamt sehr gelungene Produktion trefflich ab und sei zur Lektüre ausdrücklich empfohlen.
Norbert Florian Schuck [13.08.2018]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Walter Braunfels | ||
1 | Streichquintett fis-Moll op. 63a (Fssg. für Streichorchester) | 00:40:37 |
5 | Sinfonia Concertante op. 68 | 00:29:27 |
Interpreten der Einspielung
- Henry Raudales (Violine)
- Norbert Merkl (Viola)
- Karl Reitmayer (Horn)
- Marc Ostertag (Horn)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Ulf Schirmer (Dirigent)