Monodialogue
Works for Viola Solo by Telemann, Hindemith, Stravinsky and Wiesenberg
Genuin GEN 16423
1 CD • 57min • 2015
14.10.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Man könnte fast mit geometrischen oder mathematischen Strukturen jene Logik nachzeichnen, mit welcher der Violaspieler Guy Ben-Ziony auf seiner aktuellen CD das musikalische Material organisiert. Eine Grundsubstanz steht im Zentrum, von der sich neues ableitet und wieder zum Ausgangspunkt zurückführt. Am Ende steht ein allumfassendes, kolossales Fazit. Es geht um komponierte Musik für das solistische Streichinstrument. Dafür wurden vor allem in der Barockmusik die Grundlagen für die heutige musikalische Gegenwart gelegt. Exemplarisch dafür stehen auf dieser CD Georg Philipp Telemanns Fantasien Nr. 10, Nr. 6 und Nr. 1. Die ursprünglich für Violine gesetzten Fantasien gönnen sich Freiheiten und räumen sie ihren Interpreten ein. Sehr klug demonstrieren die von Guy Ben-Ziony gewählten Stücke die Auswirkung der alten Musik auf Komponisten swe frühern Moderne und Gegenwart. Paul Hindemith greift den architektonischen Gestus barocker Vorbilder auf, aber macht sie mit neuer Harmonik zur ureigenen Sache: Er hat seine Sonate op. 25 vor allem für sich selbst komponiert, da er selbst Viola spielte.
Auch Igor Strawinsky bediente sich aus dem barocken Erbe, vor allem in seiner neoklassizistischen Phase. Aber ein „typischer Strawinsky“ ist die von Guy Ben-Ziony hier gespielte Elegy nun nicht. Aus einer Invention mit Fugato-Teil entsteht vielmehr eine introvertierte Trauermusik. Ordnend greift danach eine weitere Telemann-Fantasie ein, um zum finalen, titelgebenden Werk dieser CD überzuleiten - zur Komposition Monodialogue von Menachem Wiesenberg, einem Landsmann von Guy Ben-Ziony. Wieder mutet die Grundidee formal streng an: Ein Sprachspiel, das der großen Bratschistin Tabea Zimmermann huldigt, „übersetzt“ deren Vornamen in eine Tonfolge, aus der sich ein hochkomplexes Spektrum an Ableitungen, Klangeffekten, rhetorischen Gesten und virtuos verschachtelten Läufen ableitet.
Doch der Hörgenuss dieser in der Leipziger Bethanienkirche aufgenommenen CD mit Guy Ben-Ziony ist weit mehr als eine intellektuelle Erfahrung. Man darf in jedem Moment eintauchen in das erzählende, ruhig fließende, manchmal fast einer spirituellen Beschwörung gleichkommende Spiel. Ben-Ziony hat das, was einen wirklich großen Spieler auszeichnet: einen unverkennbar-markanten Ton, der schon beim ersten Hören seine Botschaft klarstellt. Dabei hat er es nie nötig, sich durch zu viel Emphase allzu vordergründig zu produzieren. Kontrollierte tänzerische Anmut bringt er in den bewegten Parts der Fantasien zum swingen. Dann wieder meditiert, verweilt und singt sein Spiel. Vor allem bei Hindemith atmet es eine fast verstörende Modernität, versinkt später umso zerbrechlicher in Strawinskys elegischem Klagelied und bäumt sich schließlich in vielen expressiven Momenten im finalen Monodialogue auf. Schließlich bleibt Guy Ben-Zionys Violaspiel nicht für sich allein. Denn eine hohe Gesangsstimme mischt sich ein, wird zum einfühlsamen Partner in den letzten verklingenden Melodien dieses Werks.
Stefan Pieper [14.10.2016]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Fantasie No. 10 D major TWV 40:23 for Violin solo – Presto - Largo - Allegro | 00:05:06 |
Paul Hindemith | ||
2 | Sonate op. 25 Nr. 1 für Viola solo | 00:16:08 |
Georg Philipp Telemann | ||
7 | Fantasie No. 6 e minor TWV 40:19 for Violin solo – Grave - Presto - Siciliana - Allegro | 00:08:55 |
Igor Strawinsky | ||
8 | Élégie für Viola solo (1944) | 00:05:37 |
Georg Philipp Telemann | ||
9 | Fantasia Nr. 1 B-Dur TWV 40:14 für Violine solo | 00:07:49 |
Menachem Wiesenberg | ||
10 | Fantasy für Viola solo (Monodialogue) | 00:13:08 |
Interpreten der Einspielung
- Guy Ben-Ziony (Viola)