Taneyev • Glazunov
String Quintets
BIS 2177
1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2014
25.02.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zwei herausragende Kammermusikwerke der russischen Romantik sind auf dieser CD des Züricher Gringolts-Quartetts (mit Christian Poltéra als zusätzlichem Cellisten) vereint. Mit Sergej Tanejew und Alexander Glasunow sind zugleich zwei der wichtigsten Protagonisten der beiden konkurrierenden Metropolen Moskau und St. Petersburg vertreten: Tanejew, der hoch angesehene, umfassend gebildete Kontrapunktiker und Glasunow, dem die Musik mit Leichtigkeit und Eleganz aus der Feder zu fließen schien.
In beiden Quintetten ist das Streichquartett durch ein zweites Cello ergänzt (Tanejews nur wenige Jahre nach dem ersten entstandenes Zweites Streichquintett bevorzugt dann eine zusätzliche Bratsche).
Tanejew eilte zuweilen der Ruf eines „akademischen“ Komponisten voraus, dessen unbestrittene Meisterschaft mehr in kontrapunktischer Strenge als in musikalischer Emotion zu finden sei. Wie sehr dieses Urteil in die Irre führt, möge sein hier eingespieltes, 1901 vollendetes Erstes Streichquintett op. 14 belegen: Ein Meisterwerk, in dem sich höchste kompositorische Kunst mit leidenschaftlichem Ausdruck vereint. Der erste der drei Sätze präsentiert sich als groß angelegter Sonatensatz, der in manchem an klassisch-romantische Vorbilder gemahnt. Zupackende Virtuosität kennzeichnet den mitreißenden zweiten Satz, der mit raffinierten Effekten, wie flächigen Triolenketten, Trillern und Doppelgriffpassagen aufwartet. Eine (mit fast zwanzig Minuten Spieldauer) ebenso umfangreiche wie vielgestaltige Variationenfolge beschließt das Werk in Form von zehn Charaktervariationen eines lyrischen Themas. Hier demonstriert Tanejew mit bewundernswertem Einfallsreichtum die ganze Bandbreite seines Ausdrucksvermögens.
Alexander Glasunows fast ein Jahrzehnt früher entstandenes Quintett op. 39 von 1892 gibt sich weit gelassener, „romantischer“. Viersätzig in der Anlage, zeigen sich bereits im lyrischen Kopfsatz große Unterschiede zu Tanejews stürmerischem Ernst. Ein originelles Scherzo mit zauberhaften Pizzicato-Passagen schließt sich an, gefolgt von einem Andante-Satz und einem rustikalen Finale „à la russe“.
Man kann dem Gringolts-Quartett mit Christian Poltéra zu dieser Einspielung nur gratulieren: Nicht allein treffen die Musiker stets den richtigen Charakter, sondern wahren – bei aller Expressivität und hohem dynamischem Kontrast – immer auch die klangliche Transparenz, die besonders im Falle von Tanejews so „durchwirkter“ Partitur geradezu essentiell ist. Glasunows Quintett hingegen hält mit seinen charakteristischen häufigen Wechseln des Binnentempos für den Interpreten Schwierigkeiten besonderer Art bereit. Und auch hier gelingt den fünf Musikern eine überaus organisch empfundene Fassung, die den Hörer im besten Sinne des Wortes agogisch (gr. agein = führen) an die Hand nimmt. Wenn ein kritischer Satz zu dieser insgesamt vorzüglichen Aufnahme erlaubt sei, müsste man den Primarius Ilya Gringolts ins Feld führen, der vor allem in Tanejews Quintett dynamisch etwas im Schatten bleibt. Ansonsten bewegt sich alles auf bekannt hohem BIS-Niveau, auch der kompetente Einführungstext von Andrew Huth.
Freunde romantischer Kammermusik sollten sich diese Neueinspielung nicht entgehen lassen.
Heinz Braun † [25.02.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Sergej Tanejew | ||
1 | Streichquintett Nr. 1 G-Dur op. 14 | 00:36:29 |
Alexander Glasunow | ||
13 | Streichquintett A-Dur op. 39 | 00:29:00 |
Interpreten der Einspielung
- Gringolts Quartett (Streichquartett)
- Christian Poltéra (Violoncello)