Johann Helmich Roman
Sonatas for Flute and Basso Continuo
BIS 2105
1 CD/SACD stereo/surround • 70min • 2013
13.03.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Johan Helmich Roman (1694-1758) – aufgrund seines umfassenden Œuvres und seines einflussreichen Wirkens in Schweden mit dem Titel „Vater der schwedischen Musik“ ausgezeichnet – war Sohn eines Musikers der schwedischen Hofkapelle. Mit ihr debütierte er als 7-jähriges Wunderkind auf der Geige und wurde mit 16 Jahren in dem königlichen Ensemble angestellt. 1715 schickte König Karl XII. ihn in die weite Welt hinaus: Das Ziel war die englische Hauptstadt London mit ihrem internationalen Musikleben. Hier spielte er in Händels Opernorchester, betrieb Studien in Generalbass und Komposition bei Johann Christoph Pepusch und Attilio Ariosti und fand schließlich eine Anstellung beim Herzog von Newcastle, die ihm zahlreiche Kontakte in der Londoner Musikszene sicherte. Nach seiner Rückkehr in die schwedische Heimat stieg sein Stern schnell auf: 1721 wurde er Vize-Hofkapellmeister, 1727 rückte er an die Spitze der Hofmusik.
Diese CD ist mit den ersten fünf Sonaten der Beginn einer Gesamteinspielung der 12 Flötensonaten aus der Feder Johan Helmich Romans. Die bereits früher komponierten Werke, Roman hat sie als „Jugendwerke“ bezeichnet, erschienen 1727 im Druck. Bereits 1726 wurde ihre Veröffentlichung von Georg Philipp Telemann, der von Hamburg aus als deutscher Agent Romans wirkte, in einer Annonce angekündigt: Telemann lobt die Werke wegen ihrer „lebhaften und sehr anmutigen Composition“ und hebt auch den „saubern und accuraten Kupferstich“ hervor: Das war damals keine Selbstverständlichkeit, der diesbezüglich leidgeprüfte Telemann hat selbst die Anfertigung von Druckplatten im Kupferstich erlernt, um fehlerhafte Ausgaben seiner Werke zu vermeiden. In der Tat sticht diese Ausgabe, was die editorische Sorgfalt betrifft, unter zeitgenössischen Notendrucken hervor.
Ursprünglich waren die Werke für die Traversflöte bestimmt (auf der sie auch in den beiden Vergleichseinspielungen erklingen). Der Blockflötensolist Dan Laurin hat sich indessen entschlossen, sie auf sein Instrument zu übertragen. Ein solcher Austausch zwischen beiden Flöten ist zweifellos auf dem schwedischen Heimatmarkt auch zu Romans Zeit geschehen: Die Traversflöte war im Norden in erster Linie ein Instrument höfisch geprägter Schichten, die Blockflöte jedoch von alters überaus verbreitet. Ein breites Interesse an den gedruckten Noten dieser Flötensonaten (sie erschienen übrigens als einzige Werke Romans zu seinen Lebzeiten im Druck) war also nur zu erreichen, wenn sich auch Liebhaber der Blockflöte dafür interessierten. Romans Sonate a flauto traverso, violone e cembalo wurde jedenfalls auf breiter Front angeboten, man konnte sie sogar in Kramläden finden, wo sie sich neben Musikinstrumenten (darunter wesentlich mehr Block- als Traversflöten) im Sortiment befanden.
In den beiden bereits erschienenen Aufnahmen dieser Sonaten mit Traversflöte gehen Verena Fischer, Klaus-Dieter Brandt und Léon Berben mit liebenswerter Frische zu Werke; Maria Bania, Jane Gower, Thomas Pitt und Lars-Ulrik Mortensen zeigen sich hingegen differenzierter: Das erweist sich schon am abwechselnden Einsatz von Fagott und Cello im Continuo, hier entstehen reizvolle Klangfarben; auch in Bezug auf Tonschönheit ist Maria Bania Verena Fischer überlegen. Im Vergleich der drei Einspielungen gebührt am Ende doch Dan Laurin die Krone: Mit herrlich weicher Tongebung und einer staunenswerten Fertigkeit auf seinem Instrument, die allerdings nie in circensische Selbstdarstellung ausartet, balanciert er ebenso virtuos wie der Komponist auf der Grenze zwischen Spätbarock und galanter Musik des neapolitanischen Stils, den diese Stücke als Grundlage nie verleugnen. Dabei wird Laurin bestens unterstützt von seinen Mitstreitern des Ensembles Paradiso, die mit ebenso lebendigem wie abwechslungsreichem Continuospiel begeistern (bei dem gelegentlichen Einsatz der Barockgitarre könnten manche Anderen hier lernen, dass auch dieses Instrument subtil klingen kann, ohne vorgeblich temperamentvollen Klampfenunterton).
Die besondere Atmosphäre dieser Aufnahme, und was die beiden Mitbewerberinnen und ihre Ensembles letztendlich ins Hintertreffen geraten lässt, zeigt sich exemplarisch am vierten Satz der vierten Sonate: Verena Fischer und Maria Bania nehmen die Bezeichnung Vivace wörtlich und schlagen ein forsches Tempo an; Dan Laurin hingegen entdeckt hinter diesem Stück das Muster einer Musette und musiziert klanglich höchst differenziert und mit bezwingender Eleganz. So entsteht hier im vorwiegend italienischen Umfeld dieser Sonaten eine kleine französische Impression: Die Assoziation an einen fröhlichen, von den Klängen einer Drehleier begleiteten französischen Rundtanz verleiht diesem Satz einen unwiderstehlichen Charme. Man sollte die Fortsetzung dieser Gesamteinspielung von Johan Helmich Romans Flötensonaten nicht versäumen!
Vergleichseinspielungen: Verena Fischer (Traversflöte), Klaus-Dieter Brandt (Violoncello), Léon Berben (Cembalo), Naxos 8.570492-93 (AD: 2007). Maria Bania (Traversflöte), Jane Gower (Fagott), Thomas Pitt (Violoncello), Lars-Ulrik Mortensen (Cembalo), Caprice 22060 (AD: 2006)
Detmar Huchting [13.03.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johan Helmich Roman | ||
1 | Sonate Nr. 1 G-Dur BeRI 201 für Flöte und B.c. | 00:15:43 |
6 | Sonata Nr. 2 D-Dur BeRI 202 für Flöte und B.c. | 00:10:38 |
10 | Sonate Nr. 3 c-Moll BeRI 203 für Flöte und B.c. | 00:12:34 |
15 | Sonate Nr. 4 G-Dur BeRI 204 für Flöte und B.c. | 00:15:29 |
21 | Sonata Nr. 5 e-Moll BeRI 205 für Flöte und B.c. | 00:14:35 |
Interpreten der Einspielung
- Dan Laurin (Blockflöte)
- Paradiso Musicale (Ensemble)