Ars Produktion ARS 38 167
1 CD/SACD stereo/surround • 63min • 2014
14.01.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Etwas überspitzt gesagt, ist es durch die breite Durchsetzung der sogenannten historisch informierten Aufführungspraxis mittlerweile deutlich schwieriger geworden, Mozarts Klavierkonzerte adäquat aufzuführen; so überraschend das auch sein mag. Das Problem ist ein grundsätzliches: Immer mehr Orchesterleiter der jüngeren Generation sind von den Historisierern beeinflußt. Das dadurch erzielte Klangbild verträgt sich jedoch nur schlecht mit dem großen und viel modulationsreicheren Ton des modernen Konzertflügels. Wenn also eine Pianistin oder ein Pianist nicht zugunsten eines Cembalos oder Hammerklaviers auf die Möglichkeiten des Flügels verzichten will, ergibt sich ein ästhetischer, historischer und nicht zuletzt klanglicher Widerspruch.
In der vorliegenden, an sich sehr interessanten Einspielung zweier Klavierkonzerte Mozarts in A-Dur, des nicht so häufig gespielten KV 414 und des berühmten KV 488, wiederholt sich, was jüngst Lang Langs Produktion zweier Klavierkonzerte mit Nikolaus Harnoncourt (bei Sony) empfindlich eingeschränkt hatte: dass ein moderner Konzertflügel und ein historisch informiertes Orchester nicht notwendig in einem fruchtbaren Spannungsverhältnis zueinander stehen müssen. Die junge kroatische Pianistin Matea Leko verfügt über einen durchaus ansprechenden Legato-Ton, der eher von Fülle gekennzeichnet ist, wozu auch der ausgiebige Pedalgebrauch beiträgt. Kurz: Sie spielt Mozart konventionell, mit empfindsamer, manchmal gar leicht romantisierender Agogik, während Johannes Schlaefli am Pult des Kurzpfälzischen Kammerorchesters ein – mittlerweile ja übrigens selbst konventionelles – historisierendes Klangbild erzeugt, mit vibratoarmen Streichern, wenig Legato und eher unruhiger „sprechender“ Artikulation.
Das führt beispielsweise im langsamen Satz des Konzertes A-Dur KV 414 dazu, dass eine belcantistisch, mit Wärme gespielte Gesangsphrase des Flügels von einem vibratolosen Unisono-Ton der fahlen Streicher begleitet wird. Das paßt schlicht nicht zusammen und wirkt weniger spannungsvoll denn als veritabler Anachronismus – wie eine Armbanduhr in einem Historienfilm. Dieser Eindruck setzt sich in den Kopfsätzen fort, in denen Leko gleichmäßiger, klassischer agiert als Schlaefli, der das an sich gute Orchester zu ständiger Bewegtheit ermuntert. Diese Sehnsucht nach Vitalisierung schlägt im Finale des Konzertes KV 488 in Rastlosigkeit um, in deren Atmosphäre es etwa keine kräftigen Tuttischläge gibt, gleichsam kein Punkt und Komma, und daher auch zuwenig artikulatorische Gliederung. Andererseits kann der berühmte tieftraurige Adagio-Satz aus KV 488 hier keinen melancholischen Zauber verbreiten, weil Matea Leko ihn als Solistin allzu robust angeht.
Kritisch ist auch die Ergänzung des Programms durch die Sinfonie Es-Dur op. 4/3 von Ignaz Holzbauer zu sehen. Da hätte man Unbekanntes von weit höherer Qualität finden können; allein das wiederholte, sinnlose Sprudeln der Fagotte im Kopfsatz wäre Mozart oder Haydn mit ihrem akuten Gespür dafür, wie lange man an einem Gedanken festhalten kann, nie unterlaufen. Interessant, aber nicht unproblematisch wirkt diese ganze Produktion.
Prof. Michael B. Weiß [14.01.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Konzert Nr. 12 A-Dur KV 414 für Klavier und Orchester | 00:24:05 |
Ignaz Holzbauer | ||
4 | Sinfonie Es-Dur op. 4 Nr. 3 | 00:13:26 |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
8 | Konzert Nr. 12 A-Dur KV 414 für Klavier und Orchester | 00:25:24 |
Interpreten der Einspielung
- Matea Leko (Klavier)
- Kurpfälzisches Kammerorchester (Orchester)
- Johannes Schlaefli (Dirigent)