Sibelius
The Origin of Fire
BIS CD 1525
1 CD • 72min • 2005, 2001, 2006
21.03.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Inzwischen hat der eine oder andere Leser meiner Kommentare vielleicht bemerkt, daß ich für Jean Sibelius einiges übrig habe, besser: daß ich seinen großen Werken eine Wertschätzung entgegenbringe, die eher in den angelsächsischen Kulturraum oder in die Heimat des Meisters gehörte. Man mag darin einen genetischen Defekt sehen – ich stehe dazu, ohne freilich bislang je den nächstliegenden Fehler begangen und alles kritiklos goûtiert zu haben, was der Mann zu Papier gebracht hat (es wäre dies auch eher zelotische Blindheit als echte Verehrung). So blieb mir beispielsweise bei der Veröffentlichung des Albums Lied der Erde (BIS 1365) nichts anderes übrig, als den enzyklopädischen und interpretatorischen Eifer der Ausführenden zu preisen, die dort zusammengefaßten Studien- und Gelegenheitswerke hingegen als das zu markieren, was sie waren, sind, und immer bleiben werden – Studien- und Gelegenheitswerke.
Eine Ausnahme gibt es auf dieser CD, und das ist, wie ich seinerzeit schrieb, die „Kantate Die gefangene Königin op. 48, die Sibelius zu den Hundertjahrfeiern für den finnischen Staatsmann und Philosophen Johan Vilhelm Snellman (1806-1881) beisteuerte und die tatsächlich das faszinierend kantige Profil des großen Finnen verrät.” Just diese Kantate ist auf der aktuellen Veröffentlichung in der 1910 entstandenen, mithin vier Jahre jüngeren Bearbeitung für Männerstimmen und Orchester zu hören, und wieder ist der Eindruck mächtig-gewaltig. Mit dem nicht unbedeutenden Unterschied jedoch, daß die Qualität der hier versammelten Chorwerke insgesamt wieder jenes Niveau erreicht, das für mich über jeden Zweifel erhaben ist. Der Ursprung des Feuers op. 32 nach dem Kalevala, die „Improvisation” Sandels op. 28 mit einem Text aus Fähnrich Stahls Erzählungen von Johan Ludvig Runeberg und das patriotische Hast du Mut? op. 31 Nr. 2 auf Worte von Josef Julius Wecksell vertragen sogar ihr zwiefaches Vorhandensein: Am Ende des Programms sind die Urfassungen der drei Stücke zu hören, und selbst, wenn Sibelius bei den Revisionen ein wenig gestrafft oder poliert hat, so wirkt die Wiederholung in umgekehrter Reihenfolge doch eher steigernd als historisch belehrend oder „vollständigkeitshalbern.“
Das liegt vor allem natürlich an dem echtesten Sibelius, der hier allenthalben emporsprudelt, und es liegt auch wieder an Osmo Vänskä, der diesesmal als Hauptakteur neben dem Sinfonieorchester aus Lahti den Männerchor YL (Ylioppilaskunnan Laulajat, was sonst?) hat aufmarschieren lassen, dessen Tradition bis vor die Zeit der Kullervo-Symphonie zurückreicht. Dazu in Der Liebende („Rakastava”) der schöne Tenor von Ton Nyman, im Ursprung des Feuers die Bombenstimme des Baritons Tommi Hakala, ein durchweg fabelhafter Aufnahmeklang, eine informative Einführung – dafür muß es die volle Punktzahl geben.
Rasmus van Rijn [21.03.2007]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | The Origin of Fire op. 32 (revidierte Fassung, 1910) | |
2 | Sandels (revidierte Fassung, 1915) | |
3 | Have You Courage? op. 31 Nr. 2 (revidierte Fassung 1911) | |
4 | The Captive Queen op. 48 (1906) | |
5 | March of the Finnish Jäger Battalion op. 91a (1917/1918) | |
6 | The Rapids-Rider's Brides op. 33 (1897) | |
7 | The Lover JS 160b (1894) | |
8 | Har du mod? op. 31 Nr. 2 (vierte Fassung 1914) | |
9 | Sandels op. 28 (Originalfassung 1898) | |
10 | The Origin of Fire op. 32 (Originalfassug, 1902) |
Interpreten der Einspielung
- Tommi Hakala (Bariton)
- Tom Nyman (Tenor)
- YL Male Voice Choir (Männerchor)
- Lahti Symphony Orchestra (Orchester)
- Osmo Vänskä (Dirigent)