cpo
Seit Beginn der 80er Jahre gibt es das Label cpo (classic production osnabrück) als Plattenfirma des Versandhandelshauses jpc. Von Anfang an hat sich cpo auf klingende Raritäten spezialisiert und sich damit Meriten erworben. Komponisten und Werke tauch(t)en aus der Tiefe der Geschichte und der Gegenwart auf, von denen einiges mittlerweile zum Begriff geworden ist: Allan Pettersson, Erich Wolfgang Korngold, Robert Volkmann, die einzige erhaltene Oper von Heinrich Ignaz Franz Biber und vieles mehr. Dabei ging es nicht nur um unbekannte Tonsetzer, sondern auch um vernachlässigte Werke bekannter Komponisten, etwa mit einer Gesamtaufnahme der Lieder von Hans Pfitzner, sämtlicher Lieder Carl Loewes, wie überhaupt ein gewisser Drang nach der Totalen zu erkennen ist. cpo bietet umfangreiche Werkschauen von Paul Hindemith, Ludwig Spohr, Johann Christian Bach, Darius Milhaud oder Hans Pfitzner.
Label-Highlights
Julius Bittner
String Quartets 1 & 2
Thomas Christian Ensemble
cpo 555 645-2
1 CD • 63min • 2023
29.12.2025 • 9 9 9
Dieses Album schließt eine bedeutende Lücke im Streichquartett-Repertoire und erweitert unsere Wahrnehmung der österreichischen Musik aus der Umbruchszeit zur Moderne auf herzerwärmende Weise. Wer darauf fixiert ist, dass der Wiener Julius Bittner (1874-1939) im gleichen Jahr wie Schönberg und Franz Schmidt geboren ist, und daraus die Forderung nach Modernität ableitet, wird schwer enttäuscht, wenn nicht abgestoßen sein. Bittner ist noch weit traditioneller in seiner Tonsprache gewesen, und zwar sein Leben lang, als etwa seine auch mit mancherlei Spott bedachten konservativen Kollegen Joseph Marx oder Karl Weigl. Obwohl die Zeitgenossenschaft bei genauem Hinhören doch unverkennbar, hat seine Musik einen urwienerischen Tonfall (Bookletautor Otto Biba arbeitet sich in seinem Text sichtlich ratlos an der Zuordnung ‚österreichisch‘ ab), dass man sich so ganz aus der Zeit gehoben fühlen kann: Da tönen Schubert und Lanner, die Strauß-Dynastie und der ländlerische Aspekt Anton Bruckners wider, immer wieder hat das Ganz in seiner nostalgischen Lieblichkeit und zierlichen Beweglichkeit ein fast Rokoko-haftes Flair.
Johann Nepomuk David
Symphonies 3 & 7
ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Johannes Wildner
cpo 777 964-2
1 CD • 63min • 2014
22.12.2025 • 10 10 10
Zwar ist der österreichische Komponist Johann Nepomuk David (1895–1977) nie völlig vergessen gewesen: viele seiner Werke wurden zu seinen Lebzeiten für den Rundfunk aufgenommen, einiges seiner Orgel- und Chormusik ist auf Tonträger eingespielt worden, und als Lehrer etlicher Komponisten aus dem deutschsprachigen Raum fällt sein Name ohnehin immer wieder. Auch etwa im Harenberg Konzertführer, erschienen 1996, erfährt David eine Würdigung nebst Vorstellung ausgewählter Werke, so etwa seiner acht Sinfonien – keine Selbstverständlichkeit angesichts einer Begrenzung auf 200 Komponisten. Umso erstaunlicher eigentlich, dass von diesen Sinfonien nur eine einzige jemals auf Tonträger erhältlich gewesen ist, bevor cpo vor nun auch schon wieder mehr als zehn Jahren die vorliegende, höchst verdienstvolle Serie begann, die – in langsamem Tempo fortschreitend – nun bei Folge 3 angelangt ist, diesmal mit den Sinfonien Nr. 3 & 7. Wie gewohnt leitet Johannes Wildner das ORF Radio-Symphonieorchester Wien.
Vítězslav Novák
Piano Concerto • Signorina Gioventu • Nikotina
cpo 555 359-2
1 CD • 64min • 2023
17.12.2025 • 9 9 9
Der tschechische Komponist Vítěslav Novák (1870 – 1949) war zeitweise Schüler von Antonín Dvořák. Dass er von seinem Lehrer eine Menge gelernt hat, ist aus seinem frühen, 1895 komponierten Klavierkonzert zu erkennen, das erst zwanzig Jahre später in Prag uraufgeführt wurde. Das aus drei ineinander übergehenden Sätzen bestehende Werk erinnert in Diktion und Instrumentierung an den berühmten Lehrer, kann es aber an Erfindungsreichtum mit dessen Orchesterwerken nicht aufnehmen. Allzu kurzatmig wirken viele Abschnitte, auch wenn der Klavierpart virtuose wie eingängige Passagen bietet und die Orchesterpartitur farbig angelegt ist. Aus der Ferne lässt Chopin grüßen, dessen Einfluss durchaus erkennbar ist.
Alberto Ginastera • Maurice Ravel
Minguet Quartett
cpo 555 633-2
8 CD • 69min • 2019, 2022, 2024
15.12.2025 • 9 9 9
In der recht stattlichen Diskographie des Minguet Quartetts lassen sich zwei grundsätzliche Schwerpunkte ausmachen: zeitgenössische Musik auf der einen Seite (für Labels wie Wergo, Neos und col legno) und (spät-) romantisches Repertoire auf der anderen (ganz besonders für cpo, aber auch MDG, Tacet und CAvi); wenigstens diskographisch dominieren dabei eindeutig Komponisten aus dem deutschen Sprachraum. Insofern begibt sich das Quartett mit dem vorliegenden Album in gewisser Hinsicht auf neues Terrain, wenn es diesmal für cpo um den großen argentinischen Komponisten Alberto Ginastera (1916–1983) geht, ergänzt um Maurice Ravels F-Dur-Quartett.
Ture Rangström
Complete Symphonies • Chamber Works
cpo 555 768-2
4 CD • 4h 06min • 1995,1998
11.12.2025 • 9 9 9
Vier Komponisten waren es in Schweden, die die sogenannte Nationalromantik von der Jahrhundertwende bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus als Hauptrepräsentanten vertraten: Wilhelm Stenhammar (1871-1927), Hugo Alfvén (1872-1960), Ture Rangström (1884-1947) und Kurt Atterberg (1887-1974). Alle vier waren bedeutende Symphoniker. Auch wenn Alfvén und insbesondere Atterberg äußerst beschlagene Meister ihres Fachs von großen lyrischen und auch dramatischen Qualitäten waren, so sind für mich doch die zu früh verstorbenen engen Freunde und Weggefährten Stenhammar und Rangström die eigentlichen Genies jener Epoche in diesem Land, das so viele große Komponisten hervorbrachte, jedoch vor Allan Pettersson und Anders Eliasson keine überragende Identifikationsfigur, wie dies Norwegen durch Edvard Grieg, Finnland durch Jean Sibelius und Dänemark durch Carl Nielsen vergönnt war. Dadurch wird Schweden auf diesem Gebiet bis heute nicht seiner eigentlichen Bedeutung entsprechend wahrgenommen, und es erklingen nur selten schwedische Werke in unseren Konzertsälen.
Reinhard Keiser
Der Carneval von Venedig
cpo 555 581-2
2 CD • 2h 01min • 2022
08.12.2025 • 9 9 9
Wieder einmal hat sich das barockwerk hamburg unter seiner Leiterin Ira Hochman als Perlentaucher im Meer der Barock-Oper betätigt und mit Der angenehme Betrug oder der Carneval von Venedig von Reinhard Keiser einen kleinen Schatz gehoben, der bei seiner Uraufführung 1707 am Hamburger Theater am Gänsemarkt Furore gemacht und bald viele Nachfolger gefunden hatte. Die Adaption und Rekonstruktion ist nicht nur von großem musikhistorischem Interesse, sondern hat für ein Publikum von heute auch einigen Unterhaltungswert.
César Franck • Charles-Marie Widor
Christian Schmitt • Bamberger Symphoniker • Fabien Gabel
cpo 555 632-2
1 CD • 62min • 2023
17.11.2025 • 10 10 10
César Franck hat leider nur eine Symphonie geschrieben, ein paar Symphonische Dichtungen, Oratorien und natürlich eine Menge Orgelwerke, derentwegen er vor allem in die Musikgeschichte eingegangen ist. Dass sein symphonisches Schaffen trotzdem einen vertieften Blick wert ist, zeigt sich immer wieder, nicht zuletzt weil gerade die stilistische Verbindung zu den Orgelwerken zu manch spannender Einsicht verhilft. Jetzt gibt es noch einen Grund mehr, sich diesem Schaffen zuzuwenden: der Komponist und Organist Zsigmond Szathmáry hat das Grande Pièce Symphonique, das die Initialzündung zur Entstehung der Gattung der Orgelsymphonie in Frankreich war, auf Anregung des Organisten Christian Schmitt für Orgel und Orchester eingerichtet.
Johann Ludwig Krebs
Six Sonatas for Organ
Christian Schmitt
cpo 777 888-2
1 CD • 55min • 2013
03.11.2025 • 10 10 10
Eine Orgel-CD zaubert einem beim Hören nicht unbedingt ein Lächeln ins Gesicht. Diese CD mit Orgel-Sonaten von Johann Ludwig Krebs schon. Wobei der Begriff „Orgel-Sonate“ hier eigentlich falsch ist, denn die Sonaten WV 832-837 sind eigentlich für Klavier oder Cembalo gedacht. Sie sind zwei- bis dreistimmig und hochformatig in zwei Systemen gedruckt, was den Verfasser des Booklets, den promovierten Musikjournalisten, Musikproduzenten und ehemaligen Musikdirektor der Ansbacher Bachwoche, Andreas Bomba, dazu brachte festzustellen, dass dies „einer Adaption auf die Orgel nicht widerspricht“. Der gefeierte Organist Christian Schmitt nahm dies zum Anlass, diese Sonaten auf einer Orgel einzuspielen.
Carl Stamitz
Concertos for Clarinet & Orchestra Vol. 3
Kurpfälzisches Kammerorchester • Paul Meyer
cpo 555 722-2
1 CD • 56min • 2024
27.10.2025 • 10 10 10
Sollte Sie der Herbstblues erwischen, greifen Sie zur Fortsetzung der Gesamtaufnahme der Klarinettenkonzerte von Carl Anton Stamitz (1745-1801), die Paul Meyer – mit Sabine Meyer weder verwandt noch verschwägert und aus Frankreich gebürtig – mit seinem Kurpfälzischen Kammerorchester kürzlich veröffentlicht hat. Denn die Musizierlust von Solist und Orchester dürfte graueste Herbsttage in goldene Oktobersonne tauchen.
Ludwig van Beethoven
Theatre Music
cpo 555 754-2
4 CD • 4h 23min • 2018,2019, 2020
20.10.2025 • 10 10 10
Zuerst und vor allem sei die Konzeption dieser Vierfach-CD gelobt: Ich kenne keine Aufnahme, die alle, wirklich alle Theatermusiken Beethovens vereinigt: alle Ouvertüren, die Theatermusiken zu den textlich fragwürdigen Die Ruinen von Athen op. 113 und König Stephan op. 117 auf Texte von August von Kotzebue, zu Goethes Egmont op. 84 sowie das komplette Ballett Die Geschöpfe des Prometheus, aber auch das weihevolle Opferlied op. 121, die Chorkantate Meeresstille und glückliche Fahrt op. 112 und sogar das kanonenknallende und fanfarenfreudige Opus Wellingtons Sieg op. 91, das der Dramaturg Kai Weßler im auskunftsfreudigen und erklärungsreichen Booklet wegen der „räumlichen Entfaltung der realistischen Schlachtendarstellung und in der klanglichen Überwältigung“ kurzerhand als theatralisch definiert.
Johann Schop
Erster Theil geistlicher Concerten
Ælbgut • Hamburger Ratsmusik • Simone Eckert
cpo 555 703-2
1 CD • 54min • 2024
13.10.2025 • 9 9 9
Mit einer „Mauritius der Alten Musik“ vergleicht der Präsentationstext des Labels diese Veröffentlichung von Musik des barocken Komponisten Johann Schop, der – um 1590 in Hamburg geboren – nach einer bemerkenswerten Karriere in musikalischen Zentren Nordeuropas (von Wolfenbüttel bis an den Kopenhagener Hof) schließlich in seine Vaterstadt zurückkehrte, um dort als Direktor der Ratsmusik und später als Organist an St. Jacobi zu wirken; in Hamburg ist er 1647 gestorben. Kompositionen aus seiner 1644 veröffentlichten Sammlung Geistlicher Konzerte vereint diese CD.
Francesco Bartolomeo Conti
Il trionfo della Fama
NovoCanto & La Stagione Armonica • Accademia Bizantina • Ottavio Dantone
cpo 555 725-2
2 CD • 82min • 2024
02.10.2025 • 10 10 10
Wer seinerzeit am Wiener Hof mit Johann Joseph Fux mithalten wollte, musste nicht nur Glanz ausstrahlen, sondern auch theoretisch sattelfest sein; schließlich war Fux nicht nur ein angesehener Komponist, sondern auch ein höchst respektierter Pädagoge der Satztechnik, dessen Hauptwerk „Gradus ad Parnassum“ noch heute studiert wird. Sein Nachfolger wurde 1713 der um gut 20 Jahre jüngere Florentiner Francesco Bartolomeo Conti (1682 – 1732), der als Theorbist begonnen hatte, aber schon als junger Mann mit Bühnenwerken und Kantaten an die Öffentlichkeit trat und auch die Aufmerksamkeit Johann Sebastian Bachs auf sich zog, der seine Kantate Languet anima mea bearbeitete.
Johann Heinrich Rolle
Sinfonias • Harpsichord Concertos
Michael Borgstede • Kölner Akademie • Michael Alexander Willens
cpo 555 634-2
1 CD • 68min • 2023
25.09.2025 • 9 9 9
Johann Heinrich Rolle (1716-1785) gehört als Kind des 18. Jahrhunderts einer überaus bewegten Zeit der Musikgeschichte an: Als er geboren wurde, war J. S. Bach 31 Jahre alt, bei Rolles Tod stand W. A. Mozart kurz vor seinem 30. Geburtstag. Als der junge Rolle sechs Jahre alt war, zog die Familie von Quedlinburg nach Magdeburg, wo der Vater die Stelle als Kantor am Altstädtischen Gymnasium antrat. Rolle junior wurde dort 1734 für drei Jahre Organist an St. Petri. Dann führte ihn sein Weg von 1741 bis 1746 als Violinist und Bratschist an die Hofkapelle Friedrichs II., danach zurück nach Magdeburg; dort übte er, unter anderem als Nachfolger seines Vaters, eine bestimmende Stellung im Musikleben aus.
Georg Philipp Telemann
VI Ouvertures à 4 ou 6
L'Orfeo Barockorchester • Carin van Heerden
cpo 555 519-2
1 CD • 81min • 2021
22.09.2025 • 10 10 10
Georg Philipp Telemann brachte 1736 seine VI Ouvertures à 4 ou à 6 im Selbstverlag heraus. Diese sechs Orchestersuiten bilden die jüngeren, besetzungstechnisch weniger anspruchsvollen Geschwister der drei großbesetzten virtuosen Ouvertüren der Tafelmusik, die eher für große Hofkapellen und die Collegia musica der bedeutenden Universitätsstädte geeignet waren. Nur ein einziges Exemplar dieses Drucks hat sich erhalten, was womöglich auf eine nur kleine Auflage zurückzuführen ist, da Telemann um diese Zeit auf Zinkplatten statt Kupfer umstieg, die leichter zu bearbeiten waren, sich jedoch schneller abnutzten. Allerdings existieren zusätzliche Abschriften aus dem Umfeld von Telemanns kollegialem Freund Christoph Graupner in Darmstadt.
Georg Philipp Telemann
Französischer Jahrgang 1714/1715
Complete Cantatas Vol. 5
cpo 555 440-2
2 CD • 2h 31min • 2023
15.09.2025 • 10 10 10
Da wundert sich der Rezensent, dem erst im Januar die vierte Doppel-CD des Zyklus vorlag, dass Felix Koch mit seinen Gutenberg Soloists und dem Neumeyer Consort bereits im August einen neuen Strauß mit 9 Kantaten zu Himmelfahrt, Pfingsten, Trinitatis mitsamt 5 Folgesonntagen aus Georg Philipp Telemanns „Französischem Jahrgang“ von 1714/15 vorlegen kann, die von weiter vertieftem Eindringen Zeugnis ablegen. Diese gelangen jetzt wirklich perfekt und sind ausschließlich mit Freude anzuhören.
Adalbert Gyrowetz
Sinfonia concertante • Piano Concerto • Symphony in A major
London Mozart Players • Howard Grifiths
cpo 555 364-2
1 CD • 61min • 2022
10.09.2025 • 9 9 9
Adalbert Gyrowetz, am 19. Februar 1763 im böhmischen Budweis geboren und am 19. März 1850, einen Monat nach seinem 87. Geburtstag, in Wien verstorben, gehört zu jenen Meistern der Musik im 18. Jahrhundert, die in der Nachwelt in eine gründliche Vergessenheit gerieten. In der Zeit nach dem alles überragenden Idol Beethoven schien kein Platz mehr zu sein unter den bedeutenden Komponisten der Vorgängergeneration für andere als Joseph Haydn und W. A. Mozart, deren Bedeutung für den Fortgang der Musikgeschichte angesichts der überragenden ihrer Musik nicht zu leugnen war.
Jan Pieterszoon Sweelinck
Pseaumes de David
Weser-Renaissance • Manfred Cordes
cpo 555 526-2
1 CD • 78min • 2022
08.09.2025 • 10 10 10
Jan Pieterszoon Sweelingk (1562-1621) kam als Kind nach Amsterdam und amtierte dort – als Nachfolger seines Vaters – 44 Jahre lang als Organist an der Oude Kerk. „Die Bedeutung seiner Orgel- und Klavierstücke kann nicht hoch genug eingeschätzt werden“, stellt Viktor Lukas in seinem „Reclams Orgelführer“ lakonisch fest, vergisst aber nicht darauf hinzuweisen, dass Sweelinck auch auf vokalem Gebiet ausgezeichnete Werke hinterlassen und durch seine Schüler nachhaltigen Einfluss ausgeübt habe, unter anderem auf Samuel Scheidt in Deutschland. Interessant ist Sweelincks religiöse Zwitterstellung als Katholik im calvinistisch gewordenen Amsterdam und als Organist in einer Stadt, die eigentlich das Orgelspiel im Gottesdienst untersagt hatte.
Gioacchino Rossini
Petite messe solennelle
Rheinische Kantorei • Edzard Burchards
cpo 555 232-2
2 CD • 62min • 2016
01.09.2025 • 10 10 10
Hermann Max hat 1997 das Festival Alte Musik Knechtsteden gegründet, sein Nachfolger ist jetzt Edzard Burchards, auch als Leiter der Rheinischen Kantorei. Schon 2016 hat er mit diesem Ensemble die Petite messe solennelle von Gioacchino Rossini in der romanischen Basilika des Klosters Knechtsteden aufgeführt, woraus nun jetzt erst eine CD-Aufnahme beim Label cpo entstanden ist. Burchards hat die von Rossini vorgeschlagene Original-Besetzung gewählt: acht Chorsänger, hier die Rheinische Kantorei, und vier Solisten. Die Originalbegleitung von zwei Klavieren und einem Harmonium hat er um ein Klavier verschlankt, da das andere meist mit der Chorstimme mitgeht. Tobias Koch hat diese Musik entsprechend adaptiert. Eigentlich müsste man noch ein anderes „Instrument“ hier miterwähnen: die phänomenale Akustik der romanischen Basilika von Knechtsteden.
Ludwig van Beethoven
Complete Violin Sonatas
Lena Neudauer • Paul Rivinius
cpo 555 550-2
3 CD • 3h 50min • 2022
25.08.2025 • 10 9 10
Bekommt man als Rezensent eine Gesamtaufnahme der Sonaten für Klavier und Violine – um wenigstens einmal die vom Komponisten bevorzugte Rangfolge zu nennen – von Ludwig van Beethoven zur Besprechung auf den Schreibtisch, stellt man sich naturgemäß die Frage, ob noch eine Einspielung dieser Werke unbedingt vonnöten wäre und betrachtet diese mit einer gewissen Unlust. Wenn man dann allerdings bereits von den ersten Takten der Sonate op.12,1 gefesselt ist, ahnt man, dass hier Großes geschehen sein könnte. Wenn man dann unbedingt die nächsten beiden CDs hören will, weiß man, dass dem so ist und dass Lena Neudauer und Paul Rivinius ein Meisterstück glückte.
Antonia Bembo
L'Ercole amante
cpo 555 728-2
2 CD • 50min • 2023
18.08.2025 • 9 9 9
Die Venezianerin Antonia Bembo (1640-1720) ist eine der ganz wenigen Frauen, die es im Barock wagten, eine Oper zu komponieren. Offensichtlich war man am Hofe des Sonnenkönigs komponierenden Frauen gegenüber durchaus aufgeschlossen, wie man auch der Biographie ihrer Kollegin Élisabeth Jacquet de la Guerre entnehmen kann, von der ebenfalls eine Oper erhalten ist. Allerdings ist es fraglich, ob ihr Ercole amante jemals aufgeführt wurde. Vielmehr ist anzunehmen, dass diese Neukomposition eines Librettos, das bereits ihr Lehrer Francesco Cavalli anlässlich der Hochzeit Ludwigs XIV komponiert hatte, im Zusammenhang mit der Diskussion um den Vorrang der italienischen oder der französischen Musik steht, der um 1700 und noch bis zum Buffonistenstreit die vornehmen Salons beherrschte.
Gioacchino Rossini
L'inganno felice
Theresia • Alessandro De Marchi
cpo 555 222-2
2 CD • 1h 30min • 2023
11.08.2025 • 9 9 9
„Man wird hören, dass Cimarosa nicht gestorben, sondern sein Genie in Rossini übergegangen ist“, schrieb der Impresario des Venezianer Kleintheaters San Moisé nach der Premiere von L’inganno felice (8. Januar 1812) an die Mutter des kaum 20jährigen Komponisten. Die Musikgeschichte hat dieses Urteil bestätigt und die vorliegende neue Einspielung der dritten Oper des „Schwans von Pesaro“ macht es auch für den heutigen Hörer nachvollziehbar.
British Music for Strings IV
Gordon Jacob • Thomas Dunhill • Imogen Holst • Alan Bush • Thomas Pitfield • Armostrong Gibbs
Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim • Douglas Bostock
cpo 555 452-2
1 CD • 73min • 2021
04.08.2025 • 9 10 9
Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim und sein langjähriger Chefdirigent Douglas Bostock gehen mit ihrer Serie „British Music for Strings“ in die vierte Runde. Die Reihe widmet sich britischen Werken für Streichorchester, wobei der Schwerpunkt auf selten gespielten, teils erstmals aufgenommenen Kompositionen liegt. Folge Vier bezeugt die Vielfalt der britischen Musiktradition im 20. Jahrhundert. Zu hören sind sechs Kompositionen, entstanden zwischen 1928 und 1958, die chronologisch dargeboten werden. Los geht es mit Gordon Jacobs Denbigh Suite, die traditionelle Tanzformen wie Gavotte oder Jig mit moderner Harmonik verbindet. Das Orchester überzeugt mit Leichtigkeit und präziser Dynamik; Douglas Bostock arbeitet die verschiedenen Tanzcharaktere prägnant heraus. Es folgt die 1937 entstandene Vectis-Suite von Thomas Dunhill, die durch lyrische Schönheit und harmonische Tiefe beeindruckt.
Musik der Hansestädte Vol. 3
Musik aus dem alten Magdeburg
Europäisches Hanse-Ensemble • Manfred Cordes
cpo 555 710-2
1 CD • 69min • 2024
31.07.2025 • 10 10 10
Im Jahr 1524, nur sieben Jahre nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg, führte Magdeburg die Reformation ein und gehört somit zu den frühen Bollwerken der evangelisch-lutherischen Konfession. Mit „Musik aus dem alten Magdeburg“ widmet Manfred Cordes den dritten Teil seiner Reise duch die „Musik der Hansestädte“ dieser Festung der Reformation. Als Vorreiter der neuen Konfession war Magdeburg auch eine blühende Stätte einer erneuerten lutherischen Kirchenmusik als klingende Predigt des Evangeliums. Luther und den Seinen lag es keinesfalls im Sinn, die eschatologische Bedeutung der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi zu leugnen, ihre Umdeutung bezog lediglich die Gemeinde in den liturgischen Mitvollzug ein.
Johann Franz Xaver Sterkel
Symphonies op. 11/2 & 11/ 3 • Piano Concerto op. 26/3
cpo 555 639-2
1 CD • 68min • 2023
17.07.2025 • 10 10 10
Nachdem sich Nataša Veljkovic und Johannes Moesus bereits höchst erfolgreich mit den Werken des Beethoven-Zeitgenossen Joseph Woelfel auseinandergesetzt haben, ergreifen sie jetzt das Panier des zu Lebzeiten als Pianist und Komponist ebenfalls hochgeachteten Priesters Johann Franz Xaver Sterkel (1750-1817), dessen frühe, um 1785 entstandene Sinfonien neben denen Gossecs und Haydns in Paris für Furore sorgten. Sein C-Dur-Klavierkonzert, entstand ebenfalls in diesen Jahren.
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Julius Otto Grimm
Symphony op. 19 • Second Suite in Canon Form op. 16
cpo 555 612-2
1 CD • 77min • 2021
10.07.2025 • 10 10 10
Eine der markantesten Künstlerpersönlichkeiten im Freundeskreis um Robert Schumann und Johannes Brahms war Julius Otto Grimm, der ab 1860 bis zu seinem Tode 1903 als Leiter des Musikvereins in Münster amtierte. Von seiner Lebensleistung zehrt die Stadt bis heute, denn ihr Ruf als überregional bedeutendes Musikzentrum geht wesentlich auf das Wirken Grimms zurück, der regelmäßig weltberühmte Solisten zu seinen Konzerten einlud und sich für die damals zeitgenössische Musik einsetzte. Die Einspielung der zwei bedeutendsten Orchesterkompositionen Grimms durch das Sinfonieorchester Münster unter seinem Generalmusikdirektor Golo Berg kann somit auch als eine Form des Dankes an den großen Vorgänger betrachtet werden.
Jean-Baptiste Lully: Idylle sur la Paix • Marc-Antoine Charpentier: La Fête de Rueil
Boston Early Music Festival
cpo 555 678-2
1 CD • 76min • 2024
07.07.2025 • 10 10 10
Der „Regensburger Stillstand” von 1684, der den Krieg Ludwigs XIV. gegen Kaiser Leopold I., den Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, und König Karl II. von Spanien beendete, regte französische Höflinge dazu an, ihren Kaiser Ludwig XIV. als Friedensfürst zu verherrlichen. So entstanden Lullys Idylle sur la Paix, initiiert vom Marquis de Seignelay auf seinem Landsitz in Sceaux bei Versailles, und Charpentiers La Fête de Rueil im Auftrag des Duc de Richelieu, einem Großneffen des bedeutenden Kardinals Richelieu.
Georg Friedrich Händel
Italian Cantatas & Arias
cpo 555 616-2
1 CD • 76min • 2023
30.06.2025 • 9 9 9
Nachdem die Opern Georg Friedrich Händels mittlerweile wieder Einzug ins Repertoire gefunden haben, rückt langsam sein weiteres dramatisches Schaffen in Form der Kammerkantaten in den Fokus der Interpreten. Amanda Forsythe und Opera Prima haben sich mit Armida abbandonata und Agrippina condotta a morire zwei seiner dramatischen vier Frauenporträts ausgesucht zu denen auch die häufig eingespielte Lucrezia sowie Ero e Leandro gehören. Diese werden durch Arien der Bellezza und des Piacere aus Il Trionfo del Tempo – seinem frühesten Oratorium – ergänzt und mit zwei Sonaten umspielt.
Elsa Barraine
Symphonies 1 & 2
cpo 555 704-2
1 CD • 62min • 2024
23.06.2025 • 10 10 10
Die 1910 geborene Elsa Barraine machte erstmals öffentlich auf sich aufmerksam, als sie 19-jährig den begehrten Rompreis gewann. In den 1930er Jahren festigte sie vor allem mit Orchesterwerken ihren Ruf als eines der herausragenden jungen Talente der französischen Musik. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den sie – als Jüdin, Kommunistin und Widerstandskämpferin gegen die deutsche Besatzung gleich mehrfach gefährdet – im Untergrund überstanden hatte, war sie als Professorin am Pariser Konservatorium, später als Inspekteurin der staatlichen Musiktheater im Dienste des Kulturministeriums weiterhin eine feste Größe im Musikleben Frankreichs, geriet jedoch künstlerisch zunehmend ins Abseits, da sie sich den avantgardistischen Moden verweigerte.
Ludwig van Beethoven
Bagatelles & Variations
cpo 555 564-2
1 CD • 77min • 2020, 2022
19.06.2025 • 10 10 10
Der 1955 in Köln geborene Pianist Michael Korstick legt mit seinem neuen Album ausgewählte Bagatellen und Variationen Beethovens vor. Dabei verzichtet er auf die bedeutendsten Werke des Meisters auf diesen Gebieten wie die Bagatellen op. 126 und die Eroica-Variationen op. 35 oder gar die Diabelli-Variationen op. 120. Dafür gewährt er großartige Einblicke in die Werkstatt des Komponisten, seine unbegrenzte Fantasie beim Aufspüren neuartiger melodischer, harmonischer, satztechnischer Möglichkeiten.
Thomas Müntzer
Deutsche Evangelische Messe • Deutsches Kirchenamt
Amarcord
cpo 555 700-2
1 CD • 77min • 2024
16.06.2025 • 10 10 10
Thomas Müntzer (ca. 1489-1525) ist anscheinend gerade einmal 36 Jahre alt geworden – sein Geburtsjahr 1489 ist freilich historisch nicht gesichert. Anders als Martin Luther (1483-1546), der mit 62 Jahren ein für damalige Zeiten recht hohes Alter erreichte, starb Müntzer nicht nur jünger, sondern als Aufständischer der Bauernkriege darüber hinaus noch durch das Schwert des Scharfrichters. Dennoch teilte er manches mit dem großen, nur wenige Jahre älteren Reformator. Allerdings nicht Luthers Neigung für die Obrigkeit, wenn sie sich denn in der Religion auf seine Seite schlug. Müntzer hielt es jenseits der Glaubensfragen – in denen er durchaus auf Seiten Luthers stand – mit denen, die im 20. Jahrhundert „die Entrechteten“ genannt wurden. Das brachte ihn auf die Seite der gegen die staatliche Obrigkeit Krieg führenden Bauern, deren Erhebung Luther erzürnte und zu seiner energischen Ablehnung ihrer Berufung auf seinen Grundsatz von der „Freiheit eines Christenmenschen" führte.
Franz Xaver Mozart
Piano Quartet op. 1 • Violin Sonatas opp. 7 & 15
Staemmler • Cantoreggi • Erkes • Teichmanis
cpo 555 248-2
1 CD • 60min • 2016
09.06.2025 • 9 10 9
Kinder, insbesondere Söhne, von Genies haben es schwer. Auch Franz Xaver Mozart (1791-1844), der vier Monate vor dem Tod seines Vaters zur Welt kam, also seinen Vater nie kennengelernt hat, aber dafür wohl immer dessen Schatten spürte. Vielleicht zog es ihn deswegen in die relative Ferne, zwar immer noch in der österreichischen Monarchie, aber an deren nordöstlichsten Rand, nämlich nach dem galizischen Lemberg, das heute in der Ukraine liegt. Vorher hatte ihn seine Mutter Constanze aufs Beste ausbilden lassen, seine Lehrer waren unter anderem Johann Andreas Streicher, Abbé Vogler, Johann Georg Albrechtsberger, Antonio Salieri und Johann Nepomuk Hummel.
Tommaso Traetta
Rex Salomon
Oratorio in due parti
cpo 555 654-2
2 CD • 1h 52min • 2023
02.06.2025 • 9 10 9
Obwohl der Neapolitaner Tommaso Traetta (1727 – 1779) bereits 1913 und 1916 mit zwei aufwändig editierten Bänden der „Denkmäler deutscher Tonkunst“ bzw. „Denkmäler der Tonkunst in Bayern“ bedacht worden war, blieb er selbst im Zuge des anhaltenden Alte-Musik-Booms einer größeren Öffentlichkeit weitgehend unbekannt; entsprechend karg ist die Diskographie, erst in den letzten Jahren haben Sängerinnen wie Olga Peretyatko und Nuria Rial einzelne Arien in ihre Rezitale aufgenommen. Die vorliegende Initiative von cpo in Zusammenarbeit mit den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik ist daher sehr verdienstvoll.
Farrenc • Firsova • Bonis
Chamber Music
Ensemble Louise Farrenc
cpo 555 624-2
1 CD • 65min • 2021
26.05.2025 • 10 9 9
Das international besetzte Ensemble Louise Farrenc benennt sich nach einer Komponistin, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris große Erfolge feierte. Das Andenken an Louise Farrenc wird auch vom Label cpo hochgehalten, das anlässlich ihres 150. Todestages eine weitere Kammermusik-Produktion auf den Markt bringt. Louise Farrenc stammte aus einer Pariser Künstlerfamilie und war mit dem Flötisten und Musikverleger Aristide Farrenc verheiratet, der ihre Werke im Druck herausgab. Schon zu Lebzeiten fanden ihre Kompositionen eine breite Resonanz. 1842 wurde Farrenc vom Pariser Konservatorium angestellt – als weltweit erste Frau auf einer Musikprofessur.
Ferdinand Hiller
Symphony op. 67 »Es muß doch Frühling werden« • Symphony in F minor
cpo 555 625-2
1 CD • 61min • 2023
19.05.2025 • 10 10 10
Da fragt man sich doch wirklich, wieso ein hochromantischer Komponist der Mendelssohn-Klasse wie Ferdinand Hiller (1811-1885) so selten mit Aufnahmen bedacht wurde und freut sich desto mehr, dass Howard Griffiths und das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt eine fulminante Einspielung der Sinfonien in e- und f-Moll vorlegen. Dass Hiller von den Spielplänen verschwand, lag vorwiegend an der der Neudeutschen Schule folgenden Generation von Star-Dirigenten um 1900 (F. Mottl, R. Strauss), deren Bibel Richard Wagners Schrift „Über das Dirigieren“ war, denn dort kommt Hiller eher schlecht weg.
Emánuel Moór
Complete Piano Trios
Storioni Trio
cpo 555 629-2
2 CD • 83min • 2023
12.05.2025 • 9 10 9
Als Kind einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Ungarn geboren, erlernte Emánuel Moór (1863–1931) früh das Orgelspiel, studierte dann bei Robert Volkmann in Budapest, ab 1879 in Wien Klavier und bei Anton Bruckner Kontrapunkt, blieb aber eher Autodidakt. Als vorzüglicher Pianist versuchte er in Amerika Fuß zu fassen, zog jedoch mit seiner ersten Frau Anita, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammte, 1888 zurück nach Europa, wo er sich ganz dem Komponieren widmen konnte. Die Bekanntschaft mit Brahms, der Moórs Musik sofort hoch einschätzte, öffnete ihm bald viele Türen: in Wien, Budapest, London, zuletzt auch in Deutschland.
Georg Schumann
Ruth
cpo 555 666-2
2 CD • 1h 46min • 2023
08.05.2025 • 9 10 9
Das frühe 20. Jahrhundert war eine große Zeit des Oratoriums, und noch immer ist eine größere Anzahl herausragender Werke dieser Epoche nicht für den Tonträger gewonnen worden (ich denke beispielsweise an die Oratorien von Felix Woyrsch, Charles Tournemire, Gerhard von Keußler...). Eines der international erfolgreichsten deutschen Oratorien der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ist nun durch cpo erstmals auf CD gelangt: Georg Schumanns Ruth. 1908 vollendet, dokumentiert das knapp zweistündige Werk den modernen Geist, der mit Schumanns Ernennung zum Direktor der Berliner Singakademie in diese ehrwürdige, aber unter seinen Vorgängern in Konventionalität erstarrte Institution Einzug gehalten hatte.
Christoph Demantius
Johannes-Passion
cpo 555 583-2
1 CD • 62min • 2022
20.04.2025 • 10 10 10
Die Lebensdaten von Christoph Demantius (1567-1643) sind von den Jahreszahlen her identisch mit denen Claudio Monteverdis, des großen Heroen des Übergangs von der Musik der Spätrenaissance zu der des Frühbarocks. Demantius geriet nach seinem Tod schnell in Vergessenheit, und auch heute ist seine Vertretung im Tonträgerkatalog nur auf ganz wenige Einspielungen beschränkt. Unverständlich, wenn man bedenkt, dass er eine bedeutende Anzahl an Kompositionen hinterlassen hat, deren Qualität unter denen seiner Zeitgenossen herausragt und auch den Vergleich mit dem großen italienischen Komponisten der Epoche nicht scheuen muss.
Dietrich Buxtehude
Complete Organ Works III
Friedhelm Flamme
cpo 555 408-2
2 CD • 2h 10min • 2020
17.04.2025 • 9 9 9
Es ist vollbracht: Mit der dritten Doppel-CD liegt nun die letzte Folge der Gesamteinspielung aller Orgelwerke von Dietrich Buxtehude durch Friedhelm Flamme vor. Flamme ist so etwas wie ein unermüdlich Forschender der Orgelwelt. Er hat schon zahlreiche Einspielungen vorgelegt, die allesamt grundsolide und stilistisch weit gefächert sind. Das Spektrum reicht von der Renaissance wie Praetorius bis hin zu Raritäten wie Fauchard. Da darf Buxtehude als der Hauptvertreter der Norddeutschen Orgelschule natürlich nicht fehlen. Auch die finale Folge der Gesamteinspielung fügt sich ins Bild. Flamme zeigt sich einmal mehr als versierter Interpret, der ebenso lebendig wie sensibel ans Werk geht und mit dem norddeutschen Stil besonders vertraut ist.
Claudio Monteverdi
Messa per Maria Salute
cpo 555 561-2
1 CD • 77min • 2022
14.04.2025 • 10 10 10
Claudio Monteverdis Sammlung mit Werken aus seiner Zeit als Kapellmeister an San Marco in Venedig, Selva morale e spirituale, von 1640/41 wurde bereits mehrfach mit den Feierlichkeiten zum Ende der Pest 1631 in Verbindung gebracht, bei der ein Drittel der Stadtbevölkerung umkam und die den Anlass zur Stiftung der Kirche Santa Maria della Salute gab. Da diese Sammlung ein virtuoses, konzertierendes Gloria sowie drei Fragmente eines Credos enthält, hat sich Roland Wilson entschlossen, anstatt die drei Fragmente – wie vom Komponisten oder Drucker vorgeschlagen – in die vierstimmige dort ebenfalls enthaltene Messe zu integrieren, die fehlenden Teile aus anderen Werken des Komponisten zu ergänzen.
Jacob Schuback
Brockes-Passion
cpo 555 705-2
2 CD • 2h 16min • 2024
31.03.2025 • 10 10 10
Erstaunlich, wie viele Komponisten und Literaten des deutschen Barocks einen juristischen Hintergrund hatten. Hierzu gehören J.H. Schein, J. Kuhnau, der neben dem Thomaskantorat noch eine Kanzlei betrieb, Telemann, C. Graupner sowie die Bach-Söhne Friedemann und Carl Philipp Emanuel. Eine echte Doppelung legt die Capella Cathedralis Fulda begleitet von L’Arpa festante unter der Leitung von Franz-Peter Huber nun mit der Brockes-Passion des Hamburgischen Senatssyndicus Jacob Schuback (1726-1784) in Ersteinspielung vor. Hauptberuflich war Schuback Jurist und als Diplomat Hamburgs Vertreter beim „Immerwährenden Reichstag“ in Regensburg. Sein Vater amtierte von 1754 – dem Entstehungsjahr der Komposition – bis 1782 als Bürgermeister der Stadt. Da der Textdichter Barthold Heinrich Brockes – ebenfalls Jurist und Diplomat – und Vater Schuback seit 1737 Senatorenkollegen waren, dürften Librettist und Komponist sich näher gekannt haben.
Elfrida Andrée
Symphony No. 1 • Fritiof-Svit
cpo 555 589-2
1 CD • 63min • 2022
17.03.2025 • 10 10 10
Wenn es um komponierende Frauen geht, fällt auch dieser Name immer wieder: Elfrieda Andrée. Die schwedische Komponistin war nicht nur die erste Domorganistin überhaupt, sie kämpfte an mehreren Fronten für die Rechte der Frauen, erkämpfte nicht nur sich das Recht, einen solch renommierten Posten überhaupt bekleiden zu dürfen, sondern sorgte auch für andere berufliche Perspektiven ihres Geschlechts – etwa das Recht als Telegraphistinnen tätig sein zu dürfen. Mit den Vorurteilen der Männer hatte sie dabei immer zu kämpfen, wie sich aus vielen Rezensionen herauslesen lässt. Um so spannender ist es, wenn man sich nun selbst ein Urteil bilden kann, da viele neue Notenausgaben und CD-Aufnahmen das Bild der komponierenden Frau in der Musikgeschichte zu korrigieren trachten. Zu Recht!
Antonio Vivaldi
La fida ninfa
cpo 555 646-2
2 CD • 2h 08min • 2023
13.03.2025 • 9 9 9
Antonio Vivaldi komponierte La fida ninfa 1732 für die Eröffnung des Theaters der Accademia Filarmonica von Verona, für dessen Neubau sich der adlige Universalgelehrte Francesco Scipione Maffei (1675-1755), der auch das Libretto verfasste, vehement und unter erheblichem Zuschuss von eigenen Mitteln eingesetzt hatte. Gut, dass Chiara Cattani mit dem Barockorchester Jung jetzt auf cpo einen Live-Mitschnitt vorlegt, der binnen einer einzigen Aufführung während der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2023 entstand, denn die einzige höheren Ansprüchen genügende Einspielung von 2008 unter Jean Christophe Pinosi ist mittlerweile gestrichen.
Franz Anton Hoffmeister
Concerto for 2 Horns • 2 Symphonies
cpo 555 417-2
1 CD • 68min • 2020
03.03.2025 • 10 10 10
Johannes Moesus und sein Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim beweisen einmal mehr ihre Affinität zur deutsch-österreichischen Musik um 1800. Diesmal haben sie zwei Sinfonien und ein aberwitzig virtuoses Konzert für zwei Hörner von Franz Anton Hoffmeister aufs Programm gesetzt. Sie retten damit drei heitere, unbedingt hörenswerte und gute Laune stiftende Werke vor der Vergessenheit. Eine CD, die einem trübe Wintertage erhellen kann!
Johann Franz Xaver Sterkel
Piano Quartet • 2 Piano Trios
cpo 555 499-2
1 CD • 71min • 2021
24.02.2025 • 9 10 9
m Garten der Städtischen Musikschule Aschaffenburg steht auf einer Marmorstele eine Büste, auf einem Glasschild ist notiert: Johann Franz Xaver Sterkel / (1750 – 1817) / Großherzoglicher Musikdirektor in / Aschaffenburg / Pianist / Komponist. Damit ist in aller künstlerischer Kürze Sterkels Leben und Bedeutung formuliert. Er wurde in Würzburg geboren, studierte Musik, dann auch Theologie, wurde Organist und Vikar am Kollegiatstift Neumünster in Würzburg, wurde gefördert vom Würzburger Fürstbischof Adam von Seinsheim und dann vom Mainzer Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal als „Hofklaviermeister“ und als Vikar engagiert. Erthal schickte Sterkel auch nach Italien, „zur Verfeinerung seines Kompositionsstils“. In Neapel wird eine Oper von ihm aufgeführt, in Bologna verbringt er viel Zeit mit dem berühmten Padre Martini.
The Cosmos of Paul Ben-Haim
Orchestral & Chamber Music
cpo 555 621-2
2 CD • 2h 22min • 2023
17.02.2025 • 10 10 10
Der 1897 als Paul Frankenburger in München geborene Komponist hatte sich bereits vor der Emigration 1933 nach Palästina musikalisch zu seinen jüdischen Wurzeln bekannt. Doch erst dort – wo er sich auch in Ben-Haim umbenannte - lernte er, vor allem durch die jemenitische Sängerin Bracha Zephira, echte Volksmusik sephardischer Herkunft kennen, die dann zunehmend sein Werk bestimmen sollte. So gesehen ist der Titel des von der Geigerin Liv Migdal kuratierten neuen cpo Doppelalbums „The Cosmos of Paul Ben-Haim‟ etwas irreführend, denn die hier eingespielte Musik lässt den noch stark an Wagner und vor allem Mahler orientierten Stil des jungen Komponisten außer Acht.
Ignaz Pleyel
Symphonies 18 & 21 • Viola Concerto
cpo 555 492-2
1 CD • 71min • 2022
13.02.2025 • 9 9 9
Ignaz Pleyel ist wohl einer der wenigen Komponisten, die es zu Reichtum gebracht haben – aber weniger mit seinen Kompositionen als mehr durch seine wirtschaftliche Kompetenz: Am Schluss starb er als Fabrikant, Verleger und Gutsbesitzer. Geboren ist Ignaz Pleyel 1757 in Ruppersthal in Niederösterreich als Sohn eines Dorfschullehrers. Ladislaus Graf Erdödy finanzierte ihm eine musikalische Ausbildung bei Joseph Haydn und Reisen nach Italien. Seine erste richtige Anstellung erhielt er als Kapellmeister am Münster in Straßburg, wo er auch heiratete. 1791 erhielt er eine Einladung nach London, um dort Konzerte zu leiten und wurde als Haydn ebenbürtig gefeiert.
Christian Sinding
Piano Trios opp. 23, 64 & 87 • Six Pieces for Cello and Piano op. 66
Hyperion Trio
cpo 555 375-2
2 CD • 57min • 2020, 2022, 2023
10.02.2025 • 9 9 9
Wohl jeder, der sich mit klassischer Musik beschäftigt, kennt aus dem „Wunschkonzert“ das Frühlingsrauschen entweder in seiner Originalgestalt für Klavier oder in einem Arrangement für Orchester. Dass sein Komponist, der Norweger Christian Sinding (1856-1941) mehr als der Schöpfer eines „One-Hit-Wonders“ war, beweist die vorliegende Einspielung seiner drei Klaviertrios und der 6 Stücke für Violoncello und Klavier op. 66 durch das Hyperion-Trio von etwas unebener Qualität.
Georg Philipp Telemann
Kantaten – Französischer Jahrgang Vol. 4
Gutenberg Soloists • Neumeyer Consort • Felix Koch
cpo 555 439-2
2 CD • 2h 19min • 2023, 2022
05.02.2025 • 10 10 10
Mit Vol. 4 feiern Felix Koch, die Gutenberg Soloists sowie das Neumeyer Consort „Bergfest“ bei ihrer Mammutunternehmung, den kompletten 1713/14 in Eisenach und ein Jahr später in Frankfurt uraufgeführten „Französischen Jahrgang“ der Herren Georg Philipp Telemann und Erdmann Neumeister auf Tonträgern festzuhalten. Hierbei ermöglicht Nun komm der Heiden Heiland TWV 1:1175 den direkten Vergleich mit der Komposition desselben Textes in Bachs BWV 61.
Enrique Granados
Goyescas op. 11
Dina Stojilković
cpo 555 677-2
1 CD • 53min • 2023
23.01.2025 • 10 10 10
Die serbische Pianistin Dina Stojilković verfügt nicht nur über die Technik, sondern auch über das Gespür, um die höchst anspruchsvollen beiden Bücher der „Goyescas“ nachzuempfinden. Der typisch spanische Tonfall teilt sich ebenso mit wie der in Töne umgesetzte Bilderreichtum der „majos enamorados“ – der verliebten jungen Männer! Temperament und Gefühl sind die Markenzeichen dieser Einspielung.
Adolf Busch
Piano Concerto op. 31 • Piano Works
cpo 555 574-2
1 CD • 71min • 2022
20.01.2025 • 9 10 9
Dass Adolf Busch (1891–1952) nicht nur einer der eminentesten Violinisten seiner Zeit war, sondern auch ein respektabler Komponist, ist vielleicht nie völlig vergessen worden; verstärkte Beachtung (etwa in Form von systematischeren CD-Einspielungen) finden seine Werke aber erst seit jüngerer Zeit. In der Tat ist noch der MGG (der entsprechende Band erschien 2000) sein Schaffen lediglich eine Randnotiz wert. In den letzten Jahren waren es vor allem die Labels cpo und Toccata, die eine Reihe von Alben mit Neueinspielungen ausgewählter Kompositionen Buschs herausgebracht haben, zunächst vor allem seiner Kammermusik. Die vorliegende jüngste cpo-CD koppelt nun Buschs Klavierkonzert mit einer Reihe kürzerer Klavierstücke; der Pianistin Florence Millet stehen dabei im Konzert die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach und der deutsch-britische Dirigent David Marlow zur Seite.
