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Besprechung CD

Julius Bittner

String Quartets 1 & 2
Thomas Christian Ensemble

cpo 555 645-2

1 CD • 63min • 2023

29.12.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Dieses Album schließt eine bedeutende Lücke im Streichquartett-Repertoire und erweitert unsere Wahrnehmung der österreichischen Musik aus der Umbruchszeit zur Moderne auf herzerwärmende Weise. Wer darauf fixiert ist, dass der Wiener Julius Bittner (1874-1939) im gleichen Jahr wie Schönberg und Franz Schmidt geboren ist, und daraus die Forderung nach Modernität ableitet, wird schwer enttäuscht, wenn nicht abgestoßen sein. Bittner ist noch weit traditioneller in seiner Tonsprache gewesen, und zwar sein Leben lang, als etwa seine auch mit mancherlei Spott bedachten konservativen Kollegen Joseph Marx oder Karl Weigl. Obwohl die Zeitgenossenschaft bei genauem Hinhören doch unverkennbar, hat seine Musik einen urwienerischen Tonfall (Bookletautor Otto Biba arbeitet sich in seinem Text sichtlich ratlos an der Zuordnung ‚österreichisch‘ ab), dass man sich so ganz aus der Zeit gehoben fühlen kann: Da tönen Schubert und Lanner, die Strauß-Dynastie und der ländlerische Aspekt Anton Bruckners wider, immer wieder hat das Ganz in seiner nostalgischen Lieblichkeit und zierlichen Beweglichkeit ein fast Rokoko-haftes Flair.

Die Ländler-, Walzer- und Siciliano-Seligkeit vermittelt eine Geschmeidigkeit und zum Rubato überredende Flexibilität, wie sie so bezeichnend für das Österreichische ist, und so ist es auch ganz entwaffnend, wie für Bittner die Dreiermetren (also in der Regel der ¾-Takt) oder das Triolische (z. B. im 6/8-Eröffnungssatz des 2. Quartetts natürlicher ist als die Geradtaktigkeit – ein Grundmerkmal, das das ‚Österreichische‘ vom Klischee des ‚Deutschen‘ (welches im Schnitt eher zum Marsch neigt als zum Walzer) merklich unterscheidet.

Gesanglich wiegend, weich fließend

Bittner, der lange hauptberuflich als Richter und Justizbeamter arbeitete, hat während dieser Zeit seine zwei großen Quartette geschrieben: 1913 das Erste in A-Dur, 1916/17 das Zweite in Es-Dur. Es ist wunderbar gesanglich wiegende, weit überwiegend sehr lyrische, die Kunst der eleganten Übergänge pflegende, weich fließende Musik, die sich aber durchaus zu mal offenkundigerem, mal verhaltenerem Drama verdichtet, welches in jedem Satz in einem eindeutig empfundenen Höhepunkt aufgipfelt. Seine Formungskunst ist absolut organisch, ohne jede Neigung zu Prunk, Protzerei, Plakativität oder Spekulation. Alles geschieht ganz natürlich und ohne große Widerstände. Wer das Lyrische vor allem liebt, kann hier ganz unwiderstehlich bedient sein! Den geraden Takt pflegt Bittner in den ganz besonders innig schönen langsamen Sätzen, die er in weiten Bögen hinreißend aufbaut, und im Finale des ersten Quartetts. Alles andere ist ungerade, mäandernd, von weiblich anmutiger Grazie.

Mit Wärme und Zärtlichkeit

Das Quartett des Thomas Christian Ensemble (Thomas Christian und Raimund Lissy, Violine; Robert Bauerstatter, Viola; und Bernhard Naoki Hedenborg, Cello) spielt diese verinnerlicht schwärmerische, einen echt romantisch weltabgewandten Geist weiterpflegende Musik mit unüberhörbarer Liebe zum Idiom und Freude am Feinen, Subtilen, mit Wärme und Zärtlichkeit, und technisch auch da vorzüglich, wo es — und das ist häufig der Fall — sehr heikel wird. Das Klangbild ist solide, der Booklettext ebenfalls. Eine wertvolle Entdeckung jenseits der Mainstreams des 20. Jahrhunderts für die so überreich beschenkte Streichquartettliteratur.

Christoph Schlüren [29.12.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Julius Bittner
1Streichquartett Nr. 1 A-Dur 00:30:00
5Streichquartett Nr. 2 Es-Dur 00:32:53

Interpreten der Einspielung

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