Johann Joseph Fux
Kaiserrequiem
Prospero Classical PROSP0085
1 CD • 77min • 2022
05.03.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zwei ausgreifende und bedeutende Mess-Vertonungen des frühen 18. Jahrhunderts liegen hier in Live-Aufnahmen vor. Weil diese offenbar nicht mehr nachbearbeitet wurden: zu den typischen Kirchen-Geräuschen gesellen sich auch viele, die während der Aufführung auf der Bühne passieren, bringt das Vor- und Nachteile. Generell klingt der vom Dirigenten Lukas Wanner gegründete, in Basel beheimatete Chor Zeronove frisch, intoniert sauber und strahlt eine angenehme Wärme aus, was bei Alte-Musik-Ensembles bekanntlich nicht selbstverständlich ist; die choreigenen Solisten sind tüchtig bis hervorragend. Dem 15köpfigen Ensemble I Pizzicanti hört man im natürlichen Hallambiente von St. Peter zu Basel nicht allzu deutlich an, dass die Streicher bis auf die 1. Violinen solistisch besetzt sind.
Ein bisschen richtungslos
Urteilt man nach dem Genauigkeitsgrad der Koordination, darf man sich Lukas Wanner nicht als Despoten vorstellen. Das ist sympathisch und verständlich, wenn man auf die Eigenverantwortung professioneller Kräfte baut. Doch generell müsste er den Apparat stärker auf einen Punkt konzentrieren. Linien des Chores und der colla parte mitlaufenden Instrumente sind oftmals nicht geschlossen, fransen beim Abphrasieren aus, Schlussakkorde werden nicht gemeinsam gehalten. Vor allem in Giovanni Battista Pergolesis Messe D-Dur von 1731 können die Entwicklungen nicht, wie es das Stück mitunter verlangen würde, entschlossen in eine Richtung getrieben werden. Nach-edieren hätte man den Beginn des „Quoniam tu solus“ müssen (Track 17), wo die Instrumentalisten das Tempo nicht vom Dirigenten abnehmen und auch etwas schiefe Töne stehengeblieben sind.
Unwägbarkeit und Authentizität
Eine ähnliche revisionsbedürftige Passage findet sich in der Aufführung des großen Kaiserrequiem von Johann Joseph Fux von 1720, wenn sich dort zum Schluss der Sequenz „Dies irae“ beim „Lacrimosa“ die Solisten und die Violone ein wenig ratlos in der Tiefe verlieren. Doch was bei Pergolesi ungeführt wirkt, kann man bei Fux als katholisch mystische Versenkung nehmen, und gerade die Unwägbarkeiten verleihen diesen Aufnahmen eine gewisse höhere Authentizität: Denn dass man um 1720 perfekt musiziert hat, zumindest nach heutigen musikkonservatorischen Maßstäben, ist unwahrscheinlich. Diese Werke von Fux und Pergolesi sind nicht oft, aber doch bereits eingespielt worden; würde es sich um Katalog-Neuheiten handeln, wäre die Gesamtbewertung besser ausgefallen.
Prof. Michael B. Weiß [05.03.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Joseph Fux | ||
1 | Kaiserrequiem K 51-53 | 00:44:13 |
Giovanni Battista Pergolesi | ||
9 | Missa in D | 00:33:05 |
Interpreten der Einspielung
- Jeannine Nuspliger-Camenzind (Sopran)
- Junko Takayama (Sopran)
- Pedro Pablo Alvarez McNab (Altus)
- Akinobu Ono (Tenor)
- Santiago Garzon Arredondo (Bass)
- Carolin Franke (Sopran)
- Olivia Widmer-Allemann (Sopran)
- Camille Bordet-Sturla (Altus)
- Pascal Marti (Tenor)
- Tobias Schmid (Bass)
- Zeronove (Chor)
- I Pizzicanti (Ensemble)
- Lukas Wanner (Dirigent)