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Talkin' About Barbara

Ensemble Il Giratempo

Perfect Noise PN 2022

1 CD • 59min • 2019

20.10.2023

Künstlerische Qualität:

Klangqualität:

Gesamteindruck:

Barbara Strozzi (1619-1677), uneheliche Tochter des Dichters und Librettisten Giulio Strozzi, hat sich als Komponistin schon zu ihrer Zeit in einer Männerdomäne durchgesetzt, die von Namen bestimmt war wie Claudio Monteverdi und Francesco Cavalli (der zeitweilig ihr Lehrer gewesen sein soll). Sie hat ein reiches Œuvre hinterlassen, das bis heute – auch auf Tonträgern – neben den genannten männlichen Koryphäen einen festen Platz im Alte-Musik-Repertoire behauptet. Sie soll auch eine ausgezeichnete Sängerin gewesen sein, ist aber interessanterweise nie im Theater, sondern nur in geschlossenen Gesellschaften aufgetreten, hat auch dementsprechend nie eine Oper komponiert, sondern sich auf Kantaten spezialisiert, einer Gattung, zu deren Pionieren sie musikhistorisch zählt. Das vorliegende Album stellt davon vier Beispiele einigen Kompositionen ihrer männlichen Zeitgenossen gegenüber. Sie lassen keinen Zweifel an ihrer künstlerischen Ebenbürtigkeit aufkommen, fesseln durch dramatisches Feuer und phantasievolle Klangmalerei.

Barock meets Jazz

Das 2017 von der Lautenistin Vanessa Heinisch gegründete Ensemle Il Giratempo (der „Zeitenwandler“) unterscheidet sich von früheren Vertretern der Originalklang-Bewegung durch den Anspruch, mit der Alten Musik im Hier und Heute anzukommen, sie also auch – wie im vorliegenden Fall – mit modernen Musikformen zu konfrontieren und gehörig „aufzumischen“. Hier nun fällt diese Aufgabe dem versierten Jazz-Saxophonisten Magnus Mehl zu, dessen phantasievolle Improvisationen einen oft grellen Kontrapunkt setzen zu den eher abgezirkelten Formen der frühen Barockzeit. Mit Recht berufen sich die beteiligten Künstler darauf, dass schon in der Monteverdi-Ära von den Musikern und Sängern viel improvisiert wurde, dies sogar ein fester Bestandteil der Aufführungspraxis war.

Improvisationskünste

Wir erleben diesen Kultur-Clash hier als eine Art „Primadonnen“-Wettstreit zwischen Saxophon und Mezzosopran. Laila Salomé Fischer bietet Magnus Mehls instrumentalen Improvisationen mit ihren vokalen Improvisationen Paroli, schmiegt den Stimmklang dem des Saxophons an, und es besteht kein Zweifel, dass sie auf diese Weise stärkere und vielfältigere Ausdrucksmöglichkeiten findet als innerhalb eines herkömmlichen Barock-Ensembles. In einem Interview bekannte sie freimütig, dass sie in der Konfrontation mit dem dominanten Instrument mehr als sonst „die Sau rauslassen“ könne.

Nicht immer passt das Saxophon

In einigen Stücken geht diese Konzeption ganz gut auf, vor allem im abschließenden Sete pur fastidioso („Ihr seid einfach abstoßend“) Barbara Strozzis, wo das Gekeife Lillas drastische musikalische Gestalt annimmt, aber auch in Giulio Caccinis Al fonte al prato („Zur Quelle, zur Wiese“), wo die Sängerin – auch sonst nicht dem reinen Schönklang verpflichtet – textgetreu „mit rauhem Gesang lockt“. In den beschaulichen Arien bringt die eher aggressive Interpretationsweise keinen musikalischen oder dramaturgischen Zugewinn, vor allem gerät das vorzügliche Ensemble Il Giratempo – hier in kleiner Besetzung mit Max Volbers (Blockflöte), Robert Smith (Viola da Gamba), Vanessa Heinisch (Theorbe) und Manuel Dahme (Claviorganum) – klanglich etwas ins Hintertreffen, da es vom aufdringlichen Saxophon gleichsam „weggepustet“ wird.

Ekkehard Pluta [20.10.2023]

Komponisten und Werke der Einspielung

Interpreten der Einspielung

• Laila Salome Fischer (Sopran)
• Magnus Mehl (Saxophon)
• Il Giratempo (Ensemble)