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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Schoenberg

String Quartets 1 & 3

BIS 2567

1 CD/SACD stereo/surround • 80min • 2021

06.05.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Aus vier Ländern stammen die Mitglieder des seit 2008 bestehenden Gringolts Quartetts: Russland, Armenien, Rumänien und Deutschland. Und ihre bisherigen Einspielungen können sich allesamt hören lassen: Arnold Schönbergs Streichquartette Nr. 2 & 4 veranlassten den Rezensenten gar dazu, das LaSalle Quartet nach Jahrzehnten vom Treppchen der Referenzaufnahme zu stoßen – in jeder Hinsicht überragend. Viereinhalb Jahre Zeit ließen sich nun die Musiker für die Quartette Nr. 1 & 3 des Wiener Komponisten.

Gut Ding will Weile haben

Wie bei der ersten Schönberg-CD begeistert die ganz vortreffliche Intonation des Quartetts, ohne dass im d-Moll-Quartett – harmonisch schon so elaboriert wie die kurz zuvor entstandene symphonische Dichtung Pelleas und Melisande – je Zweifel aufkommen. Und die vielen extrem gespreizten, sehr hohen, bzw. Flageolettklänge gelingen nicht nur blitzsauber, sondern im Kontext immer auch beeindruckend atmosphärisch: Man höre etwa T. 130 ff. Das unangreifbar hohe technische Niveau allein ist allerdings noch kein Garant dafür, die einsätzige, sperrige Großform des über 45 Minuten langen Stücks, in der freilich die vier üblichen Sätze integriert erscheinen, für den Hörer zu erschließen: Bei aller Vielfalt an Stimmungen, die zudem häufiger schnell umschlagen, sollte die bereits staunenswerte Einheitlichkeit des Materials stets durchscheinen. Emotional können die Gringolts liefern: Sie halten die Musik beständig nicht nur am Köcheln, sondern wirklich heiß; das ist von gleicher Intensität, wie sie ebenfalls 1905 Richard Strauss in der Salome serviert. Erst im letzten Teil kommt die Dramatik fast unerwartet doch noch zur Ruhe. Die Tempi sind insgesamt eine Spur gemessener als bei den LaSalles, die kompositorische Struktur tritt jedoch nicht so klar zutage, was das Stück für den Hörer wohl unmittelbarer „erlebbar“ macht, zugleich dem tieferen Verständnis ein wenig entgegenstehen mag. Der Vergleich der beiden Einspielungen ergibt hier immerhin einen Gleichstand.

Schönbergs drittes Quartett bleibt eine harte Nuss

Unter Schönbergs fünf Gattungsbeiträgen – außer den vier nummerierten existiert ein frühes Werk in D-Dur – schon früh der Liebling des Rezensenten, stellt das III. Quartett op. 30 von 1927 mit seiner kompromisslosen Zwölftönigkeit eine besondere Herausforderung dar. Gerade die Faktur der Ecksätze verlangt, die Gewichtung von Lyrik einerseits und der schnell als Bedrohung empfundenen, repetitiven Rhythmik der Umgebung andererseits, sinnvoll auszutarieren. Im Kopfsatz sind die Gringolts schneller, die unerbittliche Begleitung scheint streckenweise gar zu treiben, überfährt geradezu die Hauptstimmen. Vor allem aber zerfällt durch dieses Übermaß an Unruhe das sich mit mehrfachen, deutlichen Tempomodifikationen lange hinziehende Ende fast zur Beliebigkeit. Das LaSalle Quartet hatte hier die Melodielinien deutlich in den Vordergrund gesetzt und dem gesamten Verlauf des komplexen Satzes eine dramaturgische Logik verliehen, die schlicht unwiderstehlich war und bis heute von keinem anderen Ensemble erreicht wurde. Bei den Mittelsätzen kann das Gringolts Quartett wieder gleichermaßen mithalten. Das Adagio gerät klanglich sensibel, das Intermezzo wirkt weniger akademisch. Im Finale überzeugt die Neuaufnahme schließlich mit ganz natürlich daherkommendem, tänzerisch animierendem Ausdruck. Das Stück bleibt dennoch eine harte Nuss.

Empfehlung mit kleineren Makeln

Pianisten, die selbst im Studio mitsummen bzw. mitbrummen, kennt man ja zur Genüge. Eines – oder sind es vielleicht sogar verschiedene? – der Mitglieder des Gringolts Quartetts hat sich leider angewöhnt, während des Spiels laut vernehmlich schnaubend und emotional hörbar mitgehend, an etlichen Stellen musikalische Impulse an die übrigen Spieler weiterzugeben, was die wie immer ausgezeichnete BIS-Tontechnik natürlich perfekt mit konserviert. Das geschieht zwar nicht andauernd, stört aber dennoch und führt – der Aufnahmetechnik mag man dies ja nicht anlasten – mit zum Abzug eines Punkts bei der künstlerischen Qualität. Trotzdem verdient diese zweite Schönberg-Veröffentlichung der Gringolts auf allerhöchstem Niveau erneut eine klare Empfehlung, ohne sich diesmal als Referenz zu etablieren.

Vergleichsaufnahme: LaSalle Quartet, Margaret Price (1969, DG 419 994-2.

Martin Blaumeiser [06.05.2022]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Arnold Schönberg
1Streichquartett Nr. 1 d-Moll op. 7 00:46:38
5Streichquartett Nr. 3 op. 30 00:32:01

Interpreten der Einspielung

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