Johann Sebastian Bach
Sonatas for violin and harpsichord BWV 1014-1019
Tacet 258
2 CD • 83min • 2018, 2019
30.07.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eins zeigt diese Einspielung deutlich: Der Kampf zwischen „historischem Instrumentarium“ und „modernen Instrumenten“ ist ein Schlachtfeld vergangener Zeiten. Heute können Musiker, die auf „modernen“ Instrumenten und in „heutiger“ Stimmung musizieren, durchaus auch auf Interpreten als Vorbilder rekurrieren, die ihre Einspielungen auf „historischen“ Instrumenten realisiert haben. So wird auf schöne Weise deutlich, dass ehemalige Fronten im Stellungskampf um die Aufführungspraxis von Barockmusik inzwischen zu einem Gegenstand der Musikgeschichte geworden sind, handelt es sich doch bei den Kontrahenten der unerbittlich geführten Auseinandersetzungen der 1970er und 1980er Jahre um Angehörige der Eltern-, ja fast schon Großelterngeneration von Daniel Gaede, dem 1966 geborenen Solisten dieser Doppel-CD, der inzwischen selbst künstlerisch auf eine erfolgreiche Laufbahn als Solist und als Lehrer auf eine vielversprechende Schülerschaft blicken kann.
Prototyp der Duosonate
Diesen heute als „Sonaten für Violine und obligates Cembalo“ bekannten Stücken hat Bach den Originaltitel Trios pour clavier et violon gegeben, wobei er dem Cembalo keineswegs die Rolle des begleitenden Partners überträgt, sondern dem Clavier gleichzeitig die erste und die dritte Stimme – jene des basso continuo – zuweist. Damit hat er, unter dem Versteckspiel der Triosonate, den völlig neuen Typus der Sonate im Duo zweier gleichberechtigter Instrumente geschaffen, der für die nächsten zwei Jahrhunderte zu einem der Hauptgenres der Kammermusik zu werden bestimmt sein wird.
Anleihen bei der historischen Aufführungspraxis
Vergleicht man Daniel Gaedes Aufnahme mit den hier am Schluss genannten Einspielungen, in denen historisches Instrumentarium verwendet wurde, zeigt sich recht deutlich: Man kann gegenüber dem Horizont der historisch infomierten Aufführungspraxis keinen Achtungserfolg erwerben, wenn man vor einigen rhetorischen Usancen den Hut zieht, im übrigen aber – unterstützt von einer die Violine in den Vordergrund rückenden Aufnahmetechnik – die eigene solistische Primarstellung lustvoll auskostet. Zwei Folgerungen wären zu ziehen: Entweder ist die Paarung eines historischen Cembalos (interessierte Hörer erfahren leider nichts über das in dieser Aufnahme verwendete Instrument) mit der modernen Geige wegen der klanglichen Disparität beider Instrumente unfair, oder die Aufnahmetechnik hätte stärker berücksichtigen müssen, dass Bach hier eine Gleichberechtigung beider Soloinstrumente seines als Duett organisierten Trios im Sinn hatte.
Vergleichseinspielungen: Isabelle Faust (Violine), Kristian Bezuidenhout (Cembalo), HMM 902256- (AD: 2017); Giuliano Carmignola (Violine), Andrea Marcon (Cembalo), Sony S2K 89469 (AD: 2002, vergriffen); François Fernandez (Violine), Benjamin Alard (Cembalo), FLORA1909 (AD: 2010, vergriffen).
Detmar Huchting [30.07.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Sonate Nr. 1 h-Moll BWV 1014 für Violine und Cembalo | 00:11:56 |
5 | Sonate Nr. 2 A-Dur BWV 1015 für Violine und Klavier | 00:11:53 |
9 | Sonate Nr. 3 E-Dur BWV 1016 für Violine und Klavier | 00:14:23 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Sonate Nr. 4 c-Moll BWV 1017 für Violine und Klavier | 00:15:24 |
5 | Sonate Nr. 5 f-Moll BWV 1018 für Violine und Klavier | 00:13:16 |
9 | Sonate Nr. 6 G-Dur BWV 1019 für Violine und Klavier | 00:15:51 |
Interpreten der Einspielung
- Daniel Gaede (Violine)
- Raphael Alpermann (Cembalo)