Christophe Frionnet
Œuvres pour piano – Piano Works
CiAr Classics CC 001
1 CD • 56min • 2004, 2018
22.01.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wenn Komponisten ein Etüdenwerk ausbreiten, geht es um den objektiven Blick auf einzelne Phänomene und um die Präsentation in enzyklopädischer Vollständigkeit. Christophe Frionnet, geboren 1968 in Frankreich, hat sich auf seiner Aufnahme den Phänomenen neuer und manchmal auch neuester Klaviermusik angenommen. Die Titel der kurzen Stücke sagen ohne Umschweife, worum es hier geht. Symmetrisch, langsam, transparent, repetitiv, schnell, blumig, kurz, rhythmisch, spektral oder auch seriell – Christophe Frionnets Stücke brauchen manchmal gerade eine einzige Minute, um ihr Anliegen in nur wenigen Tönen plausibel zu machen. Diese Kompositionsweise wird oft eher vertikal als horizontal gedacht und auf jeden Fall ist immer viel Luft für freien Assoziationsraum. Und was hier alles pianistisch geht, schöpfen die drei Pianisten Martine Vialatte, Jérémie Favreau und der Komponist Christophe Frionnet bestechend konzentriert aus.
Vielschichtige Problemstellungen
Eine kühne, kontrapunktische Mechanik türmt die erste Etüde auf, um sich damit dem Phänomen der Symmetrie zu widmen. Die Eigenschwingung jedes einzelnen Tones wird in der zweiten, einfach nur „langsam“ betitelten Etüde zum Thema. Ein funkelndes Klangspiel erobert den Raum, wenn es „transparent“ zugehen soll. Jedes dieser kleinen, aber hochverdichteten Hörabenteuer offenbart zunehmend mehr über die Prägungen des Christopher Frionnet, der sich von Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis angeregt fühlte, bei Philippe Leroux und Claude Ballif Komposition studierte, später seine Ausbildung am Nationalen Musikkonservatorium bei Paul Méfano, Michaël Lévinas und Jacques Charpentier vervollständigte. Auch die „minimalistischeren” Ansätze eines John Cage oder Steve Reich spiegeln sich in Frionnets Klavierstücken: Faszinierend verdichtet sich eine repetitive Struktur, die an ein zufälliges Auftreten von Glockenschlägen denken lässt. Es ist eben immer wieder die „Laborsituation“ solche kurz gefassten Etüden, die das Anliegen der jeweiligen Komposition ohne Umschweife auf den Punkt bringt.
Starke Kontraste
In der Etude rapide lässt Martine Vialatte zwei gegeneinander gesetzte Spielfiguren straff gegeneinander laufen, so dass man an „übermenschliche“ Abläufe eines Player-Pianos denken könnte. Das große Anliegen der Spektralmusik kommt in einer in sich ruhenden Studie über Ein- und Ausschwingvorgänge der Klaviertöne zum Ausdruck. Jazzige Strukturen werden in der so betitelten Etüde eher als Zitat behandelt und eben nicht zum „Swingen“ gebracht – denn dies würde der Strenge dieses Gesamtunterfangens, wo es ums Verdichten und Herausdestillieren geht, zuwiderlaufen.
Etwas lyrischer, aber immer noch auf starke Kontrastwirkungen und Spannungsverhältnisse abzielend, kommt die Sonate éclair Nr. 3 daher. Einen etwas sanfteren Gestus hat die Barcarolle, die sich und ihren Hörern mal etwas besänftigende Lautmalerei gönnt. Das wiederum gilt auch für die beiden letzten Stücke Sept clins d'œil à la lune rousse, op.57 sowie die Petite étude fantôme, op. 58. All dies fordert zu ästhetischen Erkundungen heraus und die drei Pianisten Martine Vialatte, Jérémie Favreau und der Komponist Christophe Frionnet locken hier so manches verborgene Geheimnis aus den Tasten.
Stefan Pieper [22.01.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Christophe Frionnet | ||
1 | Étude symétrique op. 22 Nr. 1 | 00:03:14 |
2 | Étude lente op. 22 Nr. 2 | 00:03:25 |
3 | Étude transparente op. 22 Nr. 3 | 00:02:21 |
4 | Étude répétitive op. 22 Nr. 4 | 00:05:10 |
5 | Étude rapide op. 22 Nr. 5 | 00:00:59 |
6 | Étude étrange op. 22 Nr. 6 | 00:01:45 |
7 | Étude fleurie op. 22 Nr. 7 | 00:03:13 |
8 | Étude brève op. 22 Nr. 8 | 00:00:39 |
9 | Étude à 4 mains op. 22 Nr. 9 | 00:01:09 |
10 | Étude spectrale op. 22 Nr. 10 | 00:03:50 |
11 | Étude rhythmique op. 22 Nr. 11 | 00:01:43 |
12 | Étude sérielle op. 22 Nr. 12 | 00:01:37 |
13 | Étude de cloches op. 22 Nr. 13 | 00:01:20 |
14 | Étude proliférante op. 22 Nr. 14 | 00:04:01 |
15 | Étude pour la main gauche op. 22 Nr. 15 | 00:01:55 |
16 | Étude simple op. 22 Nr. 16 | 00:01:05 |
17 | Étude mélodique op. 22 Nr. 17 | 00:01:27 |
18 | Étude jazzy op. 22 Nr. 18 | 00:01:54 |
19 | Sonate éclair Nr. 3 op. 42 | 00:04:00 |
20 | Barcarolle op. 46 | 00:05:19 |
21 | Sept clins d'œil à la lune rousse op. 57 | 00:03:56 |
22 | Petite étude fantôme op. 58 | 00:01:45 |
Interpreten der Einspielung
- Martine Vialatte (Klavier)
- Jérémie Favreau (Klavier)