Julius Röntgen
Works for Violin & Piano Vol. 2
cpo 777 769-2
1 CD • 74min • 2012
18.12.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Er war eine schillernde Musikerpersönlichkeit, der deutsch-niederländische Pianist und Komponist Julius Röntgen. 1855 in eine Leipziger Musikerfamilie geboren, wuchs er mit Musik auf und wurde schon früh als besonders begabtes Kind erkannt und gefördert. Als Sohn des Konzertmeisters des schon damals berühmten Gewandhausorchesters durfte er den Direktor des Gewandhausorchesters, Carl Reinecke, seinen ersten Klavierlehrer nennen. Auch seine ersten Kompositionen, die er bereits als Kind fertigstellte, zeugen von den vielfältigen musikalischen Einflüssen von frühester Kindheit an und lassen Robert Schumann, Franz Liszt und Johannes Brahms erkennen. Mit 22 Jahren hatte Röntgen dann eine Entscheidung zu fällen, die sein ganzes weiteres Leben prägen sollte – und seine Bedeutung für die Nachwelt. Wien oder Amsterdam – das war hier die Frage. Röntgen entschied sich für Amsterdam und prägte zunehmend das Musikleben der Stadt entscheidend und bis in die heutige Zeit reichend. So gehörte er mit zu den Gründern des Amsterdamer Konservatoriums und war an den Planungen des Concertgebouws beteiligt.
Von all dem weiß die Nachwelt heute kaum noch etwas, womit Röntgen leider kein Einzelschicksal ist. Das Label cpo hat es sich jedoch zur Aufgabe gemacht, Röntgen und sein Werk wieder in das Bewusstsein der Interessierten zu rücken. Den Werken für Violine und Klavier haben sich Geiger Christoph Schickedanz und Pianist Ernst Breidenbach bereits 2016 in einer ersten Aufnahme gewidmet, nun legen sie die Fortsetzung vor. Diese steht ganz im Zeichen der skandinavischen Einflüsse, die Röntgen über seine erste Frau, die schwedische Geigerin Amanda Maier und seinen Freund, den norwegischen Komponisten Edvard Grieg, erhalten hat. So beginnt die Aufnahme auch mit der Violinsonate F-Dur von 1908, die Röntgen in Erinnerung an seinen im Vorjahr verstorbenen Freund Grieg schrieb. Sie ist weniger geprägt von Trauer denn von Dankbarkeit für die seit 1883 bestehende enge Freundschaft und wurde von Röntgen am Klavier und dem berühmten Geiger Carl Flesch uraufgeführt, aber zunächst nicht publiziert. Gemeinsam mit ihr bildet die Sonate fis-Moll op. 20 den Rahmen für diese Aufnahme. Letztere orientiert sich eher am Vorbild von Johannes Brahms, den er ebenfalls in Amsterdam kennengelernt hatte. 1883 führten Röntgen und seine Frau das Werk bei einem Hauskonzert in Utrecht in Anwesenheit von Clara Schumann auf, die beeindruckt gewesen sein soll. Apropos Röntgens Frau: Sie ist auf dieser CD nicht nur als Muse vorhanden, sondern hat gemeinsam mit ihrem Mann die Schwedischen Weisen und Tänze verfasst. Sie sind gleichsam einfach gestrickt und anspruchsvoll und bilden das Herzstück des folkloristisch geprägten Albums. Ergänzt wird dieses um eines der besten Variationswerke von Röntgen, sein Nordisches Volkslied op. 21.
Auch bei dieser CD erweisen sich Schickedanz und Breidenbach als würdige Botschafter für Röntgens Werk. Technisch gestalten sie die Aufnahme einwandfrei und in bestem Zusammenspiel umgesetzt sowie facettenreich. Jedoch lässt sich bekanntlich über Geschmack streiten und selbst wenn eine zupackende Spielweise für folkloristisch geprägtes Repertoire durchaus passend und schlüssig erscheint, so wirken die Klänge phasenweise oft zu harsch, teils scharf und sogar überschlagend in der Violine. Ähnlich hart erklingt stellenweise auch das Klavier, so dass ein zwar ein Höreindruck entsteht, der sehr engagiert rüberkommt, es mit dem Engagement teils aber unangenehm übertreibt. Hinzu kommt das häufig übertrieben eingesetzte Vibrato von Schickedanz, das den Klang zusätzlich unklar macht, aber nicht zur Weichheit beitragen kann. Die eher trockene Akustik der Aufnahme verstärkt den Eindruck harter Klänge. Eine Aufnahme, die eindeutig auch Geschmackssache ist, aber allemal ein interessanter Beitrag zur Wiederentdeckung der Musik von Julius Röntgen.
Verena Düren [18.12.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Julius Röntgen | ||
1 | Sonate F-Dur für Violine und Klavier | 00:25:20 |
5 | Schwedische Weisen und Tänze | 00:20:20 |
11 | Nordisches Volkslied op. 21 (Variationen) | 00:07:30 |
12 | Sonate fis-Moll op. 20 für Violine und Klavier | 00:20:13 |
Interpreten der Einspielung
- Christoph Schickedanz (Violine)
- Ernst Breidenbach (Klavier)